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Nimm Platz und stirb

Nimm Platz und stirb

Titel: Nimm Platz und stirb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Gruhl
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blieb bei der Wahrheit; aber diese Wahrheit reichte nicht
aus, um dem Herrn Assessor irgendeinen Zusammenhang erkennen zu lassen. Ich war
gekommen, um nach einer Schauspielerin zu fragen. Wir waren zu Lobkowicz
gefahren, um nach ihm zu sehen. Das war alles. Es drückte mich nur die Sorge,
wann Nogees von der Sache Wind kriegen würde. Noch wollte ich meine Geschichte
nicht erzählen, noch nicht.
    Nach einer Stunde war nichts mehr zu
holen, weder von uns noch von dem Toten. Ich erhielt die Erlaubnis, Fräulein Schadewald
nach Hause zu fahren.
    »Halten Sie sich bereit in den nächsten
Tagen! Brauche Sie wahrscheinlich noch!« Er blickte jetzt noch messerschärfer.
»Höchstwahrscheinlich sogar.«
    Ich machte einen Diener.
    »Aber selbstverständlich, Herr
Kommissar. Wird man den Mörder bald finden?«
    »Eher als in Ihren Drehbüchern«, sagte
er über die Schulter.
    Unter den harten Blicken der Polizisten
verließen wir das Haus, in dem Herr Lobkowicz nun nicht mehr wohnte.
    Auch seine Sekretärin war mehr tot als
lebendig. Im Augenblick konnte ich nicht mehr tun, als sie nach Hause zu
bringen. Bevor ich sie verließ, stellte sie mir die gleiche Frage, wie ich sie
dem schnellen Kommissar gestellt hatte.
    »Herr Trubo, glauben Sie, daß man den
Mörder finden wird?«
    »Das wird man«, erwiderte ich.
    Ich wußte es, aber ich konnte es mir
nicht vorstellen wie. Als ich zu Hause ankam, erzählte ich Elsie weder davon
noch von Lobkowicz.
    »Was war los?«
    »Nichts Besonderes. Bin im Kino
gewesen.«
    Sie sah mich an.
    »Du, gehen wir morgen zum Friedhof? Ich
habe frei.«
    »Wir gehen«, sagte ich.
    Ich parkte auf dem Rondell vor dem
Friedhofstor. Niemand außer uns war da. Etwas von der Stille der Gräber lag
über dem Platz, und auch Elsie schloß ihre Tür leiser als gewöhnlich.
    Ein paar kleine Blumenbuden standen
ringsumher hinter dem Bürgersteig. Wir betraten die nächstliegende, und die
Inhaberin begrüßte uns freundlich. Elsie suchte sich einen niedlichen Kranz
aus, mit Mimosen und düsteren Lorbeerblättern, und ich bezahlte ihn. Mein Kranz
lag schon zwei Tage auf dem Grab. Ich mußte wieder an Lobkowicz denken, der nun
auch bald Blumen brauchen würde.
    Ich stemmte die Gitterstäbe des Tores
zurück und überlegte mir, wie oft ich dieses Tor noch aufrecht durchschreiten
würde, ohne die Begleitung von vier Leichenträgern. Möglicherweise nicht mehr
häufig.
    Wir gingen ohne zu sprechen den
Hauptweg hinunter, schon von weitem sah ich eine Gestalt an Stefans Grab: Gaby.
    Sie sah uns an, als wir näher kamen.
Sie nickte uns zu, und wir taten das gleiche. Niemand sagte etwas.
    Elsie betrachtete den frischen Hügel
mit den Kränzen. Gaby bückte sich, ordnete ein paar Blumensträuße und zupfte an
ihnen herum. Elsie legte ihren Mimosenkranz an das obere Ende des Grabes. Dann
zupfte sie auch ein bißchen an den Blumen. Beide weinten leise. Ich stand still
und sah zu.
    Nach einiger Zeit kamen die Mädchen
hoch. Sie stellten sich neben mich. Ihre Taschentücher verschwanden wieder,
eins nach dem anderen. Eine Minute blieben wir so stehen. Dann sagte ich:
    »Wollen wir gehen? Wir können
hintenherum laufen — da haben wir einen kleinen Spaziergang.«
    Ich nahm beide sacht bei den Schultern
und drehte sie vom Grab weg. Langsam gingen wir fort, weiter zwischen den
Gräbern. Gaby sah sich zweimal um, Elsie einmal. Ich blickte geradeaus.
    Gaby schluckte. Dann sagte sie leise:
    »Kirschbaum hat mich angerufen. Sie
wollen weiterdrehen.«
    Ich blieb einen Augenblick stehen, wie
ein alter Mann, der nach der Uhrzeit gefragt wird.
    »Weiterdrehen?«
    »Ja. Karl Trevor soll weitermachen.«
    »Wann?«
    »In acht Tagen.«
    »In acht Tagen, Trevor!« murmelte ich.
»Jetzt wird es doch ein Film für Bielefeld. Der arme Stefan wird sich in seinem
Grab...«
    »Hans!« sagte Elsie.
    Ich verstummte. Unter unseren
Schuhsohlen knirschte der Kies. Die Wege wurden schattiger, weil größere Bäume
dazwischenstanden.
    »Mußt du dann wieder ins Atelier?«
fragte Elsie.
    »Sicher. Der neue Herr wird ein anderes
Drehbuch haben wollen. Sonst macht die Sache doch gar keinen Spaß. Man hat
schließlich eine künstlerische Verantwortung.«
    Die Wege verästelten und verzweigten
sich immer mehr. Wir kamen in den hinteren alten Teil des Friedhofes, in dem
jetzt niemand mehr bestattet wurde. Brüchige, halbhohe Mauern unterteilten die
einzelnen Abteilungen, und an diesen Mauern lagen die vornehmeren Herrschaften.
    »Ruhestätte der Familien

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