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Nimm Platz und stirb

Nimm Platz und stirb

Titel: Nimm Platz und stirb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Gruhl
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war, als der Blumenstrauß nicht mehr in der Vase steckte. Sie glaubte,
Serkoff habe es getan. Vorgestern hat sie den Strauß erkannt, als wir einen
Umweg über die alten Gräber machten.«
    Elsie sah mich an wie einen Geist. Ich
klopfte ihre Hand.
    »Auch diese hat es mitgekriegt, aber
nicht geglaubt. Ich wußte, daß Gaby recht hatte. Andrea Lormer stand auf dem
Grab, der Tag ihres Todes und der ihrer Geburt. Es war der Mädchenname deiner
Mutter. Es war der Name, der mir fehlte, um mehr über die Frau zu erfahren.
Mörder sind oft sentimental, Jühl. Alles, was du verhindern wolltest, haben die
Lupinen an den Tag gebracht, diese kleine, reizende unnötige Aufmerksamkeit.«
    Langsam trank ich mein Bier aus. Es war
nicht gut, hastige Bewegungen zu machen. Ich spürte, wie Elsie neben mir
zitterte, es war Zeit, Schluß zu machen.
    »Fein, daß du mir so lange zugehört
hast«, sagte ich. »Aber ich nehme an, es hat dich auch interessiert. Ich habe
mich gestern aufgemacht und durch das Einwohnermeldeamt gequält, bis ich den
richtigen Mann mit der richtigen Akte beim Wickel hatte. Eine Sauarbeit und
noch dazu der Bürostaub. Scheußlich. Es stimmt alles, Jühl. Es war deine
Mutter, sie hieß Lormer, Künstlername Lacon, zwei Jahre mit Reinold
verheiratet, geschieden, dann den Hahn aufgedreht. Du bist von einem
angeheirateten Onkel adoptiert worden und hast dessen Namen angenommen, Thomas
Jüstel. Oder sollen wir dich noch zu guter Letzt Reinold nennen?«
    Der Jühl antwortete nicht. Er streckte
langsam die Hand aus und nahm das Bild seiner Mutter vom Tisch. Er warf einen
kurzen Blick darauf, steckte es dann ein. Die rechte Hand hielt er länger in
der Brusttasche als nötig. Sie kam wieder heraus mit einem Trommelrevolver.
    Elsie schrie leise und hoch wie ein
Vogel.
    Ich stand auf, ohne Eile. Elsie
klammerte sich an mich, das Gesicht an meiner Jacke.
    »Ich habe die Filmautoren immer für
blöde gehalten«, sagte der Jühl leise. »Schade, daß wir uns so schnell
voneinander verabschieden müssen.«
    »Ich bin auch traurig«, antwortete ich.
»Es ist ein verfluchtes Elend, Jühl. Seit zehn Jahren treibe ich mich zwischen
diesen Angebern und halb irren Affen beim Film rum. Ich will mich nicht besser
machen, als ich bin, ich bin auch einer von ihnen. Aber manchmal trifft man
einen, mit dem man mehr als ein Bier trinken möchte. Und dann ist er der
Mörder. Ist es so?«
    »Es ist so.« Seine Stimme war kalt und
voller Grimm, wie damals, als er die Szene mit Gaby gespielt hatte.
    »Ich habe ihn gehaßt. Ich würde es wieder
tun, wenn er noch lebte. Er war immer nur der große Reinold. Andere Menschen
interessierten ihn einen Dreck. Eine Mutter hat man nur.«
    »Eine Schweinerei wird durch die
nächste auch nicht gutgemacht«, sagte ich. »Und Serkoff und Lobkowicz sind tot.
Sie konnten nichts dafür — und jetzt mußt du auch noch Elsie und mich
abknallen, damit wir nichts weitererzählen.«
    »Es tut mir leid.«
    »Was glaubst du, wie leid uns das erst
tut.«
    Meine Pillen waren immer noch am Werk.
    »Dabei ist es völlig sinnlos. Erstens macht
es einen Haufen Lärm in diesem Bienenstock, und zweitens habe ich die feine
Geschichte, die ich dir eben flüssig vorgetragen hab’, gestern dem Kommissar
Nogees geschrieben. Die Durchschläge sind da in der Schreibtischschublade. Die
Polizei findet dich überall. Todesstrafe gibt’s nicht mehr in unserem
gesitteten Land. Du mußt so und so elendig lange in eine Zelle mit gesiebter
Luft und Blick in den Hof. Natürlich gibt es auch Wege, das zu vermeiden, aber —
uns umzulegen hilft dir nicht weiter.«
    Er sprach nicht.
    Seine Hand mit dem Revolver hing nach
unten. Die Pünktchen glimmten nicht mehr hell.
    »Außerdem haben wir zusammen gesoffen,
und Elsie hat dir zu essen gemacht. Deine Eltern liegen auf dem Friedhof, Jühl.
Wenn es einen Himmel und eine Hölle gibt, sind sie wahrscheinlich getrennt
untergebracht. Willst du mit aller Gewalt wieder bei deinem Vater landen?«
    Der Jühl hob die Hand mit dem Revolver.
Er winkte leicht mit dem Lauf. »Geht weg von dem Schreibtisch.«
    Ich zog Elsie mit mir in die Ecke neben
die Schlafzimmertür. Jetzt half nur noch beten.
    Der Jühl kam langsam an den
Schreibtisch heran. Die schwarze Mündung zeigte auf meinen Magen mit den
Kalbssteaks und den Beruhigungspillen. Elsie drehte sich um. Sie zitterte immer
noch, aber sie hielt die Augen offen und sah den Jühl und den Revolver,
hoffentlich sagte sie jetzt nicht: »Das ist ganz

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