Nimmerklug im Knirpsenland
dieses Gerätes. Ihm war es ja gleichgültig, ob ich so lange warten konnte oder nicht. Der Phonograph ist selbstverständlich ein kompliziertes Gerät, aber wozu soll man eine Sache noch komplizierter machen, als sie ist?“
„Hat er das getan?“ fragte Schraubschnell.
„Allerdings. Er hat nicht nur einen einfachen Phonographen konstruiert, sondern ihn mit einem Staubsauger kombiniert. Sagen Sie mir bitte, was ich mit einem Staubsauger anfangen soll! Darüber vergingen weitere anderthalb Jahre. Na, macht nichts.“ Heilergeist winkte ab. „Jetzt habe ich ihn ja.“
„Man müßte eine Maschine erfinden, die für den Schriftsteller denkt“, meinte Schraubstift.
„Da haben Sie recht.“ Hellergeist seufzte.
Die Freunde blickten aus dem Fenster und sahen, daß die Sonne bereits unterging. Sie baten um den Lötkolben und verabschiedeten sich.
Farbenklecks bei der Arbeit
Während Schraubschnell und Schraubstift nach Drachenstadt gingen, um einen Lötkolben aufzutreiben, war auch in Grünstadt allerhand passiert. Der Tag hatte damit begonnen, daß Farbenklecks Schneeglöckchens Porträt malte. Er brauchte beinahe zwei Stunden dazu, aber dafür sah das Bild auch aus, als lebte es. Die Ähnlichkeit war verblüffend.
Das Porträt wurde in einem Parterrezimmer an die Wand gehängt, damit alle es betrachten konnten. Die Knirpselinen strömten in Scharen herbei. Jede, die das Porträt sah, wollte ebenfalls von Farbenklecks gemalt werden, aber Schneeglöckchen ließ niemanden in das Atelier, weil Farbenklecks gerade Blauäugleins Porträt malte undauf keinen Fall gestört werden durfte.
Nimmerklug hatte oben herumgestanden und Farbenklecks alle möglichen überflüssigen Ratschläge gegeben, um den Eindruck zu erwecken, als verstünde auch er eine ganze Menge von der Malerei. Da hörte er den Lärm im Flur. „Was ist das für ein Krach?“ schrie er und rannte die Treppe hinunter. „Verduften Sie gefälligst!“
Die armen Knirpselinen vergaßen, sogar, sich über diese Grobheit zu empören – so groß war ihr Wunsch, den Künstler zu sehen. Im Gegenteil, sie umringten Nimmerklug, nannten ihn „liebes Nimmerklügchen“ und flehten ihn an, sie nicht fortzujagen.
„Dann stellen Sie sich der Reihe nach auf“, schrie Nimmerklug. Er drängte die Knirpselinen auseinander und drückte sie gegen die Wand. „Sonst werden alle weggejagt.“
„Hu, wie grob Sie sind, Nimmerklug!“ rief Schneeglöckchen. „Ich muß mich ja für Sie schämen.“
„Keine Ursache“, gab Nimmerklug zurück.
Inzwischen hatte sich eine Knirpseline das allgemeine Durcheinander zunutze gemacht und war zur Treppe vorgedrungen, die in den Oberstock führte. Nimmerklug wollte sie am Arm packen. Sie aber blieb stehen, blickte ihn hochmütig an und sagte kühl: „Na, na, man sachte. Ich komme außer der Reihe dranich bin Dichterin.“ Nimmerklug riß vor Verblüffung den Mund auf. Die Dichterio beachtete seine Verwirrung nicht weiter, sondern drehte ihm den Rücken und erstieg gemächlich die Treppe.
„Wer ist das?“
„Eine Dichterin“, sagten die Knirpselinen.
„Aha!“ schnaufte Nimmerklug verächtlich. „Das ist doch nichts Besonderes. Wir haben zu Hause auch einen Dichter – einen Schüler von mir. Ich habe ihm früher einmal beigebracht, Gedichte zu schreiben, jetzt kann er es alleine.“
„Ach, wie interessant. Sie sind also ebenfalls Dichter?“
„Ich war es.“
„Ach, wie begabt Sie sind. Maler waren Sie und nun auch noch Dichter …“
„Und Musiker“, ergänzte Nimmerklug würdevoll. „Sagen Sie uns doch eins Ihrer Gedichte auf.“ „Später, später“, entgegnete Nimmerklug und tat, als hätte er keine Zeit.
„Und wie heißt Ihr Schüler?“
„Blüte heißt er.“
„Oh, wie hübsch!“ Die Knirpselinen klatschten in die Hände. „Unsere Dichterio heißt Diamantenblüte. Wie ähnlich, nicht wahr?“
„Ja, recht ähnlich“, stirtmte Nimmerklug zu. „Und Verse schreibt sie!“ zwitscherten die Knirpselinen. „Gehen Sie nur nach oben, wahrscheinlich wird sie Gedichte rezitieren. Es wäre interessant, Ihre Meinung darüber zu erfahren.“
„Ja, .dann werde ich wohl gehen.“ Nimmerklug nickte den Knirpselinen zu und verschwand. Farbenklecks machte gerade die letzten Pinselstriche an Blauäugleins Porträt. Diamantenblüte saß auf dem Sofa neben Geigenstrich und plauderte mit ihm über Musik. Nimmerklug legte die Hände auf den Rücken, spazierte im Zimmer auf und ab und schielte nach dem Sofa, wo
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