Nimmerklug im Knirpsenland
die Dichterio saß.
„Was pendeln Sie dauernd hier herum?“ sagte Diamantenblüte ärgerlich zu Nimmerklug. „Setzen Sie sich doch bitte, Sie flimmern einem ja vor den Augen.“
„Sie haben hier gar nichts zu befehlen“, gab Nimmerklug grob zurück. „Sonst verbiete ich Farbenklecks, Ihr Porträt zu malen.“
„Ach nein!“ Diamantenblüte wandte sich an Farbenklecks: „Kann er Ihnen wirklich etwas verbieten?“ „Natürlich, er kann alles“, antwortete Farbenklecks; er war in die Arbeit verteift und hatte daher gar nicht gehört, was Nimmerklug sagte.
„Jawohl, das kann ich“, wiederholte Nimmerklug nachdrücklich, „denn ich bin der Anführer.“
Diamantenblüte merkte nun, daß Nimmerklug große Macht über die Knirpse haben mußte, und sie beschloß, ihn für sich zu gewinnen.
„Sagen Sie, bitte – Sie haben den Luftballon erfunden?“
„Wer denn sonst!“
„Ich werde ein Gedicht über Sie verfassen.“
„Das hat mir gerade noch gefehlt“, schnaubte Nimmerklug.
„Sagen Sie das nicht“, säuselte Diamantenblüte.
„Sie wissen doch gar nicht, was für Gedichte ich mache. Dürfte ich Ihnen vielleicht eins aufsagen?“
„Bitte, wenn Sie wollen“, stimmte Nimmerklug gnädig zu.
„Hören Sie nur:
Eine Mücke fing ich mir,
tiri, tiri, tirilir.
Denn ich liebe alle Mücken,
trala – lischka – trala – Iücken.
Doch das Mückchen weinte sehr,
armes Mückenkindchen! Nein, da hol ich lieber her einen kleinen Ameisbär.
Auch der Ameisbär war traurig,
und er weinte – oh, wie schaurig!
Deshalb will ich ihn nicht quälen
und mir jetzt ein Büchlein wählen.
„Bravo, bravissimo!“ rief Farbenklecks und klatschte in die Hände.
„Ausgezeichnete Verse“, pflichtete ihm Geigenstrich bei. „In ihnen wird nicht nur von einer Mücke gesprochen, sondern auch davon, daß man Bücher lesen soll … ein nützliches Gedicht.“
Farbenklecks hatte inzwischen Blauäugleins Porträt beendet. Die Knirpselinen und die Knirpseriebe umringten es und schrien begeistert durcheinander: „Wundervoll! Bezaubernd!“
„Lieber, können Sie mich nicht auch mit einem blauen Kleid malen?“ flehte Diamantenblüte Farbenklecks an.
„Warum denn mit einem blauen, wenn Sie ein grünes tragen?“ meinte Farbenklecks verwundert.
„Ach, Bester, Ihnen kann das doch gleichgültig sein. Ich hätte ja ein blaues Gewand angelegt, wenn ich geahnt hätte, daß Blauäuglein in Blau so vorteilhaft aussieht.“
„Na ja, das geht.“ Farbenklecks nickte.
„Und machen Sie mir bitte himmelblaue Augen.“ „Aber Sie haben doch braune Augen“, widersprach Fabenklecks.
„Oh, Verehrtester, Ihnen macht das doch keine Mühe! Das Kleid ist grün, und Sie malen mir ein blaues. Warum können Sie mir dann nicht statt meiner braunen Augen himmelblaue machen?“ „Das ist ein Unterschied“, erklärte Farbenklecks. „Sie können sich ein blaues Kleid anziehen, wenn Sie das wünschen, aber Ihre Augen werden sich nicht blau färben – und wenn Sie es noch so gern wollen.“
„Ach so. Ja, dann machen Sir mir braune Augen, aber so groß wie möglich.“
„Sie haben doch sehr große Augen.“
„Na, einigermaßen. Ich möchte sie aber gern noch größer haben. Und malen Sie mir recht lange Wimpern.“
„Einverstanden.“
„Und mein Haar müssen Sie goldfarbig machen. Ich besitze beinahe goldenes Haar“, flehte Diamantenblüte.
Farbenklecks war einverstanden.
Er begann die Dichterin zu porträtieren. Immer wieder sprang sie von ihrem Sessel auf, rannte zur Staffelei und rief: „Die Augen noch ein wenig größer. Noch ein wenig! Und geben Sie bei deii Wimpern noch etwas zu. Und den Mund bitte etwas kleiner.“ Schließlich bekam Diamantenblütes Porträt so riesengroße Augen, wie es sie in Wirklichkeit gar nicht gibt, einen Mund, so winzig wie ein Stecknadelkopf, und Haare, die aus purem Golde zu bestehen schienen. Das ganze Bild wies nur noch eine entfernte Ähnlichkeit mit der Dichterin auf.
Schraubschnell und Schraubstift kehren zurück
Das Porträt behutsam festhaltend, stieg Diamantenblüte die Treppe hinab und war im Nu von den Knirpselinen umringt. Alle erklärten, ihr Porträt wäre viel schöner als die Bilder von Schneeglöckchen und Blauäuglein, aber sehr viel weniger ähnlich.
„Ihr seid ja dumm“, gab Diamantenblüte zurück. „Was haltet ihr für wichtiger: die Schönheit oder die Ähnlichkeit?“
„Selbstverständlich die Schönheit“, meinten die Knirpselinen.
Da stürzten
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