Nimmerzwerg
Prophezeite, führt in das Heiligtum der Gemeinschaft. Macht euch bereit, den innersten Geheimnissen der Schaufel zu begegnen.“
Und obwohl sie nicht einmal ahnten, was für Geheimnisse die Schaufel bergen mochte, stiegen die Kameraden die Stufen mit wachsender Ehrfurcht hinauf – abgesehen freilich von Glimmboldt, dem auch dieses Gefühl fremd war. Als die Zwerge schließlich die letzte Stufe erreicht hatten, stellten sich ihnen die Wachen mit entschlossenem Gesichtsausdruck in den Weg. Sie musterten die Gruppe, bis ihre Blicke an Glimmboldts Kinn hängen blieben. Ehrfürchtiges Staunen machte sich auf ihren Gesichtern breit. Sie fingen sich aber sogleich wieder und wandten sich an ihren Vorgesetzten: „Die Schaufel sei mit dir, Zinkk Zweibart.“
„Und mit euch“, entgegnete dieser und bedeutete den Wachen, das Tor zu öffnen. „Dieses Tor, oh Prophezeite“, sagte Zweibart an den Schicksalszwerg gewandt, „ist der Gang in die Zukunft des Ehernen Volkes.“
Auf seinen Wink hin zogen die Wächter an den schaufeiförmigen Torgriffen, und dann teilte sich unter lautem Knarren gravitätisch das Schaufelblatt des Tors.
Vor ihnen tat sich der Blick auf eine riesige Halle auf. Im Schein zuckender Flammen, die auf schmalen Petroleumrinnen an den Wänden tanzten, konnten die Zwerge geritzte Schaufelmuster erkennen, ein wirres Geflecht aus Schaufeln und Stielen, das sich bis unter die Decke der Halle über die Wände erstreckte.
Vor den Wänden befanden sich Reihen von Waffenständern mit funkelnden Schaufeln darin.
Und während die Zwerge einige Stufen ins Innere der Halle hinabstiegen, erkannten sie auf der gegenüberliegenden Seite vier massive Stahltüren, zwischen denen sich das steinerne Abbild einer Schaufel erhob. Ein knappes Dutzend Einbärte hockte unter den strengen Blicken einiger Zweibärte davor, offenbar ins Gebet vertieft. Ihr Murmeln hallte von der Skulptur und den Schaufelbildnissen an den Wänden wider, und die ganze Halle schien erfüllt vom Geist der Schaufel.
All das vermochten die Neuankömmlinge auf den ersten Blick zu erkennen. All das und noch etwas anderes: Etwas, das ihre Aufmerksamkeit noch weit mehr fesselte als alle Schaufeln zusammengenommen: Im Zentrum der Höhle nämlich stand der goldene Altar aus der kryptischen Kammer!
Und daneben, in ein angeregtes Gespräch mit Krangk dem Troll und einem Zwerg mit dreifach geflochtenem Bart versunken, befand sich der Höchste der Hohen, der Totgeglaubteste unter den Totgeglaubten, der, wie die anderen beiden auch, eine Kutte aus flammendem Rot trug.
Als die Gefährten näher kamen, hob er den Blick, und seine Augen funkelten ihnen durch die zerkratzten Augengläser hell entgegen. „Freunde!“, rief er. „Es ist also wahr, auch ihr seid den Töpfen der Trolle entkommen!“
Die Gefährten blieben verwundert stehen.
Der Dreibart machte lächelnd einen Schritt auf sie zu. Er unterschied sich insofern von seinen Mitbrüdern, dass er abgesehen von der Kutte auch noch einen eigentümlichen Helm trug.
„Willkommen, Schicksalszwerg, in der Schaufelhalle. Mein Name ist Meister Dreibart, und ich kann mich eurem Kameraden nur anschließen“, sagte er. „Alles wendet sich zum Guten, und in dieser Schicht noch werden sich die Stollen, welche die schartige Schaufel im Geheimen gegraben hat, als sinnreich erweisen.“
Der Troll, der ebenfalls eine rote Kutte trug, trat an seine Seite.
„Auch mich findet ihr erfreut, euch unversehrt zu sehen.“
Die Gefährten tauschten erstaunte Blicke. Ein Troll, der Zwergisch sprach? War so etwas überhaupt möglich? Oder hatte bereits ein Humpen des merkwürdigen Biers der Entzwergten ihre fünf Sinne verwirrt? Ungläubig deutete Fazzgadt auf den sonderbaren Stinkschädel. „Aber er hat sich doch mit diesem Horrk sogar geschlagen, um den Hohepriester zu bekommen…“
Lächelnd nickte der Troll.
„Fürwahr, dieses unwürdige Schauspiel gereicht stets zur Freude meines Volkes. Wir betreiben es, damit sich das Misstrauen der Trolle in Grenzen hält und keiner von ihnen auf die Idee kommt, dass wir mit den Zwergen unter einem Helm stecken.“
„Aber wie vermag dieser Unhold unsere Sprache zu sprechen?“, fragte Blechboldt immer noch ungläubig.
Bevor der Troll ihm antworten konnte, sagte der Höchste der Hohen in gebieterischem Tonfall: „Krangk ist ein trollischer Gelehrter! Vermutlich der einzige überhaupt.“
Meister Dreibart nickte und trat an die Seite des Trolls. Einem Zwerg hätte er
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