Nimmerzwerg
Volkes.“
„So wie das zweibeinige Gedächtnis des Hohepriesters?“, fragte Blechboldt, der unweigerlich an ihren verstorbenen Gefährten zurückdenken musste.
Zweibart schüttelte den Kopf.
„Nein, anders. Aber dazu später mehr. Ihr seid noch nicht so weit.“
Diese Aussage gab Fazzgadt wieder einmal Grund, empört aufzufahren: „Wir sind noch nicht so weit? Wie alt bist du überhaupt, du Grünbart?“
Ihr Führer aber ließ sich nicht aus der Ruhe bringen.
„Mein Alter ist nicht von Belang, denn jeder von uns ist so alt wie die Gemeinschaft, deren Mitglied er ist. Ihr Wissen und Können ist das unsere.“
„Klar. Natürlich“, sagte Fazzgadt mit einem Nicken. „Verstehe schon. Ihr teilt euch das Alter. Ich würde wirklich gerne mal wissen, was der große Bartfilz euch rauchen lässt.“
„Und was hat es mit euren Bärten auf sich?“, fragte Blechboldt.
„Sie folgen den Regeln unserer Gemeinschaft. Nur ein initiierter Bruder darf sich einen zweiten Zopf in den Bart flechten“, erwiderte Zweibart.
Fazzgadt rückte seine rote Kutte zurecht und schimpfte:
„Pah, sobald ich erst wieder einen Bart habe, flechte ich mir so viele Zöpfe hinein, wie ich will. Das sage ich dir, du Schaufelkasper!“
Zweibart achtete jedoch nicht auf ihn. „Gemeinsam mit den übrigen Zweibärten lehre ich die einbärtigen Schüler unserer Gemeinschaft, die Schaufel im Kampf zu führen…“, sagte er.
„Ha, Schaufel!“, rief Fazzgadt mürrisch. „Du hättest nicht den Staub einer Chance gegen meine Axt, Zwipfelbart!“
„Ich erhalte meine Weisungen direkt von Meister Dreibart“, fuhr Zweibart unbeirrt fort. „Dieser steht den Klosterhöhlen vor und ist dem Willen der Schaufel am nächsten.“
Fazzgadt, der immer noch keine Ruhe geben wollte, pöbelte lautstark weiter: „Dem Willen der Schaufel? Das klingt wie die Launen meines Hammers… Was ist diese Schaufel überhaupt?“
Daraufhin griff Zweibart in den Kragen seiner Kutte und zog eine grob gliedrige Kette hervor, an deren Ende ein schaufeiförmiges kupfernes Amulett baumelte.
„Die Schaufel, Fazzgadt, ist ein Symbol“, sagte er. „Sie vermag dich von allem Schmutz und Unrat zu befreien, der sich in deinem Inneren türmt. Weißt du die Schaufel zu führen, dann weißt du deinen Geist rein zu halten.“
Bevor Fazzgadt jedoch Gelegenheit bekam, sich über die Reinheit seines Geistes Gedanken zu machen, erreichte die kleine Gruppe den Eingang einer Höhle, an deren Stirnseite sich eine grob behauene Treppe aus schimmerndem rotem Stein befand, die von brennenden Flammsteinfackeln an den Wänden flankiert wurde.
Zweibart ließ das Amulett zurück in seine Kutte gleiten und blickte die Gefährten ernst an.
„Früher oder später muss sich jeder Zwerg, der eine Rolle im Schicksal unseres Volkes spielen will, entscheiden, was er sein will… Schaufel oder Stiel. Mehr gibt es nicht auf dieser Welt.“
Fazzgadt blickte ihn verwundert an. Eine solche Frage hatte er sich noch nie gestellt. Und wenn er es recht bedachte, dann wollte er weder das eine noch das andere sein und mit der Schaufel rein gar nichts zu tun haben.
Glimmboldt hätte nach wie vor einen Hammer nicht von einer Axt und beides nicht von einer Schaufel zu unterscheiden vermocht. Und der Ferkelbändiger sah zwar den Sinn in Zweibarts Worten, hätte aber jede Schaufel samt Stiel jederzeit gegen ein Erzferkel eingetauscht. Flammrank schließlich hielt nicht viel von derart einseitigem Glauben. Die Schaufel löste seines Erachtens nicht mehr Probleme als jedes andere Werkzeug. Und jedes Werkzeug war allenfalls so gut wie der Zwerg, der es führte. Außerdem relativierten sich Gedanken wie diese erheblich, wenn besagter Zwerg blind war.
Solcherart in Gedanken über die Mysterien der Schaufel versunken, stiegen die Gefährten gemeinsam die Stufen aus rot schimmerndem Magmagestein empor, in denen sich das Licht der Flammsteinfackeln spiegelte.
Zweibart, der ihnen voranschritt, drehte sich kurz zu ihnen um.
„Jede dieser Stufen steht für eine der siebenunddreißig Kammern, welche die Ganzheit der Schaufel ausmachen. Nur wer sie alle durchschritten hat, darf seinen Bart zu zwei Zöpfen flechten und die Weihen der Schaufel empfangen.“
Am Ende der Treppe erhob sich ein massives stählernes Tor, das die Form eines riesigen Schaufelblattes hatte und von zwei Wachen mit langstieligen Schaufeln flankiert wurde.
Zweibart senkte den Kopf und raunte den Gefährten zu: „Dieses Tor, oh
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