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Nimmerzwerg

Nimmerzwerg

Titel: Nimmerzwerg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian von Aster
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öffnete. Die Gemeinschaft kam näher und umringte in einem Meer aus roten Kutten, das Ähnlichkeit mit dem Magmasee hatte, den Altar.
    Meister Dreibart griff nach einer Schaufel, rammte sie an der Stirnseite des Altars in den Boden und stieg auf das Schaufelblatt, um ins Innere blicken zu können.
    „Dies ist der Sarkophag, in dem derjenige, der nie Zwerg war, den Gebräuchen seiner Heimat entsprechend, seine letzte Ruhestätte gefunden hat. Dies ist der Körper des letzten Propheten, der unserem Volk die Rettung verhieß. Schaut und staunet, denn dies ist der Nimmerzwerg!“
    Die Gefährten drängten sich dichter an den Sarkophag heran, und die Kuttenträger reichten ihnen Schaufeln, damit auch sie sie in den Boden rammen und durch Ersteigen der Schaufelblätter eine bessere Sicht gewinnen konnten. Und schließlich konnten sie alle erkennen, was sich im Inneren des falschen Altars befand.
    Dort lag, abgezehrt und mit dünnen Gliedmaßen, die kaum mehr waren als Haut und Knochen, eine Gestalt, die ihnen auf den ersten Blick wie das Zerrbild eines Zwergs erschien. Sie war mehr als zwei Zwerg groß, und ihre Gliedmaßen waren eigentümlich lang und für Zwergenverhältnisse vollkommen unproportional. Das eingefallene Gesicht des Geschöpfs war bartlos, und selbst die Reste seiner Kleidung schienen nichts Zwergisches an sich zu haben.
    Und während Blechboldt dem blinden General berichtete, was für Seltsamkeiten sich ihren Augen enthüllten, flüsterte Fazzgadt missmutig: „Ich finde es unanständig, sich nicht ordentlich verbrennen zu lassen. Besonders, wenn man so aussieht.“
    „Wie meinst du das?“, fragte Blechboldt.
    „Na, das ist doch wohl klar wie Kieselquarz! Dieser Zwerg war ganz augenscheinlich krank. Schau dir nur mal seine Arme und Beine an. Außerdem ist das viel zu viel Körper für einen Zwerg. Kein Wunder, dass der arme Kerl nicht alt wurde. Bei so einer Krankheit… Wenn das jetzt allerdings ansteckend ist…“
    Fazzgadt erschauerte bei dem Gedanken daran, mehr Zwerg als nötig zu sein.
    Doch Dreibart ließ ihn nicht weitersprechen.
    „Dieses Geschöpf ist nie Zwerg gewesen. Weder krank noch gesund. Denn es ist der Nimmerzwerg, der durch den schrundigen Schacht herabgestiegen ist, um uns den einzigen Weg zu zeigen, der unserem Volk nun, am Ende aller Zeiten, noch Rettung verheißt!“
    Fazzgadt hörte ihm nur mit halbem Ohr zu und betrachtete stattdessen die Kreatur im Inneren des Sarkophags. Um ihren Hals trug sie ein Amulett, auf dem sich einstmals ein Symbol befunden haben musste. Dieses war jedoch entfernt worden. Allerdings befand sich noch ein anderer Gegenstand in dem Sarkophag, der mit ziemlicher Sicherheit Ursprung des Kultes dieser rot gewandeten Sonderlinge war: Die fleischlosen Hände des Nimmerzwergs nämlich umklammerten nichts anderes als eine Schaufel, deren Blatt von Scharten und Rissen übersät war.
    Dreibart beugte sich über den Sarkophag und griff nach dem Amulett. Ebenso, wie es zuvor Grogk Kieselbruch getan hatte, drehte er es vorsichtig herum und nahm aus einer Vertiefung an seiner Rückseite einen langstieligen Schlüssel.
    „Dies ist die Hoffnung“, sagte er feierlich. „Dies ist die Zukunft.“
    „Verdammt mickrig, wenn ihr mich fragt“, ließ sich Fazzgadt vernehmen, der den Schlüssel prüfend musterte. „Vor allem, wenn es Hoffnung und Zukunft sein soll!“
    „Halt den Mund!“, raunte der Ferkelbändiger ihm zu.
    „Dies ist der Schlüssel zu der Tür, die der Schicksalszwerg durchschreiten muss, um seine Bestimmung zu erfüllen…“, fuhr Dreibart fort, ohne auf den Einwurf Fazzgadts zu achten.
    „Hallo?“, rief Fazzgadt und wedelte mit den Armen. „Du abergläubische Quasselquappe, weißt du überhaupt, was du da redest?“
    Er schaute zu Glimmboldt hinüber, der sich inzwischen bis zu seiner dritten Schaufel durchgebissen hatte. Er hatte nicht vor, auch noch den Rest ihres Lebens mit diesem Bestimmungshürdenlauf zu verbringen. „Dieser greise Olmtreiber dort“, sagte er und deutete auf den Hohepriester, „hat sich die Prophezeiung des Schicksalszwergs doch nur deshalb ausgedacht, weil der Verwalter ihn dazu gezwungen hat!“
    Meister Dreibart lächelte milde. „Verstehst du denn nicht, du einfältiger Schippenschwinger? Den Schicksalszwerg hat es nie wirklich gegeben! Er ist eine Laune des Höchsten und des Verwalters! Eine improvisierte Prophezeiung!“
    Der Hohepriester nickte.
    „Ja, und es war Bestimmung, dass die Prophezeiung auf diesem

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