Nimmerzwerg
Erzferkel in einer Welt noch wert, in der nicht mehr geschürft werden durfte? Er ahnte die Antwort bereits, doch mussten sie sie einige Gangbiegungen später auch mit eigenen Augen ansehen. Denn damit sie arbeiten konnten, mussten selbst betrunkene Feiglinge in Ketten bei Kräften gehalten werden. Und ebenso wie die Relikte des Imperiums wurden auch die Gesetze des Reiches in Blutklumps Hochöfen eingeschmolzen. Das alte Gesetz, nach dem jeder Kreatur in den Gängen ein gottzwergegewollter Sinn innewohnte, der Grund dafür, dass sich die Zwerge von alters her nur von Wurzeln, Pilzen und Rinde ernährt hatten, war hinfällig geworden. Jede Kreatur war gut genug, um die Kettensklaven bei Kräften zu halten.
Am Tor der Halle der Helme stieg den Gefährten der Geruch gerösteten Fleisches in die Nase, und dann sahen sie, was aus der Halle selbst geworden war: Zwischen den Ketten und Fackelkörben an der Decke schimmerten Spinnweben. Das mythische eherne Drachenhorn auf dem Plateau der Priester war nur noch halb vorhanden. Den Rest schnitten Zwerge in Ketten gerade mit Funken sprühenden Maschinen in Stücke, die vom nächsten Kettenzug abtransportiert wurden. Kein Feuer brannte in den Ölrinnen. Stattdessen steckten grellweiß leuchtende Blitzbasaltfackeln im Boden der Halle, in deren Schein die Menhire standen und mit finsteren Blicken die vorüberziehenden Kettenzwerge beobachteten, um willkürlich ihre Schlagstöcke auf dem ein oder anderen Rücken zu polieren.
Im Zentrum der Halle aber, zwischen den drei letzten mächtigen Säulen, die die ehrbaren Stämme des Imperiums symbolisierten und irgendwo in der Finsternis hoch über ihnen die Gewölbedecke stützten, waren riesige Feuerstellen eingerichtet worden, über denen sich an Spießen Schieferspringer, Erzferkel und Grottenolme drehten. Darum herum saßen abgerissen wirkende Zwerge, die das Fleisch mit gierigen, trunkenen Blicken betrachteten.
Beim Anblick seiner einstigen Schützlinge, jener Kreaturen, denen er stets näher als den meisten Zwergen gewesen war und die nun zwischen den malmenden Kiefern knechtbärtiger Trunkenbolde verschwanden, füllten sich die Augen Farrnwart Blechboldts mit Tränen.
Die Halle der Helme bot einen wahrhaft schrecklichen Anblick. Das Heiligtum der Zwerge seit Anbeginn der Zeiten, der Ort, wo Recht und Wahrheit gesprochen und die Visionen des Höchsten aller Hohen verkündet worden waren, war entweiht und geschändet worden von denen, die einst ehrfürchtig darin niedergekniet waren.
Die Halle der Helme war ein Ort des Frevels geworden, an dem das Eherne Volk auch noch den Rest all dessen verriet, was ihm einst heilig gewesen war.
Und angesichts der schwelenden Trümmer des höchsten zwergischen Heiligtums verzweifelte nun selbst der Schicksalszwerg.
Was immer bestimmt, was immer prophezeit war – ein Volk zu erretten, das jämmerlich genug war, sich selbst für etwas Fleisch, Bier und vier Bart Kette aufzugeben, war wahrlich keine dankbare Aufgabe…
KAPITEL XIII
IN DEM DIE SCHARTIGE SCHAUFEL DEN KALTEN SCHOSS ERSTÜRMT, EIN EISERNER WALD DEN SCHICKSALSZWERG BEZWINGT UND DER STEIN DER WEISEN SEINEN PLATZ EINNIMMT
Gemeinsam mit Dreibart und einigen Schaufelbrüdern gelangten Nattergriff, Glimmboldt und der blinde General mithilfe eines magischen Transporters durch die Kammer des Werdens an den Rand des kalten Schoßes. Sie befanden sich in einer kleinen, provisorischen Höhle, die lediglich durch eine Wand aus Stein und bläulich funkelndem Eis vom kalten Schoß getrennt wurde. Die Schaufelkerben in der Wand legten Zeugnis davon ab, wie lange die Brüder hier unten bereits am Werk sein mussten. Seit vielen Hundert Jahren schmolz diese Wand unter den Schaufeln der Gemeinschaft dahin, während sich die Entzwergten unermüdlich durch Eis und Stein der verdorrenden Wurzel des Zwergentums genähert hatten. Es war kaum noch ein Bart Wand, der sie von den stählernen Eiern der letzten Nachfahren ihres Volkes trennte, und in der Höhle befanden sich zwei Schaufelbrüder, die durch kleine Bohrlöcher in der Wand das Innere der angrenzenden Höhle überwachten.
Als Glimmboldt, Nattergriff, Flammrank und die anderen vor den Brüdern in der Höhle auftauchten, knieten diese angesichts des frisch geflochtenen Vierbarts nieder. Die schicksalhafte Schicht war gekommen, in der die schartige Schaufel ihre Hand nach den Kindern ihres Volkes ausstrecken würde.
Einer der beiden Brüder trat mit gebeugtem Haupt auf
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