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Nimmerzwerg

Nimmerzwerg

Titel: Nimmerzwerg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian von Aster
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nahm er von einem nahen Schaufelständer einige Lederriemen, schnallte sich das Buch auf den Rücken und nickte Dreibart zu. Gemeinsam eilten sie in die Kammer des Werdens, gefolgt von Bragk Nattergriff und zwei Dutzend zwergischen Kriegermönchen mit geschulterten Schaufeln, um zum kalten Schoß vorzudringen und einige der letzen Nachfahren der Zwerge vor der Knechtschaft unter dem stählernen Arm des Fortschritts zu bewahren.
     

INTERMEZZO
     
     
     
    Unter dem leblosen Blick ihres Herrn und mithilfe ihrer Schlagstöcke trieben die Menhire die Mitglieder des Schicksalszwergs, Zweibart und den Schlüsselmeister mitsamt seinem trollischen Gehilfen durch die Gänge und prügelten dabei ein blaurotes Muster der Unterdrückung auf ihre Rücken.
    Und während sie sich voranschleppten, sahen die Gefangenen, was der Fortschritt Harrm Blutklumps aus dem Imperium gemacht hatte. Das Eherne Volk lag in Ketten und rückte unter den strengen Blicken der bewaffneten Wachen aus, um Rohre an die Stollenwände zu schmieden. Alles, was den Zwergen als persönlicher Besitz geblieben war, war ein Stück Kette von vier Bart Länge, das sie mit ihrem Vordermann verband. Sie trugen keine Helme mehr und schlurften mit verfilzten Haaren oder nackten Schädeln durch die Gänge. Ihre Bärte waren verdreckt, ihre Kleidung zerschlissen und von Flecken übersät. Auf ihrer Brust baumelten ihre schartigen Stammeszeichen.
    Dies waren die jämmerlichen Überreste des Ehernen Volkes, die ihre eigenen Ketten auf Hochglanz polierten und ihre letzte Kraft dazu benutzten, darauf zu achten, dass sie sich bei der Arbeit nicht verhedderten. Der Stolz der Schürfenden war gebrochen und hatte sich in den Gehorsam der Kriechenden verwandelt, die den Worten eines entseelten Herrschers folgten, der sie ihr eigenes Gefängnis schmieden ließ.
    Ängstlich duckten sich die geketteten Zwerge unter den Peitschenhieben der Menhire oder standen mit furchtsamen Blicken am Ausschank des Arbeitsbiers, das Blutklump ausschenken ließ, weil Angst und Trunkenheit eine Mischung bildeten, die zusammen mit einer vier Bart langen Kette die besten Untertanen machte. Das Trinken zwang die Gedanken an eine kurze Kette. Und wenn sich ein unzufriedener betrunkener Feigling in Ketten entschloss, handgreiflich zu werden, dann verprügelte er allenfalls seinen Vordermann. Wenn es ein kräftiger unzufriedener betrunkener Feigling war, womöglich auch noch seinen Hintermann. Aber damit hatte es sich dann auch.
    Mit riesigen Kellen gossen die Menhire das dunkle Bier in wurzelhölzerne Humpen, die die Kettenzwerge, mit dünnen Lederriemen befestigt, neben ihrem Werkzeug an ihren Gürteln trugen. Mit glasigem Blick tranken die Sklaven ihre Humpen aus und wurden dann weitergetrieben. Misstrauisch beäugten die jämmerlichen Reste des Ehernen Imperiums den Schicksalszwerg und die Schaufler, als ob sie ihnen ihr Bier wegtrinken oder ihre vier Bart lange Kette beschmutzen wollten.
    Die Zwerge selbst aber waren nur ein Teil dessen, was der Ehrgeiz Harrm Blutklumps aus den Gängen des Imperiums gemacht hatte. Überall an den Wänden befanden sich Halterungen für zukünftige Rohre. In den einstigen Schankhöhlen standen inzwischen Schmelzöfen, die mit fremdartiger Technologie angetrieben wurden, welche auf die verbotenen Erfindungen Wutrich Pilzgrimms zurückging. Ihre Hitze strahlte bis in die Gänge, während schwitzende Kettenzwerge das flüssige Metall in längliche, halbrunde Formen laufen ließen, die von anderen zu Rohren zusammengeschmiedet wurden.
    Neben den Schmelzöfen türmten sich Äxte und Prunkhämmer, Prachtrüstungen und Helme. Alles Metall, dessen die Menhire hatten habhaft werden können. Die prachtvollen Relikte einer zigtausendjährigen Geschichte – Zeremonienhelme, Ritualäxte, selbst den schwarzen Thron des Verwalters entdeckten die Zwerge auf einem der Haufen. All das wurde in die glühenden Hochöfen geschüttet. Die Zwerge verrieten ihre eigene Geschichte und verfütterten ihre Tradition an den Fortschritt Harrm Blutklumps.
    Mit jedem Gang, den die Kameraden durchschritten, mit jeder Ebene, die sie weiter nach oben stiegen, wurden sie mutloser. Nachdem die Kammer der Hoffnung sich als Sackgasse erwiesen hatte und sie mit ansehen mussten, was aus ihrem Volk geworden war, begannen sogar Zweibart und der Schlüsselmeister allmählich an der Schaufel zu zweifeln.
    Blechboldt hingegen fragte sich, was in dieser Welt aus seinen Tieren geworden sein mochte. Was war ein

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