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Nimmerzwerg

Nimmerzwerg

Titel: Nimmerzwerg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian von Aster
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vereinzelter Talglampen durch die Gänge.
    Seit sie den Trollmarkt hinter sich gelassen hatten, war die Luft weit besser geworden.
    Die blinden Augen des Generals funkelten furchterregend im Widerschein der Lampen. Und während Glimmboldt fröhlich glucksend mit rasselnden Ketten voranhüpfte, flüsterte Fazzgadt dem Ferkelbändiger leise zu: „Warum ausgerechnet wir? Es ist mir ein Rätsel. Dieser Stinkschädel hat offenbar nur uns gewollt. Es ging ihm nicht um irgendwelche Sklaven. Er wollte den Schicksalszwerg. Sogar den abergläubischen alten Schwätzer hätte er fast gekauft. Was hat das zu bedeuten?“
    Der Ferkelbändiger dachte kurz nach und antwortete dann ebenso leise: „Du wirst es vielleicht nicht gern hören, Fazzgadt, aber es könnte womöglich tatsächlich Besti… “
    Bevor er den Satz zu Ende führen und Fazzgadt einmal mehr die Augen verdrehen konnte, wurde neben ihnen eine Trollfaust in den Boden gerammt. Kleine Steine flogen durch den Gang, und die Zwerge blickten in das wütend verzerrte Gesicht eines ihrer übel riechenden Bewacher. Er brüllte sie an, und sein Atem umwehte sie wie eine vage Erinnerung an den Trollmarkt.
    Erst hatten die Magmapiraten sie durch die Gänge geschleift, nun waren es die Trolle. Sie waren vom Amboss in die Esse geraten. Und darüber hinaus waren sie getrennt worden. Womöglich war der Hohepriester – der Zuversichtlichste von ihnen, der Einzige, der nie gezweifelt hatte – längst verdaut. Umringt von den riesigen grauhäutigen Manifestationen der Hässlichkeit, mussten sie sich eingestehen, dass die Hoffnung, dieses Abenteuer lebend oder gar mit mehr Gold als vorher in der Tasche zu überstehen, mit jedem Schlag weniger wurde. Die Hoffnung, mit unversehrtem Bart daraus hervorzugehen, hatte sich ohnehin längst erledigt.
    Fazzgadt und Blechboldt starrten den wütenden Troll einen Moment lang trotzig an. Fazzgadt liebäugelte zwar kurz mit der Möglichkeit eines ehrenvollen Todes, doch dann senkte er den Kopf und wandte sich ab. Blechboldt tat es ihm nach. Sie besaßen nicht mehr die Kraft, sich gegen ihre Bewacher zur Wehr zu setzen, deshalb schwiegen sie und trotteten dem schwerfällig dahinwankenden Horrk hinterher. Insgeheim aber suchte Blechboldt immer noch nach einem Ausweg, während Fazzgadt leise vor sich hin fluchte. Der blinde General hingegen freute sich, zumindest während eines großen Abenteuers ums Leben zu kommen.
    Immer wieder brüllten sich die Trolle um sie herum an – vermutlich einem trollischen Brauchtum entsprechend. Und jedes Mal klang es, als ob sie sich gegenseitig mit dem Tode bedrohten. { * } Dann wieder blickten sich ihre grauhäutigen Bewacher in den kurzen Brüllpausen mit wüsten Blicken nach ihren Gefangenen um, sodass es ihnen kalt den Rücken hinunterlief. Schließlich hatten die meisten von ihnen inzwischen begriffen, wie schnell ein hungriger Troll einen Zwerg von der Kette pflücken konnte.
    Manchmal kamen ihnen im dumpfen Licht der Talglampen andere Trolle entgegen. Die aber hielten stets einen gewissen Abstand zu Horrk und seinem Schlägertrupp, der in dieser Gegend ganz offensichtlich nicht für seine Freundlichkeit bekannt war.
    Die Gruppe war bereits einige Zeit unterwegs und hatte im zitternden Licht der Talglampen die ein oder andere Gangbiegung hinter sich gelassen, als die Trolle schließlich Rast machten. Auf ein Zeichen ihres Anführers hin schleuderten sie die Ketten mitsamt der Zwerge in eine Ecke und begannen sich grunzend zu strecken und einander erneut anzubrüllen.
    In diesem Moment fürchteten die Gefangenen wirklich um ihr bartloses Leben. Denn im Allgemeinen gab es – bei den Zwergen wie bei den Trollen und vermutlich auch bei allen anderen Völkern, die irgendwo im Dunkel der Höhlen lebten – nur zwei Arten von Pausen: Schlafpausen und Essenspausen. Und zu ihrer aller Entsetzen wirkte keiner ihrer trollischen Begleiter wirklich müde…
    Während die Trolle sich in einer Nische in der Stollenwand niederließen, blickten Fazzgadt und Blechboldt einander mit schreckgeweiteten Augen an. Beiden stand eine Frage klar in die elenden bartlosen Gesichter geschrieben: Wen von ihnen würden die Stinkschädel als Erstes fressen?
    Statt sich aber, wie erwartet, einen der Zwerge zu teilen, zerrten die übel riechenden Ungetüme plötzlich etwas aus ihren Gürteltaschen hervor, das auf den ersten Blick wie eine Art Trockenfleisch aussah. Blechboldt hoffte inständig, dass es sich dabei um Schieferspringerfleisch

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