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Nimmerzwerg

Nimmerzwerg

Titel: Nimmerzwerg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian von Aster
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Eindringling von ihm wollte. Wenn er ihn hätte töten wollen, dann hätte er bereits die Gelegenheit dazu gehabt. Stattdessen hatte er sich eine Pfeife gestopft und nahm nun Schwartzbarths Zunderbüchse zur Hand, die vor ihm auf dem Tisch lag. Seine Intuition sagte dem Kapitän jedoch, dass dieser Zwerg nicht bloß deshalb gekommen war, um mit ihm ein ruhiges Pfeifchen zu rauchen…
    Die einfachste Möglichkeit, darüber Gewissheit zu erlangen, war vermutlich, ihn ohne Umschweife zu fragen: „Aber warum bist du dann hier?“
    Der Zwerg drehte geistesabwesend die Zunderbüchse in den Händen und entgegnete mit einem gewinnenden Lächeln, das so gar nicht zu seiner restlichen Erscheinung passen wollte: „Nun, ich dachte mir einfach, du könntest womöglich einen guten Dieb in deiner Mannschaft brauchen.“ Mit diesen Worten schlug Bragk Nattergriff die Zunderbüchse an, entzündete Schwartzbarths Pfeife und begann zu paffen.
    Der Kapitän der Sturmgluth war in der Tat beeindruckt von der Unverfrorenheit, mit der dieser Zwerg unbemerkt an Bord gelangt war, sich Zugang zu seiner Kajüte verschafft hatte und sich nun an seinem besten Tabak verging. Er schien wahrlich aus einem anderen Stein geschlagen als Thorf Glimmspan, der das Versagen gepachtet zu haben schien. Hätte Schwartzbarth dem Einohrigen für jede seiner Verfehlungen irgendein Körperteil abgeschnitten, wäre inzwischen vermutlich kaum noch etwas von ihm übrig. Davon abgesehen würde ein Dieb tatsächlich recht gut auf die Sturmgluth passen.
    Grinsend humpelte Schwartzbarth zum Ornamenttisch hinüber und reichte Nattergriff über das aufgeschlagene Kompendium hinweg seinen Haken: „Willkommen auf der Sturmgluth!“
    Nattergriff erhob sich, nahm einen tiefen Zug von der Pfeife und schüttelte lächelnd den Haken seines Gegenübers.
    Im gleichen Augenblick schlug es laut an die eiserne Tür der Kajüte.
    Der Kapitän der Sturmgluth, der dieses Klopfen nur allzu gut kannte, rief mit einem bösen Lächeln unter dem Bart: „Tritt nur herein, Glimmspan…“
    Rost blätterte von den verzogenen Scharnieren der Kajütentür, als der Einohrige sie aufstieß und in Begleitung zweier Lederkopftuchträger hereinkam. Auf Glimmspans Zeichen hin traten seine beiden Begleiter in die Mitte des Raums und ließen zwei prall gefüllte Säcke von ihren Schultern gleiten. Glimmspan baute sich vor Schwartzbarth auf, die Hände auf die Griffe seiner Äxte gelegt, und setzte ein für seine Verhältnisse gewinnendes Lächeln auf, das im Vergleich mit dem Bragk Nattergriffs jedoch außerordentlich kläglich wirkte.
    „Sechsunddreißig Brocken Blitzbasalt, Käpt’n. Ein guter Erlös für die Sklaven…“, begann Glimmspan.
    „Und wenn du den hier auch noch verkauft hättest, wie es deine Aufgabe war, wäre es vermutlich noch ein wenig mehr gewesen…“, fiel ihm Schwartzbarth mit einer Stimme ins Wort, die so kalt war, dass sie den Magmasee hätte zufrieren lassen können, und deutete mit einem Kopfnicken auf den halb nackten Meisterdieb.
    Glimmspann erschauerte sichtlich. Und auch seinen beiden Begleitern war anzusehen, dass ihnen nicht wohl war. Sie beeilten sich, die Kajüte so schnell wie möglich wieder zu verlassen, während Glimmspan zu stammeln begann: „Ich… ich kann das erklären, Käpt’n. Ich…“
    Finster lächelnd senkte Schwartzbarth den Kopf und begann gemächlich, seinen Haken abzuschrauben.
    „Das musst du nicht, mein guter Glimmspan.“
    Schwartzbarth hängte den Haken in seinen Gürtel, um an seiner statt die rostige Klinge an seinem Armstumpf zu befestigen.
    „Aber Käpt’n, es war nicht meine Schuld!“, jammerte Glimmspan. „Ich schwöre es beim innersten Zahnrad der Sturmgluth! Ich…“
    Mit einer entschiedenen Bewegung ließ Schwartzbarth die Klinge einrasten und trat mit klackendem Eisenbein ganz nahe an den Einohrigen heran.
    Sein Auge blitzte auf, und Glimmspan begann zu zittern. Schweiß lief unter seinem Kopftuch hervor.
    Schwartzbarth hob die Klinge vor Glimmspans Gesicht, und die Ratte auf seiner Schulter gab ein leises Fiepen von sich.
    Glimmspan schluckte.
    „Oh, du musst mir wirklich nichts erzählen“, flüsterte Schwartzbarth. „Es reicht völlig, wenn du den Preis für deine Verfehlungen bezahlst…“
     
     
    Glimmspan schloss die Augen und betete innerlich zu jedem Gott, der ihm in den Sinn kam, dass sein Kapitän ein Einsehen haben mochte und ihm zumindest sein Ohr ließ. Seine ausufernden Rachegedanken hatten einer

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