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Nimmerzwerg

Nimmerzwerg

Titel: Nimmerzwerg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian von Aster
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die ehrbaren Stände der Helmer und der Fackler über dieses Gewölbe gewacht hatten, hatte es hier anders ausgesehen. Sie hatten die Helme poliert, sich um die Fackeln gekümmert und die Halle der Helme vor Staub und Spinnen bewahrt. Inzwischen aber waren sie, wie die meisten anderen Zwerge auch, in die Stollen geschickt worden, um die Goldbilanz zu verbessern. Krugk Trümmerboldt schätzte zwar die Traditionen, wie er seit seiner Machtübernahme stets betont hatte, bestand jedoch darauf, dass seine Untertanen diese nur in ihrer freien Zeit pflegten und dafür kein Steuergold verschwendeten.
    Da sich diese freie Zeit jedoch aufgrund seiner jüngsten Reformen im Vergleich zu früher nahezu halbiert hatte und die Zwerge überdies gehalten waren, sie nicht zuletzt für Schlaf, Nahrungsaufnahme und Zechgelage zu nutzen, kamen die Traditionen in der jüngsten Vergangenheit ein wenig zu kurz.
    Um seinem Bedauern über diese Entwicklung Ausdruck zu verleihen, hatte Harrm Blutklump in der Gestalt Krugk Trümmerboldts in jeder Schicht zwanzig Schweigeschläge angeordnet, während der die Hämmer ruhen und der alten Traditionen gedacht werden sollte. Dem Effizienzgedanken entsprechend, fielen diese Schweigeschläge freilich in die einzige Pause, welche die Zwerge im Verlauf einer Schicht erhielten.
    Dass sich die Unzufriedenheit der Zwerge über die gegenwärtigen Entwicklungen nicht Luft machte, lag einzig daran, dass das Eherne Volk gerade erst einen Umsturz hinter sich hatte, und ein Volk, das sich viele Tausend Jahre an gewisse Dinge gewöhnt hatte, eine bestimmte Zeit brauchte, um sich von umstürzlerischen Veränderungen zu erholen.
    Außerdem war da noch die Tatsache, dass die Mitglieder des Schwarzen Menhirs in ihren furchteinflößenden Rüstungen in den Gängen patrouillierten und inzwischen allesamt mit käferlosen Handkanonen ausgerüstet waren.
    Dem Ehernen Volk stand der Sinn nicht nach einer weiteren Revolution. Zumal ja auch die vage Möglichkeit bestand, dass es danach noch schlimmer wurde. Aus diesem Grund klammerten sich die Zwerge lieber an die Trümmer ihrer Tradition, genossen mit verklärten Blicken ihre Schweigeschläge und seufzten, wenn ihr Herrscher beteuerte, die alten Werte hoch zu schätzen.
    Und nun hatten sie sich alle leise murrend unter den Schlagstöcken der Menhire in der Halle der Helme versammelt. Die alte Herzlichkeit, die einst unter ihnen geherrscht hatte, war verschwunden. Zorn und Furcht lagen in der Luft. Und wenn ein Zwerg den nächsten anstieß, so fand er im nächsten Moment schon dessen Faust in seinem Bart.
    Einst hatten sie an diesem Ort ihren Herrscher noch mit Ehrfurcht erwartet. Doch niemand wusste, was genau mit der Ehre geschehen war. Inzwischen war bloß noch Furcht geblieben.
    Laut ratternd setzten sich die Zahnräder am Fuß des Drachenhorns in Bewegung. Langsam öffnete sich die stählerne Falltür, und inmitten der Menhire kam die Gestalt Krugk Trümmerboldts emporgefahren. Schweigen breitete sich in der Halle aus. Zunächst traten die Menhire vor und bildeten im spärlichen Licht der wenigen Fackeln mit gezückten Handkanonen eine Reihe. Dann erhob sich Krugk Trümmerboldt von seinem Thron und ließ seinen kalten, leblosen Blick über die versammelten Zwerge schweifen. Schließlich sprach durch seinen Mund Harrm Blutklump: „Geliebtes Volk! Schürfer, Hämmerer, Mitzwerge.“
    Er machte eine kurze, bedeutungsschwangere Pause und sah mit leerem Blick in die mürrischen Gesichter seiner Untertanen. „Dies sind finstere Zeiten!“
    Aus den hinteren Reihen der Versammelten erschallte ein leiser Ruf: „Dann stell mehr Lampen auf, du vermaledeiter Geizbart!“
    Die Menhire hoben ihre Waffen und blickten in die Runde, konnten den Aufwiegler jedoch nicht ausmachen.
    Blutklump fuhr fort, als ob er den Einwurf gar nicht gehört hätte: „Ihr kennt die Prophezeiungen, wisst, dass der Hammer des Schicksals über uns schwebt. In Zeiten wie diesen müssen wir alle Opfer bringen. Ihr dürft mir glauben, nichts liegt mir so sehr am Herzstein, wie das Wohl und das Fortbestehen des Ehernen Volkes.“
    Blutklump machte eine weitere Pause. Diesmal sorgten jedoch die erhobenen Waffen der Menhire dafür, dass keiner der Zwerge mehr unverschämt seinen Bart aufriss.
    „Und darum habe ich einen Entschluss getroffen. Um gegen die Wirren des Schicksals und die Kräfte des Verderbens bestehen zu können, muss das Volk der Zwerge zusammenhalten! Zusammenhalt aber ist eine schwierige

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