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Nimmerzwerg

Nimmerzwerg

Titel: Nimmerzwerg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian von Aster
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bis zu den Mitgliedern des Schicksalszwergs vorzudringen, um sie vor den heranwallenden Bärten zu schützen.
    Inzwischen waren nur noch die erhobenen Arme der vier Gefährten über der Menge zu sehen. Glimmboldts Gebiss schnappte im Akkord zu, während Fazzgadt laut und ausgiebig fluchte. Die Kameraden hatten sich bereits damit abgefunden, verloren zu sein und von fanatischen Kopien echter Zwerge zertrampelt und erdrückt zu werden, als über dem Raunen der Menge ein Ton erschallte, der lauter war als alles Staunen, Beißen und Fluchen zusammengenommen. Es war ein tiefer, lang gezogener Ton, ähnlich dem eines antiken zwergischen Kriegshorns aus der Zeit der Spinnenkriege. Sein Echo hallte von den Wänden wider und schien alle anderen Geräusche langsam zu verdrängen.
    Von einem Moment auf den nächsten veränderte sich das Gebaren der Entzwergten: Plötzlich begannen sie, von den vier Kameraden zurückzuweichen. Manche drückten sich an die Wände, andere zogen sich mit gesenkten Bärten wieder in die Gänge zurück, und zwischen ihnen tat sich eine Gasse auf.
    Als die Bewaffneten wieder etwas Bewegungsfreiheit gewonnen hatten, drängten sie sich zu den Mitgliedern des Schicksalszwergs durch und nahmen erneut um sie herum Aufstellung. Der Klang des Horns ebbte langsam ab und verstummte schließlich, um gleich darauf ein weiteres Mal zu erschallen. Dieses Mal noch lauter als zuvor. In der Höhle breitete sich ein ehrfürchtiges Schweigen aus, das einzig vom fremdartigen Ruf des Horns durchbrochen wurde, das stetig näher zu kommen schien. Und dann trat aus einem der Gänge ein Zwerg in die Höhle, der eine riesige, von Rost überzogene eiserne Muschel an seine Lippen hielt und gerade ein weiteres Mal hineinstieß.
    Er trug weder Rüstung noch Helm und war stattdessen in eine weite rote Robe gehüllt, die seinen Körper umfloss. Gehalten wurde sie dabei von einem breiten, roten, gewickelten Stoffgürtel, in dem eine etwa bartlange Schaufel steckte. Merkwürdig war auch der Bart des Neuankömmlings, der von seinem Kinn in zwei streng geflochtenen Zöpfen auf seine Brust fiel, auf der ein einfaches Wappen prangte: ein stilisiertes Schaufelblatt in Schwarz. Fazzgadt und der Ferkelbändiger erkannten es auf den ersten Blick, noch bevor der letzte Ruf des Horns ganz verhallt war: Es hatte die gleiche Form wie das Grübchen am Kinn des stumpfsinnigen Glimmboldt.
    Dem Muschelbläser folgten zwei weitere in Kutten gehüllte Zwerge,deren Bärte jedoch im Gegensatz zu diesem nur zu einem einzelnen Zopf geflochten waren. Kaum dass die drei rot gewandeten Zwerge die Höhle betreten hatten und ihr Anführer schließlich die Eisenmuschel von den Lippen nahm, warfen die Entzwergten sich vor ihnen auf den Boden. Die Einzigen, die dies aufgrund ihrer Unkenntnis des Standes der Wappenträger versäumten, waren die Mitglieder des Schicksalszwergs.
    Hastig griff sich Fazzgadt den Helm eines unweit von ihm knienden Zwergs, um seine Blöße damit zu bedecken, während der Ferkelbändiger den blinden General über das gegenwärtige Geschehen unterrichtete, der in der unbestimmten Gewissheit, dass keiner der anwesenden Zwerge oder Entzwergten ihn auf der Flucht erschlagen würde, leise seufzte.
    In diesem Moment senkte der Zwipfelbart das Muschelhorn und schaute in die Runde. Sein Blick blieb kurz an Glimmboldts Kinn hängen, dann neigte er leicht den Kopf und hob feierlich zu sprechen an: „Schicksalszwerg! Die wahre Zwergenheit heißt dich willkommen in der wirklichen Welt.“
    Blechboldt legte die Stirn in Falten. Was wollte der Zwerg ihnen damit sagen? Diese mittelmäßigen Kopien in ihren schlecht gehämmerten Rüstungen sollten die wahren Zwerge sein? Diese Höhlen am Ende aller Gänge die wirkliche Welt?
    Der Zwipfelbart bemerkte seine Verwunderung, fuhr jedoch unbeirrt fort: „Eure Reise war gewiss schwierig und voller Prüfungen und Entbehrungen.“
    Fazzgadt nickte bestätigend, und auch Blechboldt und Flammrank ließen sich zu einem Nicken hinreißen. Und ob ihre Reise das gewesen war! Darin waren sich die drei jedenfalls mal einig.
    Ihr Gegenüber quittierte ihr Nicken mit einem zufriedenen Lächeln, bevor er weitersprach: „Ihr werdet Gelegenheit erhalten, euch auszuruhen und wieder zu Kräften zu kommen, bevor ihr eure Reise fortsetzt. Zunächst aber wünscht der Bart, euch zu empfangen.“
    In diesem Moment war es mit der Einigkeit allerdings vorbei. Während Fazzgadt sich vor allem an der Idee stieß, irgendetwas

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