Nimue Alban 10 - Der Verrat
heranzulassen. Ich schicke einen Boten voraus. Der soll der Obrigkeit der Stadt unmissverständlich zu verstehen geben, dass einer der größ e ren Marktplätze geräumt wird. Schließlich brauchen wir ja Platz, um ein Nachtlager aufzuschlagen. Und dann sorgen wir für einen Sicherheitsabstand zu den Wagen – von … tja, was? Fünfzehn Schritt? Zwanzig Schritt? «
»Wenn Sie damit einverstanden sind, Pater, wären mir zwanzig Schritt deutlich lieber. «
»Ach, also gut! « Offenkundig verärgert winkte Tahrlsahn ab. »Dann machen Sie eben zwanzig daraus, wenn Sie das für notwendig halten. Und vergessen Sie nicht, was ich vo r hin gesagt habe! Sorgen Sie dafür, dass die Menschen in Bewegung bleiben! Schließlich soll ja jeder eine Gelegenheit haben, die Ketzer auch zu sehen. «
»Selbstverständlich, Pater. Ich versichere Ihnen, dass j e der in ganz Twyngyth weidlich Gelegenheit haben wird, mit eigenen Augen zu sehen, was all jenen bevorsteht, die Mu t ter Kirche verraten! «
.3.
HMS Destiny, und HMS Destroyer,
King’s Harbour, Helen Island,
Altes Königreich Charis
»Hieven einstellen! Hieven einstellen! «, brüllte Hektor A p lyn - Ahrmahk. Augenblicklich kam das Spill zum Stillstand.
Der Kraken – das neueste Modell – hing über dem Deck von HMS Destiny und blitzte in der Sonne. Der Schatten des Geschützes fiel genau auf den jugendlichen Ensign. Aplyn-Ahrmahk stieg über die straff gespannte Trosse hinweg, die vom Flaschenzug an Deck bis z u m Spill reichte. Dann stemmte der Ensign die Hände in die Hüften und blickte zu dem drei Tonnen schweren Geschütz samt Auslösevorric h tung empor, das vom Hanger am Großmast und der Vors e gelrahnock herabhing und über Deck schwebte. Mehrere Sekunden lang stand der Ensign reglos da. Dann schüttelte er den Kopf. Verärgert wandte er sich an den Bootsmaat, der das Manöver beaufsichtigte.
»Lassen Sie das Geschütz wieder auf den Pier herab und die Schlinge anständig anlegen, Selkyr! «, fauchte er und deutete mit dem ausgestreckten Zeigefinger aufwärts.
Der angesprochene Bootsmann war mindestens doppelt so alt wie Aplyn-Ahrmahk. Dennoch folgte sein Blick sofort dem ausgestreckten Finger. Erschrocken verzog der Mann das Gesicht. Das Auge des Taus, das man um den Drehza p fen des Geschützes geschlungen hatte, war verrutscht. De s wegen hatte das schwere Rohr das Gleichgewicht verloren. Heftig zerrte es an der zusätzlichen Sorgleine, die von der Traube des Geschützes bis zum Haken am unteren Block der Talje führte. Es drohte, ganz aus der Schlinge herauszuru t schen.
»Aye, aye, Sir! «, erwiderte der Bootsmann. »Verzeihen Sie, Sir! Weiß gar nicht, wie das passieren konnte! «
»Lassen Sie es einfach in Ordnung bringen! «, wies ihn Aplyn - Ahrmahk in deutlich ruhigerem Tonfall an. Dann grinste er. »Es gefiele dem Captain wohl kaum, wenn das Ding in den Frachtraum runterkracht und den ganzen Schiffsboden durchschlägt. Schließlich hat die Werft das schöne Schiff noch nicht einmal freigegeben! «
»Nein, Sir, das gefiele ihm sicher nicht «, bekräftigte Se l kyr mit Inbrunst.
»Dann bringen Sie ’ s in Ordnung! «, wiederholte Aplyn-Ahrmahk. »Es wird dem Captain genauso wenig gefallen, wenn wir hier nicht rechtzeitig fertig werden! «
»Aye, Sir! « Selkyr bestätigte die Anweisung mit einem knappen Salut und wandte sich dann wieder seinem Arbeit s trupp zu.
Aplyn-Ahrmahk trat einige Schritte zurück und schaute zu, wie die Männer die Spill nun vorsichtig in die andere Richtung drehten, um das Fall zu fieren. Die Männer, die sich um die Schleppseile kümmerten und die Fockbrasse bemannten, schwangen die Rahnock wieder über Bord, und das Geschütz sank langsam wieder auf den Pier hinab, an dem die Destiny vor Anker lag.
Selkyr machte sich sofort daran, die Schlinge neu – und dieses Mal richtig – anzulegen. Dass ihn die Schlamperei beim ersten Anlegen wütend machte, ließ er seinen Arbeit s trupp auch deutlich wissen. Das jedoch tat er mit Augenmaß, wie Aplyn - Ahrmahk befriedigt bemerkte. Ganz offenkundig kam es dem Bootsmaat mehr darauf an, das Problem zu l ö sen und dafür zu sorgen, dass es nie wieder auftrat, als den Schuldigen zu suchen, dem der Fehler unterlaufen war. Ein guter Unteroffizier – und genau das war Ahntahn Selkyr – zog das Abstellen eines Mangels stets der Bestrafung vor. Gerade im Augenblick war das sogar noch wichtiger als sonst. Immerhin hatte die Destiny eine beachtliche Anzahl unerfahrener
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