Nimue Alban 10 - Der Verrat
das geschieht, was auch Corporal Zhud für das Wahrscheinlichste hält. Selbst wenn nicht: ihre Boote haben vor zwei Tagen kehrtgemacht. Die erreichen die Ketzer ohnehin nicht mehr «, erwiderte Tahlyvyr. »Aber ich wäre kaum Colonel geworden, wenn ich nicht beizeiten auf Nummer Sicher gegangen wäre. «
»Also? Was sollen wir tun, Sir? «
»Da jeder, der Blitze sehen oder Donner hören kann, von diesen Schüssen dort draußen weiß, und da alle unsere g u ten, aggressiven, fähigen Jungoffiziere und erfahrenen U n teroffiziere natürlich genau dorthin reiten, wo geschossen wird «, der Colonel lächelte seinen Adjutanten an, »gibt es eigentlich nicht allzu viel, was wir überhaupt tun können. Die einzigen Leute, die wir noch haben – die nicht schon durch die Wäldern preschen und, so steht es zu hoffen, diese Mistkerle jetzt, in diesem Augenblick, gerade einholen, sind Lieutenant Wyllyms und seine Abteilung. «
»Jawohl, Sir «, bestätigte Maigowhyn mit unterdrücktem, aber doch unverkennbarem Mangel an Begeisterung. Tahlyvyr lachte leise in sich hinein.
»Ich weiß, der Hellste ist er nicht gerade – auch wenn ich das eigentlich nicht sagen sollte «, gestand er ein. »Deswegen habe ich ihm ja auch das Kommando über unsere Reserv e truppen und die zusätzlichen Pferde übertragen. Auf diese Weise kommt er nicht in Schwierigkeiten. Aber bedauerl i cherweise ist er damit auch der Einzige, der jetzt nicht im Halbdunkel diesen Schüssen hinterherjagt. «
»Jawohl, Sir. «
Mehrere Sekunden lang betrachtete Tahlyvyr erneut die Karte. Dann seufzte er.
»Zu schade, dass er nicht noch mehr Männer hat! Aber immerhin reden wir hier ja auch über eine ziemlich unwahrscheinliche Möglichkeit. Überbringen Sie ihm einen Befehl von mir, Brahndyn! Er soll die Hälfte seiner Männer bei den frischen Pferden lassen. Die anderen führt er flussabwärts – bis zum Wasserfall. « Der Colonel tippte auf die Karte. »Ich glaube, das ist der erste echte Wasserfall im ganzen Fluss. Wenn die Ketzer also wirklich mit den Booten Zusamme n treffen wollen – die ohnehin nicht kommen werden, dann muss das auf der anderen Seite des Wasserfalls geschehen. Also müssen die Ketzer wohl oder übel auch an diesem Wasserfall vorbeikommen. Sagen Sie Wyllyms, er soll seine Männer unterhalb des Wasserfalls postieren! Und noch e t was, Brahndyn … geben Sie ihm das Gefühl, ich vertraue ihm diese wichtige Aufgabe an, weil ich auf seine Fähigke i ten vertrauen, nicht weil er der Einzige ist, den ich überhaupt schicken kann, ja? «
»Jawohl, Sir. « Maigowhyn musste sich sehr anstrengen, um sich ein Lächeln zu verkneifen. Tadelnd schüttelte der Colonel den Kopf.
»Sie sind ein sehr bösartiger junger Mann, Brahndyn! Mir scheint, Ihnen steht eine glorreiche Zukunft offen. «
»Ich danke Ihnen, Sir. «
»Gern geschehen. « Tahlyvyr wollte den Lieutenant schon mit einer Handbewegung bedeuten, sich in Bewegung zu setzen, doch dann zögerte er. »Oh, und wenn Sie schon d a bei sind, erinnern Sie den Lieutenant doch bitte daran, dass der König und Mutter Kirche den Prinzen und die Prinzessin sehr gern lebendig Wiedersehen würden! Machen Sie ihm bitte unmissverständlich klar, dass er auf keinen Fall schi e ßen soll, solange er nicht ganz genau weiß, worauf er eigen t lich schießt! «
Schon vor langer Zeit war es Nacht geworden. Im Osten schob sich der Mond über den Himmel, als sich Tobys Raimair vorsichtig einen Weg den steilen Hügel hinab zum Flussufer bahnte. Das tosende Rauschen, mit dem die Wa s sermassen über die Kante des Wasserfalls stürzten, hinab in das gut vierzig Fuß tiefer liegende Becken, erschien ihm in der Dunkelheit beinahe widernatürlich laut. Raimair hätte es wirklich vorgezogen, mehr zu hören als nur das Wasser.
Jetzt stell dich doch nicht an wie ein altes Waschweib, Tobys!, schalt er sich selbst. Bislang ist es genau so gela u fen, wie der Seijin das gesagt hat. Also hat es doch keinen Sinn, jetzt eigens nach Arger Ausschau zu halten!
Er verkniff sich ein halb-amüsiertes Schnauben. Dann blickte er sich nach den anderen um, bevor er sein Pferd den felsigen Pfad am Flussufer entlanglenkte. Wenn Seijin Me r lins Beschreibung ebenso zutreffend war wie alles andere, was er ihnen berichtet hatte, dann sollten am Ende dieses gewundenen Pfades Boote auf sie warten.
»Bei Gott! «, platzte Lieutenant Praiskhat Wyllyms heraus. »Bei Gott, der Colonel hatte recht, Pater! «
»Ja, es sieht ganz danach aus,
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