Nimue Alban: Der Kriegermönch: Roman (German Edition)
dem Armageddon-Riff einen ersten Sieg erringen konnten, Mein Lord, ist es uns sicher ebenso schlimm oder gar schlimmer ergangen als Ihnen. Aber wie Sie alle sehen können, gibt es uns immer noch.« Grimmig lächelte Cayleb. »Wie es um unseren neuen Verbündeten steht, macht mir keine Sorgen. Na, rein taktisch gesehen vielleicht.« Er machte eine abwiegelnde Geste. »Aber ansonsten? Nein. Denn die Heilige Schrift lehrt uns, dass das Böse stets seinen eigenen Niedergang vorbereitet. Der Großinquisitor hat diese Stelle wohl überlesen, ich hingegen nicht. Und ich setze uneingeschränktes Vertrauen darauf.«
»Mir geht es ebenso, Euer Majestät. Aber ich rechne dennoch damit, auf dem Weg dorthin ein paar, nun … besorgniserregende Momente durchleben zu müssen.«
»Ist das je im Leben anders gewesen?« Cayleb lachte leise. »Die Heilige Schrift lehrt uns auch, dass Gott jene prüft, die würdig sind, Ihm zu dienen. Gemessen an dem Dienst, den Er von uns verlangt, wäre es geradezu merkwürdig, wenn die Prüfungen, die Er uns auferlegt, nicht besorgniserregend wären. Hin und wieder, zumindest.«
Immer noch lächelnd wandte er sich an Parkair und Maidyn.
»Zweifellos werden Sie in mir in kürzester Zeit genug besorgniserregende Dinge vortragen, um mich für geprüft zu halten und zur Tat schreiten zu wollen, Meine Lords. Also legen wir doch einfach los!«
»Danke, dass Ihr mich empfangt, Euer Majestät.«
»Dafür brauchen Sie mir nicht zu danken, Sir Rayjhis«, erwiderte Cayleb. »Was Sie hier in der Siddarmark geleistet haben, war … außergewöhnlich. Ihre Majestät die Kaiserin und ich sind Ihnen zutiefst dankbar dafür, mit welcher Treue und Aufopferungsbereitschaft Sie Charis gedient haben.«
Der Kaiser saß in einem Lehnsessel, der zumindest eine gewisse Ähnlichkeit mit einem Thron hatte. Hinter ihm stand wie stets Merlin Athrawes. Durch das Fenster hinter dem Lehnsessel fiel die Morgensonne herein. Sonderlich groß war das Arbeitszimmer nicht. In Siddar-Stadt bevorzugte man kleinere Räume mit niedrigeren Decken, weil diese sich im Winter nun einmal besser beheizen ließen. Allerdings war das Zimmer behaglich möbliert, und die deckenhohen Bücherschränke, die die Wände säumten, trugen zu dieser angenehmen Atmosphäre viel bei. Bevor das Zimmer Cayleb zur Verfügung gestellt worden war, hatte Sir Rayjhis Dragoner es genutzt, der charisianische Botschafter vor Ort. Cayleb wusste sehr zu schätzen, dass Dragoner seine Büros für ihn geräumt hatte, so sehr, wie er den Mann an sich schätzte. Doch auf die Besprechung mit ihm hatte sich der Kaiser wahrlich nicht gefreut. Er wusste genau, warum Dragoner das Gespräch erbeten hatte.
Nun lehnte Cayleb sich in den Sessel zurück und betrachtete das abgezehrte, erschöpfte Gesicht und den gehetzten Blick des Mannes, der so lange und so gut in der Siddarmark die Interessen von Charis vertreten hatte. Cayleb hatte Dragoner vor seiner Bestellung zum Botschafter durch König Haarahld nur wenige Male persönlich getroffen. Seitdem war der Mann ungleich mehr gealtert, als das Verstreichen einiger weniger Jahre rechtfertigen könnte. Dragoners dunkles Haar war beinahe schlohweiß, die Haut über den Wangenknochen war straff gespannt und wirkte durchscheinend, als wolle sie reißen. Die Augen waren dunkel und lagen tief in den Höhlen, und die Finger des Mannes zitterten merklich, wann immer er die Hände nicht zu Fäusten verkrampft hatte.
Wir hätten ihn abberufen sollen, unbedingt! , dachte Cayleb reumütig. Es nicht zu tun, war ihm gegenüber nicht fair.
Allerdings hatte es für dieses Versäumnis einen guten Grund gegeben: Niemand besaß so gute Kontakte zu den höchsten Regierungskreisen der Republik wie Sir Rayjhis. Niemand sonst hätte in seine Depeschen derart aufschlussreiche Bemerkungen über aktuelle Entwicklungen einfließen lassen können. Niemand sonst war mit den Gepflogenheiten im politischen Leben der Siddarmark so vertraut wie er. Niemand hätte Charis besser zu vertreten vermocht, trotz Dragoners tief empfundener Vorbehalte, was alle Entwicklungen und Entscheidungen betraf, die mit Glaubensfragen zu tun hatten.
Eben diese, die Vorbehalte und jener innere Konflikt, hatten Sir Rayjhis über Gebühr altern lassen.
»Euer Majestät«, setzte Dragoner an, doch sofort hob Cayleb in einer sehr ruhigen Bewegung die Hand. Augenblicklich verstummte der Botschafter.
»Sir Rayjhis, ich möchte, dass Ihnen eines sehr genau bewusst ist: Niemand vermag
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