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Nimue Alban: Der Kriegermönch: Roman (German Edition)

Nimue Alban: Der Kriegermönch: Roman (German Edition)

Titel: Nimue Alban: Der Kriegermönch: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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besser , dachte sie, aber für mich selbst war die andere Variante auch nicht so schlecht, oder? Ihre Mundwinkel zuckten, und ein liebevoll-wehmütiges Lächeln huschte über ihr Gesicht. Er war schon damals ziemlich dick, der Arme. Aber er hatte etwas so … so Liebenswertes. Wie ein Hundewelpe, der mit großen Augen in die Welt hinausschaut. Ich frage mich, wie oft man ihm gesagt hat, er müsse mich heiraten, um die Dynastie zu legitimieren? Mir jedenfalls hat man oft erklärt, ich müsste es unbedingt tun. Nur so sei sichergestellt, dass jemand vom richtigen Geblüt auf dem Thron sitze. Aber Nahrmahn war so begierig darauf, mir das Leben zu erleichtern – das war ihm wirklich wichtig! Wahrscheinlich glaubte er, eine attraktive junge Frau widme ihm nur Aufmerksamkeit, weil er Fürst war. Wie wenig er sich seiner liebenswerten Seiten da bewusst war! Intelligenz sah er bei sich, aber als Mann sah er sich nicht. Dabei war er wahrhaft Manns genug!
    Eine einzelne Träne rann ihr die Wange hinab, aber nicht weil Ohlyvya noch getrauert hätte. Jetzt nicht mehr. Vielleicht war es eine Träne des Bedauerns darüber, dass ihnen weitere gemeinsame Jahre verwehrt blieben. Doch die Erinnerungen an all die gemeinsame Zeit, die ihnen vergönnt gewesen war, hatte die Trauer aufgewogen. Ohlyvya hoffte darauf, dass Mahrya und Zhan ein ähnliches Glück beschieden sein möge, wie Nahrmahn und sie es hatten genießen dürfen.
    Wenigstens müssen sich die beiden nicht erst noch damit herumschlagen, was genau eigentlich wohin gehört, so wie wir damals , ging es ihr durch den Kopf. Aus ihrem wehmütigen Lächeln wurde ein nachgerade schelmisches Grinsen. Das ist doch auch schon was! Außerdem …
    »Entschuldigen Sie, Ohlyvya«, erklang neben ihr eine vertraute tiefe Stimme. Rasch wandte sich die Prizessinnenwitwe von Emerald ihrem Besucher zu.
    »Merlin!«, rief sie und bekam große Augen vor Überraschung. Diese galt nicht der Tatsache, dass es dem Seijin gelungen war, unbemerkt auf den Balkon zu gelangen, sondern vielmehr seinem Auftauchen an sich. »Mit Euch hatte ich gar nicht gerechnet! Warum habt Ihr Euch nicht über Com gemeldet?«
    »Weil das hier sehr persönlich ist«, erwiderte er und verneigte sich tiefer, als das ansonsten seine Art war: Es wirkte sonderbar förmlich. »Das ist nicht die Sorte Gespräch, die man über Com führt.«
    »Ach?« Sie musterte ihn. »Das klingt ja fast ein wenig bedrohlich, hätte Nahrmahn jetzt wohl gesagt.«
    »Interessant, dass Sie Nahrmahn erwähnen«, erwiderte Merlin, und ein sonderbares Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus. »Er hat mit diesem Besuch sogar eine ganze Menge zu tun.«
    »Ach ja?« Verwirrt runzelte sie die Stirn. Merlin deutete auf die kleine Marmorbank, die auf dem Balkon stand.
    »Warum nehmen Sie nicht Platz? Ich muss Ihnen etwas erzählen.«
    »So war es«, endete Merlin zwanzig Minuten später. »Ich weiß, dass es mir nicht zugestanden hat, eine solche Entscheidung zu treffen, ohne mich zuvor mit ihm abzusprechen – und auch mit Ihnen, Ohlyvya. Aber dafür hat die Zeit einfach nicht mehr gereicht. Ich wusste ohnehin nicht, ob es überhaupt klappen würde, und Ihre Trauer war wahrlich schon groß genug. Ich wollte keine falschen Hoffnungen wecken.«
    Sie starrte ihn an. Ihr Gesicht war kalkweiß, und im Schein der Lampe glitzerten die Spuren, die zahllose Tränen auf ihren Wangen hinterlassen hatten. Nun presste sie die Hand vor die zitternden Lippen, ihr ganzer Körper so angespannt wie eine Bogensehne vor dem Schuss. Sie war so tief erschüttert, wie ihr Weltbild durch Merlins Bericht ins Wanken geraten war.
    »Ich …« Sie stockte und schluckte heftig. »Ich … begreife das einfach nicht«, sagte sie dann heiser. »Er ist tot , Merlin. Ich habe an seinem Grab gestanden!«
    »Tot ist Nimue Alban auch, Ohlyvya«, erwiderte er leise und blickte sie aus endlos tiefen, blauen Augen an.
    »Aber … aber Nimue habe ich nie kennengelernt.« Sie ließ die Hand wieder sinken und brachte kurz ein angespanntes Lächeln zustande. »Vom Kopf her«, sie tippte sich gegen die Stirn, »weiß ich ja, dass der Mann hier vor mir in Wahrheit eine Maschine ist, in der sich die Erinnerungen eines anderen Menschen befinden. Aber das hat für mich mit meiner Wirklichkeit nicht das Geringste zu tun, Merlin. Nimue ist … Ihr seid für mich nicht Nimue. Das ist … das ist etwas anderes.«
    »Wirklich? Oder betrügen Sie sich gerade?«
    »Betrügen? Mich?« Sie blickte ihn an.

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