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Nina, so gefällst Du mir

Nina, so gefällst Du mir

Titel: Nina, so gefällst Du mir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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plötzlich, daß sie eine ungewöhnlich dicke Mandel in den Fingern hatte, und da klopfte ihr das Herz von neuem. Tatsächlich: Es waren zwei Kerne darin!
    „Ach, sehen Sie mal, Herr Wigdahl, ein Vielliebchen!“ Sie reichte ihm einen der Kerne. „Machen Sie mit? Bis wir uns das nächste Mal sehen?“
    „All right“, sagte Gunnar. „Sie gewinnen sicher. Ich vergesse so etwas immer.“
    „Sagen Sie das nicht“, sagte Nina. „Wenn Sie gewinnen, stricke ich Ihnen ein Paar Skihandschuhe. Und wenn ich gewinne, dann…“
    „Werden dann nicht immer Konfekt oder Parfüm gewünscht?“
    „O nein, davon habe ich genug“, log Nina, ohne zu blinzeln. „Nein, dann… lassen Sie mich mal überlegen. O ja,jetzt weiß ich es: Dann nehmen Sie mich mit auf die Autofahrt, von der Ihr Onkel gesprochen hat.“
    Gunnar saß allein im Wagen und sauste auf der nächtlich stillen Straße nach Villa Rosenhöhe zurück. Er hatte einige von den Gästen nach Hause gefahren. Nina war die letzte gewesen. Sie hatte ihm die Hand gegeben, und ihre Augen hatten so sonderbar fragend ausgesehen, ja beinahe flehend.
    Gunnar zuckte die Achseln. Schade, daß sie so albern war. Uff, und dann dieses blöde Vielliebchen! Er mußte es so einrichten, daß er verlor; denn um keinen Preis der Welt wollte er selbstgestrickte Fausthandschuhe vor ihr geschenkt haben. Dann lieber diese Autofahrt! Er würde sie so kurz wie möglich machen.
    Sanssouci in Paris! Und einen Psychopathen als Onkel!
    Gunnar lachte ein wenig, als er den zweiten Gang einlegte und das letzte, steile Stück Straße hinauffuhr.
    Dann dachte er an den englischen Brief, den er Montag an eine holländische Firma schreiben, und an die französische Offerte, die beantwortet werden mußte. Er war vor allem Auslandskorrespondent in der Fabrik seines Onkels. Aber er dachte ohne Freude daran.
    Er machte leise die Garagentür zu und ging in sein Zimmer hinauf. Auf dem Schreibtisch stand das Bild eines Mannes im mittleren Alter mit ruhigen, klugen Augen hinter der Brille.
    Gunnar blieb stehen und betrachtete das Bild, und in seine Augen trat ein Ausdruck von schmerzlicher, hoffnungsloser Sehnsucht.
    Nina schlich auf Zehenspitzen die Treppe hinauf, schloß leise auf und lief so geräuschlos wie möglich in ihr Zimmer. Und auf Zehenspitzen ging sie zum Bücherregal und nahm das Fremdwörterbuch zur Hand.
    P – Paravent – perfide – polichrom – Ps – da war es – Psychopath: gemütskranker Patient.
    Die Röte brannte auf ihren Wangen, und sie schluckte. Sie las weiter, sie schlug zurück, sie suchte…
    Psychiater: Irrenarzt!
    Oh, sie hätte sich noch nachträglich am liebsten die Zunge abgebissen!
    Aber solch ein Schnitzer sollte nicht noch einmal vorkommen!
    Nina schlüpfte aus ihrem Ballstaat und ging ins Bett mit Sehnsucht im Herzen, einem Kloß im Hals, glänzenden roten Wangen und dem Fremdwörterbuch als Bettlektüre.

Guten Tag, Vielliebchen!
     
    „Na, Nina, war’s schön?“
    Die Eltern fragten wie aus einem Munde. Es war Sonntag, sie saßen beim Frühstück. Nina erschien mit kleinen Augen und übernächtig.
    „O ja, ein sehr feiner Ball und so schönes Essen!“
    „Das war sicher etwas anderes als die Tanzereien, die du bis jetzt mitgemacht hast?“
    „Ja, ganz anders!“ Nina setzte sich an den Tisch und schenkte sich ein großes Glas Milch ein.
    „Was hat es denn gegeben?“ Nina erzählte vom Büfett mit all den köstlichen kleinen Gerichten. Sie erzählte von der großen schönen Bowle hinterher und von den leckeren kleinen Butterbroten und der Bouillon in Tassen.
    „Und wie war denn nun der nette Neffe?“
    Nina war sehr damit beschäftigt, sich Marmelade auf eine Scheibe Röstbrot zu streichen. Sie sah nicht auf, als sie antwortete: „Och – er war sehr still. Ich glaube, er ist wahnsinnig klug und irgendwie sehr erwachsen.“
    Sie biß in das Marmeladebrot. Es entstand eine kleine Pause. Die Mutter blickte forschend zu ihr hinüber.
    „Und warst du mit deinem Kleid zufrieden?“ fragte sie. „Hat es auch den anderen gefallen?“
    „Na, und ob! Sie waren übrigens alle riesig schick.“ Wieder Pause. Es war, als ob die Eltern mehr erwartet hätten, aber es kam nichts. Nina antwortete brav und artig auf alles, was sie gefragt wurde, aber wo war die schwärmerische Begeisterung einer Siebzehnjährigen nach dem ersten großen Ball?
    Dafür fing Nina von etwas ganz anderem und ganz Unerwartetem an. „Papa“, sagte sie, „mir ist da etwas eingefallen. Ob es

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