Ninis - Die Wiege der Baeume
jetzt griffen über hundert Drachensegler ihre Wachtürme an.
Im Sturzflug jagten die Piloten auf sie zu und warfen Fallgeschosse ab. Sie hingen dabei nur an einem leichten Holzgestell unter zwei in der Mitte verbundenen dreieckigen Segeltüchern. Die Segler waren so einfach – aber schnell und tödlich.
Er sah bereits das nächste Geschoss auf einen Turm herunterfliegen. Das Eisen schlug krachend durch die Mauern. Er wusste, dass nach dem Einschlag Widerhaken aufsprangen, die mit der Kraft des Windes die Befestigungen in die Tiefe reißen würden. Ein kleines Bremstuch reichte, damit sich ein großes Segel entfaltete und den halben Wehrturm zerstörte. Seine Kameraden fielen schreiend in die Tiefe.
„Schießt sie ab!” Sobald die Piloten den Sturzflug abbremsen mussten, um eine Kehre zu fliegen, boten sie seinen Schützen an den Maschinenarmbrüsten ein Ziel. Die Luftschlacht über Deasu tobte. Rot glühende Pfeile durchbohrten die Piloten oder ließen die Drachensegler als brennende Fackeln abstürzen. Seine Männer behielten bei der ersten Angriffswelle noch die Oberhand. Nur wenige Türme fielen, da die Mauern von Deasu an vielen Stellen glücklicherweise stark genug waren. Noch flatterten viele Segel daher nur herrenlos im Wind.
Er sah, dass sich die Drachensegler der Renelaten in der zweiten Welle auf einen der großen Verteidigungstürme in der Nähe des Hafens konzentrierten. Wie Fahnen zogen schon drei Segel aus der ersten Angriffswelle an den Mauern, ohne dass die Bastion nachgab. Die Eisengeschosse konnten dort bisher nur kleinere Löcher in die dicken Mauern schlagen.
Vier Maschinenarmbrüste seiner Kameraden schossen ohne Pause auf die Angreifer. Zudem wurden die karnischen Soldaten auf dem zentralen Verteidigungsturm durch weiteres Abwehrfeuer kleinerer Turmstellungen flankiert.
Die Renelaten würden nicht locker lassen. Er ärgerte sich, dass er nicht eingreifen konnte. Der Kampf fand außerhalb der Reichweite seiner Waffen statt.
Unzählige Drachensegler ließen ihre Geschosse auf dasselbe Ziel am Hafen fallen. Eine riesige Wand aus Segeltüchern kämpfte mit dem Wind als Verbündeten gegen die Kraft der Steine. Mit einer Böe, die vom Land auf das Meer zog, zerbarst schließlich unter gigantischem Getöse das Mauerwerk und krachte ins Wasser. Er sah, wie viele seiner Waffenbrüder mit großen Stücken des Mauerwerks ins Meer geschleudert wurden. Dieses Mörderpack!
„SIE KOMMEN!”, hörte Levinie den Torwächter den Treppenschacht hinunter rufen. „Die Renelaten sind über der Stadt!”
„Oh, nein.” Levinie konnte die Einschläge von oben hören. Teile des Riffs krachten auf die kristallinen Steinformationen ihrer Grotte. Wasser spritzte mit hohem Druck aus einer kleinen Öffnung, sie sah sich schon jämmerlich ersaufen. Ob die Renelaten wegen ihnen gekommen waren?
Jilien lief vor: „Schnell, wir müssen hier raus. Die Höhle wird einstürzen!”
Yirmesa konnte gerade noch ihre neue weiße Robe anziehen, die Kiris ihr geschneidert hatte. Die beiden stützten Verlia und liefen zu Levinie.
Das Gestein knackte, ein langer Riss bildete sich an der Höhlendecke, während ein weiteres großes Stück des Riffs auf die Höhle krachte. Das Wasser drückte einen Teil des kristallinen Gesteins aus der Wand, das wie ein Geschoss in den Boden einschlug. Levinie sah, wie sich weitere Brocken lösten. Ein Stein traf eine Wächterin am Kopf.
„Sie hat’s erwischt!” Jahanae lief zu ihr zurück und half ihrer Schwester wieder auf die Beine. Kiris und Yirmesa gingen mit Verlia vor. Garia wich Yirmesa keine Fußlänge von den Beinen.
„Niavia, was ist mit dir?” Levinie sah diese Apathie. Unverständlich. „Karlema hilf' ihr!” Sie nickte und half Niavia auf.
Das Wasser stand bereits knietief im Raum und stieg schnell. Sie liefen die Wendeltreppe hoch, als die Höhlendecke dem Druck nicht mehr standhalten konnte und einstürzte. Eine Wasserwoge preschte durch den Raum. Unaufhaltsam stieg das Wasser, sie hätten sich niemals hier verstecken dürfen.
„Yiri, schneller! Kiris, trag Verlia, schnell!”, rief Jahanae verzweifelt. Gemeinsam mit der Wächterin, die sie auf den Schultern trug, lief sie den anderen hinterher.
„Schneller!”, schrie Levinie. Nein! Sie sah, wie das aufsteigende Wasser die beiden erfasste. Jahanae stürzte, sie konnte ihre Schwester nicht mehr halten. Levinie zog Jahanae am Kragen heraus. Die andere Wächterin versank in den Fluten.
„Wir können sie doch
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