Ninis - Die Wiege der Baeume
auf die Knie.”
Kurze Zeit später befanden sie sich am Versammlungsplatz. Siria ließ die neue Anwärterin zur Schattenseherin nicht aus den Augen. Wenn die verdammte schwarze Robe doch bloß nicht das Gesicht der Fremden verdeckten würde! Wer war sie? Würde sie ihr gefährlich werden können?
Amone streckte ihre Arme gegen den blauen Himmel. „Große Eterius! Wir sind heute in deine Gärten gereist, gewähre uns die Gunst deiner Aufmerksamkeit.”
Neben ihr hatten sich Lorias, Hasis und weitere Seherinnen auf einem runden Steinplatz eingefunden. Alle, auch der König, trugen einfache Roben. Siria liebte es, wenn Hasis sich diesen Kohlensack überziehen musste. Bis auf Amone knieten alle und senkten ihr Haupt zu Boden.
„Große Eterius! Wir sind heute in deine Gärten gereist, gewähre uns die Gunst deiner Aufmerksamkeit.” Amone sang förmlich. „Wir bringen dir heute eine neue Dienerin. Gewähre uns dein Feuer und berühre ihren Geist.” Die große Eterius! Was vermochte sie noch zu sehen, wenn sie Heuchlerinnen wie Amone und Lorias ihr Wort auf Ninis verkünden ließ.
Dieses dumme Gerede machte Siria müde, es wurde Zeit, dass etwas passierte. Feriosi zappelte neben ihr ungeduldig herum, sie saß nur zwei Plätze von der Neuen entfernt, die ihre Kapuze immer noch nicht abgelegt hatte. So ein Mist, Siria wollte ihr zumindest in die Augen sehen.
Knistern – der Geruch von Gras, das in der prallen Sonne verdorrte, hing in der Luft. Siria sah, wie Feriosi sich umdrehte. „Ganz ruhig, Kleine. Nichts ist hier, wie es scheint!” Die Neue war genauso nervös wie Feriosi! Keine Sonne, kein Schatten. Siria war hier völlig blind.
Qualmschwaden, Hitze, viele kleine Feuerfunken senkten sich auf die große Steinplatte, bei der sich alle eingefunden hatten. Feriosis Aufschrei ging unter, als eine Feuerwand über sie hinwegrollte. Die Wiese stand in Flammen, aber auf der Steinplatte blieb alles, wie es war. Alle spürten die Wärme, aber der Brandherd wirkte erheblich weiter entfernt als eine dreißig Fuß hohe Feuerwand, die in Griffweite hinter ihnen loderte.
„Eterius, deine Diener liegen vor dir. Gewähre uns die Ehre deiner Gunst!” Früher spürte Siria Eterius’ Flammen im Herzen. Aber gut, vermutlich war sie inzwischen zu alt und über ihren Staub regierten morgen andere.
„Eterius, berühre deine neue Dienerin, weihe sie mit deinem Segen! Auf dass sie dir ewig dienen werde!” Amone stand auf und gab der neuen Schattenseherin ein Zeichen.
„Die Höchsten unseres Ordens sind heute gekommen. Mag jemand einen guten Grund kennen, dass wir sie nicht aufnehmen, so möge er sprechen. Oder für ewig schweigen!” Unzählige Gründe, aber keinen, den Amone verstehen würde. Die alte Hexe! Auch ihr Weg würde bald zu Ende sein.
Amone legte ihre Kapuze in den Nacken. Auch die anderen Teilnehmer offenbarten ihr Gesicht. Der gepanzerte Nacken der Neuen leuchtete tiefschwarz. Eine Lamenis?!
„Werte Karlema. Vereinigt Eure Weisheit mit unserem Glauben. Lasst Euer altes Leben hinter Euch. Ab heute und für ewig seid Ihr eine Schwester des Ordens!” Karlema war eine Lamenis! Das war der Hohn! Die weihten eine Wilde? Wieso musste Siria das erleben? Sie war so nutzlos.
Hasis schaute Karlema an: „Heil der neuen Schattenseherin. Karlema, ich heiße dich in unserer Mitte willkommen. Dank deiner Weisheit konnten wir den Dämon besiegen. Du hast die Stärke, das Unheil in deinem eigenen Volk zu erkennen! Und du hast den Mut, mit deinem niederen Volk zu brechen und dich bekehren zu lassen. Du hast heute den einzig wahren Glauben auf Ninis erfahren. Die Kraft von Eterius durchströmt jetzt deinen Geist. Du lebst, inmitten ihres heiligen Feuers! Sie hat dich als ihr Kind angenommen.” Hasis verbeugte sich glatt vor dieser Dahergelaufenen. Da hatten sich die Richtigen gefunden! Siria konnte das Geschwätz von Hasis nicht mehr hören. Sieg, Stärke und Kraft, das war alles nur leeres Gewäsch. Und Dämonen? Eine Lamenis hatte geholfen, in Deasu einen Dämon zu besiegen? Feriosi hatte doch auch so eine wirre Geschichte erzählt. Was war da passiert?
Lorias verbeugte sich: „Werte Karlema, obwohl ich selbst eine Schattenseherin bin, verneige ich mich vor Eurer Weisheit und Klarsicht. Bitte lasst mich Eure Schülerin werden, damit ich Euer Erbe fortführen kann.”
„Werter Orden, werter König! Es ist mir eine Ehre, in Eurer Mitte zu stehen. Ja, Lorias. Es war mein Wissen, aber es war auch Euer Mut, mit dem
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