Ninis - Die Wiege der Baeume
legten ihr allerdings keinen Knebel an. Sie zog das Schwert aus der Scheide eines Soldaten, der auf seine Entwaffnung nicht reagierte. Wortlos hielt sie das Kurzschwert auf Brusthöhe zwischen sich und den Gardisten, den Knauf auf ihrer und die Klinge auf seiner Seite.
„Liebst du mich?”, hauchte sie ihm entgegen.
„Ja, ja … bitte!”
„Küss mich!” Sie umspielte mit der Zunge ihren Mund. Der Soldat versuchte ihre Lippen zu berühren und seine Hände griffen nach ihren Armen. Er zog sich an ihr heran und trieb dabei die Klinge durch seinen Leib. Es knirschte, als das Schwert seine Rippen durchdrang. Blut quoll aus seinem Mund. Mit letzter Kraft küsste er Feriosi, die ihm sein verbleibendes Leben aus dem Körper saugte. Leblos sackte sein Körper auf den Boden. Mit dem Handrücken wischte sie sich sein Blut ab, die drei anderen Wachen reagierten nicht auf den Tod ihres Kameraden.
Jetzt hatte Siria ein weiteres Problem am Hals, Feriosi hatte die Wachen in der Hand.
„Packt sie!”, befahl Feriosi. „Und du rennst nach oben und küsst jede Seherin die du findest! Erweckt unsere Heerscharen und schleift ihre Feste!”
Siria wurde jetzt einiges über Feriosi und die Mal'Jaral klar, die kleine Schlampe hinterging sie schon seit einer Ewigkeit.
Ein Gardist ergriff von hinten die Arme von Amun'ral und zog sie an seine Brust. Die Kleine reagierte aber schnell, sie legte ihren Kopf seitlich in den Nacken und biss sich in seiner Wange fest, während sie ihm mit ihrem gestreckten Bein ins Gesicht trat. Seine Nase platzte wie eine reife Frucht, schreiend versuchte er sich das Blut aus den Augen zu wischen.
„Ich will dich nicht töten, hör auf!”, brüllte Amun’ral. Siria sah, wie der Trottel nun mit einem Schwert blind durch die Luft schlug. Amun'ral drehte sich unter den Schlägen weg, griff sich vom Lesepult ein armlanges Buch mit goldenen Lettern und schlug ihn damit nieder. „Schwere Kost, mein Lieber!”
Feriosi nutzte den Kampf, um zu flüchten. Siria konnte sie nicht mehr aufhalten, ein Soldat baute sich vor ihr auf und zog ebenfalls seine Waffe. „Junger Mann, du wirst es doch nicht wagen, eine Schattenseherin deines Ordens anzugreifen”, versuchte sie ihren Angreifer einzuschüchtern. Vergeblich, der Soldat ging mit starrer Miene auf sie zu. Das hohe Buch der Mal'Jaral lag nach wie vor offen auf dem Boden. Über dem weißen Pergament drehten sich weiterhin zwei kleine Glaskugeln im Kreis. Eterius, und Halion schwiegen.
„Siria!”, rief Amun'ral. Die Klinge surrte durch die Luft, Siria bewegte sich nur geringfügig nach hinten, hob ihren Stab und lenkte den Hieb in eine hölzerne Seitenplanke des Bücherregals. Eine graue Strähne ihrer schütteren Haare fiel auf den Boden. Mistkerl! Nicht ihre Haare. Sie hatte nicht mehr viele davon!
„Keine Sorge, mein Kleine! Das ist nicht das erste Schwert, dessen Lied ich höre! Ich mag grobe Männer, nur, der hier ist zu jung für mich!”
Bevor der Krieger sein Schwert lösen konnte, schlug sie ihm den Wurzelstab zwischen die Beine. Mit einem Stöhnen sackte er auf die Knie und hielt sich sein Gemächt. Die Klinge federte noch im Holz. Eine Erschütterung durchfuhr die steinerne Kammer und zahlreiche Bücher fielen aus den Reihen.
„Was machen wir mit dem Buch?”
Siria drehte sich und schlug dem Gardisten den Knauf ihres Stabes gegen die Schläfe. „Wir klappen es jedenfalls nicht zu!”
Kinderhände klatschten Beifall: „Mein Respekt, ich dachte schon, dass dieser Schmachtlappen dich in Stücke schlägt. Yirmesa bringt ihre Opfer aber eleganter zur Strecke: Garmen, dem sie kurz vor seinem Tod noch ungeahnte Sinnesfreuden schenkte! Oder Niavia? Ich hatte wahrlich kein Bild davon, wie viele Eisenpfeile ein Frauenkörper schlucken kann. Soll ich euch noch etwas über Garia und Manoos erzählen?”
„Du Monster! Was hat dich nur so böse gemacht! Die Zeit, der Neid oder nur deine Geltungssucht?”
„Langsam, Kleine, langsam! Er will dich provozieren! Wir werden uns von ihm nicht zu unbedachten Handlungen verleiten lassen.”
Siria fing die aufgebrachte Amun'ral ab und drehte sie von dem Buch weg. Sie selbst hatte schon genug Fehler für zwei Leben begangen! Das Buch musste für alle Zeiten verschwinden.
„Die Zeiten, in denen eure Handlungen etwas bewirken konnten, sind vorbei. Es ist ohne Belang, was ihr tut. Bleibt hier, geht an die frische Luft oder trinkt eine Tasse heißen Kräutersud. Ich bin gleich frei! Und ich werde mir holen,
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