Ninis - Die Wiege der Baeume
Wächterin vor der Tür sicherlich ihr Eindringen bemerken.
Die dicken Pergamente waren meist mit Lederriemen zu Rollen gebunden. Yirmesa nahm eine beliebige Rolle und überflog sie im spärlichen Licht. Sie las viele Heldensagen, Testamente, Kräuterrezepte, Rituale … nur das, wonach sie suchte, fand sie nicht.
Ihre Zeit wurde knapp! Wo waren nur die Schriftrollen, die sie suchte? Sie musste unbedingt noch im Schutze der Nacht aus Menisis verschwinden. Sie las etwas über die Zeit, als Levinie noch die Wächterinnen führte. Einige von den verstaubten Rollen beschrieben bizarre Blutrituale, sie sah ein Bild von einer Frau mit einem dicken Bauch. Ein wahrlich seltsames Bild! Ob das Kräuterrezept gegen Bauchschmerzen war?
Sie suchte weiter. Im Gedanken sah sie schon die Sonne aufgehen. Stimmen. Es war immer noch dunkel, aber sie hörte Levinie. Ihre Nana sprach mit einer Wächterin, sie suchte nach ihr. Sie war hörbar in Sorge.
„Mist! Die werden auch Garmen suchen und bestimmt nicht lange brauchen, um den Kampfplatz zu finden.”
Immer wieder nahm sie eine Rolle und suchte den Namen ihrer Mutter. Doch sie fand nichts, was mit ihrem Tod in Verbindung stand. Immer schneller öffnete sie die Schriften, las ein paar Worte und warf die Rollen achtlos auf den Boden. Mittlerweile thronte sie über einem Berg von Papier.
„Ich muss nur die richtige Rolle finden.” In der Ferne ertönten die Stimmen erneut, sie erschrak, die entsetzten Schreie von Levinie hallten in ihren Ohren. Schneller. Rastlos verrann ihre Zeit.
„Die haben bestimmt Garmen gefunden! Nana, such nicht weiter, du willst mich nicht finden! Du willst bestimmt nicht wissen, was ich getan habe!”
Ihre Großmutter war außer sich, sie tobte, es dauerte nicht lange, bis ganz Menisis hörbar auf den Beinen war. Yirmesa hörte auch die Stimme von Niavia, sie teilte Suchtrupps ein. Die Wächterinnen sammelten sich, sie kannte das dumpfe Schlagen der Waffen nur zu gut.
Yirmesa spürte Panik in sich aufsteigen, der Feuervogel in ihr flog im Sturzflug in eine bodenlose Schlucht. Selbst wenn sie mit Glück die richtige Schriftrolle finden würde, käme sie nachher nicht an den vielen Wächterinnen vorbei. Wie sollte sie nur flüchten?
Abermals warf sie die Leiter an die Regale. Unter ihr bildete sich bereits ein Meer aus Papier, dessen Wogen ihr erbarmungslos entgegen schlugen. Wolfsgeheul zerriss ihre Gedanken, die Schwarzwölfe hatten ihre Witterung aufgenommen. Wenn sie die Blutfährte von Garmen hatten, fänden die sie schnell. Zu schnell, sie hatte keine Zeit mehr.
„Die werden mich kriegen!” Schwermut legte sich auf ihren Willen, die Wölfe klangen bereits nah. Sie warf die letzte Schriftrolle resigniert in die Ecke. Tränen liefen ihre Wangen hinab, während sie auf den Boden sank. Der Feuervogel lag leblos neben ihr. Sie hätte aus Schmach ihr Augenlicht gegeben, um nicht ihrer Nana in die Augen schauen zu müssen. Für ihre Tat fand sie keine Entschuldigung. Alles drehte sich, sie würde seit Urzeiten die erste Lamenis sein, die sich für einen Mord verantworten musste. Die anderen würden sie an den Schandpfahl binden, jeder würde sie ansehen und mit Missachtung strafen.
Schritte kamen näher, sie konnte die Stimmen von Levinie und Niavia deutlich erkennen. Sie klopften vehement an die schwere Holztür, welche Yirmesa verriegelt hatte. Ihr Herz raste. Einen Moment später krachte das Holz und Splitter flogen durch den Raum.
Levinie stürmte in das Archiv, sie trug den Kriegspanzer der Wächterinnen. Ein Lederhelm bedeckte das Gesicht und ließ nur einen schmalen Sichtspalt frei. Sie hielt ihren Stab kampfbereit in den Händen. Die Stimme ihrer Nana nahm Yirmesa nur noch im Taumel wahr: Die Schande schnitt ihr die Luft ab, sie fiel in Ohnmacht.
„Ich habe sie gefunden! Sie lebt!”, rief Levinie denen zu, die noch vor der Tür warteten. Eine große Last fiel von ihrem Herzen, ihre Kleine lebte.
„Senkt die Waffen … hier ist sonst niemand! Wir sind sicher.” Sie sah ihre Yiri auf dem Boden sitzen, die Kleine sah fürchterlich aus. Die Haare waren zerzaust und das Gesicht blutverschmiert.
„Yiri, was ist nur mit dir passiert?” Was war in dieser Nacht nur vorgefallen? Wer hatte Garmen angegriffen? Warum kam Yiri nicht zu ihr? Es schmerzte sie, dass sie ihr Vertrauen verloren hatte. Aber ihre Kleine lebte und nur das zählte.
Am nächsten Morgen erwachte Yirmesa. Die Sonne wärmte mild und die Geräusche bezeugten das
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