Ninragon – Band 1: Die standhafte Feste (German Edition)
Schwarze begonnen hatte, ihm die Geschichte seines Lebens zu erzählen. Darachel hatte in dieser Zeit geflissentlich wieder begonnen, an den gemeinschaftlichen Aktivitäten in Zusammenhang mit ihrer Aszension teilzunehmen, halbherzig nur, egal wie sehr er sich dabei auch gewünscht hatte, er könne ganz darin aufgehen, könnte die Taubheit in ihm überwinden. Er hatte sich mit seiner Enthravan-Mentorin getroffen. Er war auch zuweilen Bogenfall des Lichts begegnet.
Und er hatte weiterhin die Forschungen mit den Gefährten ihrer Plateau-Expedition verfolgt.
Ihre Gruppe war angewachsen. Genau wie ihre Kenntnisse. Ironischerweise waren es gerade die Einblicke darin, welche Grenzen ihnen bei der Ausübung der Fertigkeiten, die sie erforschten, gesetzt waren. Gemeinsam mit Nadragír, der zum Verständnis des Neulands, in das sie sich vorwagten, seine Einblicke in die Gesetzmäßigkeiten physischer Abläufe beisteuerte, studierten sie die Art der Nebeneffekte, die jede ihrer Manipulationen zeitigte. Von Nadragír waren die wichtigsten Hinweise gekommen, wie man sie kontrollieren konnte. Es stellte sich heraus, das eine einzige erwünschte Manipulation einen ganzen Komplex mit ihr verknüpfter weiterer Manipulationen erforderte, die allein das Ziel hatten, die Nebeneffekte in sich verzweigende kleinere aufzuspalten und so als unschädliche, kaum merkliche Phänomene in das die materielle Welt konstituierende Netz abzuleiten. Bei ihrem jetzigen Kenntnisstand forderte ihnen jede noch so kleine Manipulation einen großen Aufwand ab, wollten sie damit keinen unbeabsichtigten Schaden am Gewebe der Welt anrichten. Es galt also, immer zwischen Aufwand und beabsichtigter Wirkung abzuwägen, und somit blieb der praktische Nutzgewinn einer solchen Manipulation oft recht fraglich.
Außerdem hatten sie feststellen müssen, dass die Effekte, die Siganche an jenem Tag ihrer ersten Erfolge manifestiert hatte, ungleich spektakulärer waren, als alles, was sie mit ihren weiteren Versuchen zustande bringen konnten. Längst nicht jeder ihrer Gruppe brachte überhaupt irgendetwas zustande. Es schien sich abzuzeichnen, dass man für die praktische Anwendung dessen, was sie erforschten, wahrscheinlich ein spezielles und vielleicht seltenes Talent benötigte. Siganche hatte es, Darachel hatte es auch. Ob man Mangel an Talent durch Übung und harte Arbeit kompensieren konnte oder ob man unveränderlich entweder in die eine oder andere Kategorie fiel, würde erst die Zeit erweisen. Siganches erste Erfolge waren jedenfalls besonders begünstigt gewesen durch die Aufladung an Energien, die sich durch ihre Konzentration während ihrer regelmäßigen vorhergehenden Bemühungen in diesem Raum angesammelt hatten.
Dennoch, Darachel hatte bei ihrem Kampf gegen den Kunaimra aus einem Moment der Not heraus, ein äußerst wirkungsvolles Phänomen zustande gebracht. Sie mussten eben weiterforschen und sich schulen.
Bei ihrem Kampf gegen den Kunaimra hatte er aber auch deutlich erkannt, dass sie nicht länger die Ninraé ihrer glorreichen Vergangenheit waren. War es das, was ihn in seinem Inneren antrieb, was ihn in ihren Forschungen anspornte? Dem Bild jener Ninraé, die einmal einen wichtiger Faktor in den Geschicken dieser Welt dargestellt hatten, erneut greifbare Gestalt zu verleihen. Doch was hatte das, mit der Aszension als ihrem unmittelbar bevorstehenden Schicksal, denn überhaupt noch für einen Sinn?
Vielleicht war es auch einfach nur das Erbe seiner Mutter – so wie es der Enthravan Cenn-Vekanen behauptete –, welches bewirkte, dass ihn die Dinge der Welt dort draußen mehr interessierten als sie es eigentlich sollten.
Sie suchten in ihren Experimenten Einfluss auf das Gewebe der materiellen Welt zu gewinnen. Doch die materielle Welt war nun das Wirkungsfeld der Adamainraé, der Neuen Menschen. Zu einer Zeit, in der ihre ganze Rasse im Begriff stand, es ihnen gänzlich und endgültig zu überlassen, war ihre kleine Gruppe gerade dabei, in die Domäne der Adamainraé einzudringen, so wie er und sein Vater damals auf ihrer Reise.
Von nahem hatte der Stumpf des frisch gefällten Baumes ausgesehen wie ein verkleinertes Abbild ihrer Feste in der Klippe des Grabenbruchs, damals auf ihrer Reise, aber aus der Entfernung war er ihm erschienen wie eine offene Wunde vor einer Wand von Tannendunkel.
Die Erinnerung, der Vergleich mit dem Ausblick vor ihm, ließ auch dessen Dimensionen für einen Augenblick vor seinen Augen verschwimmen und
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