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Ninragon – Band 1: Die standhafte Feste (German Edition)

Ninragon – Band 1: Die standhafte Feste (German Edition)

Titel: Ninragon – Band 1: Die standhafte Feste (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horus W. Odenthal
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irgendwie räumlich zuzuordnen.
    Am Rande seines Blickfeldes nahm Auric wahr, wie der Senphora sich plötzlich aufrichtete, steif die Unterarme von der Steinplatte hob und wie verwirrt einen Moment in dieser Stellung verharrte, bevor er zu einer der drei rundum in die Fassung der Platte eingelassenen Miniaturpfeiler ging. Sie ragten aus ihrem Sockel wie dort hineingetriebene Keile, da sie, genau wie die Pfeiler der Eingangskammer, als auf den Kopf gestellte Obelisken geformt waren. Als Auric sie sich genauer ansah, erkannte er, dass der Mittelteil aus einer Skulptur bestand, mit einer Grundform von ebenfalls quadratischem Querschnitt. Sie hatte ornamental abstrakten Charakter, wobei die herausgearbeiteten Formen immer nur ein haarbreit davon entfernt schienen, wesenhaft organische Züge anzunehmen und irgendeine bizarr geometrische Phantasiekreatur darzustellen. Doch machten alle Deutungen in dieser Richtung keinen Sinn, denn die Körperteile, die man erahnen konnte saßen an unsinnigen Stellen und noch dazu in falscher Anzahl. Gekrönt wurden diese Pflöcke jeweils von einer Kugel, glatt und nach all der Zeit noch wie poliert wirkend, aus einem quarz- oder edelsteinähnlichen Material, das Auric unbekannt war. Im Rest dieser Pflöcke waren unterschiedliche Materialen – seltsam blau und rot schimmernde Metalle, Stein unterschiedlicher Beschaffenheit und Farbe – innigst und komplex miteinander verwoben, ein in den Raum geklapptes labyrinthischen Ornament. Wie bei einem Knoten tauchten die Materialstränge zur Oberfläche und waren dann in ihren Formen und Verläufen verfolgbar, doch blieb die Gesamtheit ihrer anscheinend tief in den Kern hinein gehenden Verzahnung unsichtbar. Auric war es ein Rätsel, wie Handwerker es bewerkstelligt haben mochten, einen derart komplizierten Verbund so unterschiedlicher Materialen herzustellen, der in seinen Formen an eine Fortführung der Schriftzeichen auf der Platte ins Dreidimensionale denken ließ.
    „Hier“, rief der Senphora heftiger. „Das sind Zusammenhänge, die ich erkennen kann.“
    Er zeigte auf eine Inschrift der Kugelfassung. „Das da müsste ‚Kerker‘ heißen, ‚Gefangenschaft‘ oder auch ‚Knechtschaft‘. Das daneben ist die Zeichenfolge für ‚Siegel‘. Und das dort …“ Er trat einen Schritt zur Seite und zeigte mit einer für ihn bisher untypischen Aufregung auf eine Zeichenfolge auf der Hauptfassung der Steinplatte. „Diese Verbindung von Graphemen müsste für das Wort ‚Silchaure‘ stehen …“
    Das war der Moment, in dem die Schreie und Kampfgeräusche aus den angrenzenden Räumen losbrachen.

    „Silchaure?“ Darachel merkte plötzlich während Aurics Erzählung auf. „Das ist der Kinphauren-Begriff für die Silaé!“
    Auric sah ihn erregt von seinem Platz aufstehen und im Raum vor seiner Lagerstatt hin und her gehen.
    „Ich habe davon gehört, dass so etwas geschehen kann“, redete er dabei halb wie zu sich selber, „Und es ist denkbar, dass jemand Methoden finden könnte, so etwas zu bewerkstelligen. Aber ich habe noch nie durch eine glaubwürdige Aussage belegt gefunden, dass es tatsächlich jemandem gelungen wäre. Oder dass jemand so etwas überhaupt gewagt hätte.“
    Er hielt in seinem unruhigen Umhergehen inne, drehte sich wieder zu Auric um.
    „Entschuldigen Sie! Ich muss das natürlich für Sie erklären“, sagte er. „Die Silaé sind eine Rasse, die schon vor langer Zeit die materielle Welt hinter sich gelassen hat und die nur noch als Geistwesen existieren. Wenn es jemandem gelingen würde, eine solche Wesenheit tatsächlich gefangen zu setzen, kann man eine solche Kraft natürlich nutzen, um ein Störfeld in der Schicht zu verursachen, die Sie Vellinium nennen. Obwohl das ein wirklich trivialer Einsatz dieser Kraft wäre.
    Ich glaube kaum, dass jemand ein solches Wagnis eingehen würde, nur um eine Störung in einer Mittlerschicht zu erzeugen, die die Kommunikation ihres Senphoren blockiert. Der Silaé muss zu anderer Zeit und aus einem anderen Grund dort gefangen gesetzt worden sein, und jemand wusste davon und hat dies zu seinen eigenen Zwecken genutzt.
    Aber erzählen Sie weiter.“

    Auf dem Boden, halb im Schatten eines massiven Pfeilers, lag bäuchlings die Leiche eines ihrer Gefährten in einer großen Blutlache. Auric sah, dass der Kopf fast abgerissen war; der Hals klappte zerfetzt weit nach hinten.
    Der Raum war ein dunkler, leerer, zur Seite gekippter Schacht, unübersichtlich durch eine ihn säumende

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