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Ninragon – Band 1: Die standhafte Feste (German Edition)

Ninragon – Band 1: Die standhafte Feste (German Edition)

Titel: Ninragon – Band 1: Die standhafte Feste (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horus W. Odenthal
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bewusst anzuschauen, um ihn dann zu lösen, damit du dann wieder mit dem Strom unserer Entwicklung vollständig eins werden und erst dann mit uns allen in die Aszension gehen kannst.“
    Er hörte die Worte und fühlte sich seltsam taub. Er wünschte sich, sie würden ihm etwas bedeuten. Er wünschte sich eine Lösung.
    Er sah in Viankhuans Gesicht, erblickte darin nur Offenheit und Anteilnahme, und es ging wie ein Stich durch sein Innerstes, dass er diese nicht mit der verdienten Rückhaltlosigkeit erwidern konnte.
    „Ich habe mit einem unseren Silaé-Mentoren darüber gesprochen“, sagte sie. „ Bogenfall des Lichts zeigte sich diesem Anliegen geneigt und sagte seine Hilfe zu. Er hat im Geisterland einen temporären Ort der Vision für uns geschaffen und wird uns dort zur Seite stehen, um Verflechtungen und Stränge des ghean-whe‘ aufzuspüren. Und wenn sich zeigen sollte, dass es tatsächlich eine ghean-whe‘ -Bindung zu dem Menschenmann gibt“ – ein ernsterer, tieferer Zug zeigte sich für einen Moment auf ihrem Gesicht – „vielleicht erhalten wir so auch Aufschluss über die in der äußeren Welt sich formende Bedrohung, deren Bote er ist.“

    Sie stiegen durch vertraute Bereiche ins Geisterland auf.
    Um sie weitete sich eine Kette bereits durch Webschaftsvortriebe erschlossener Räume und gesicherter Schächte. Nur ein einziges Mal passierten sie einen Öffnungskanal, der noch durch einen Verwandelten gegen Werfeuer abgeschirmt werden musste. Seine ehemaligen Konstellariumsgeschwister aufsteigender und verharrender Linie umschwebten ihn auf dem Kristalgitter der die Tunnelstruktur konstituierenden Sphären wie ein Schwarm glitzernder Fische. Als sie die Ekliptik der Augen des Verwandelten durchquerten, richteten diese sich wie die Schächte zweier Zwilligsmonde geradewegs auf die Enthravanin Viankhuan und zeigten dabei deutliche Zeichen des Erkennens. Darachel erhaschte bei einem Blick in die Prägeschleier der Wisperschichten eine Grußbotschaft aus Zeichenlauten der Geistsprache, von denen ihm nur die wenigsten bekannt waren. Wenn sie denn der Geistersprache und nicht einem ihm unbekannten, übergeordneten Idiom entstammten.
    Schließlich erreichten sie die Membran des durch den Silaé geschaffenen temporären Ortes der Vision. Bei ihrer Passage hindurch öffnete sich die mikrokosmische Blase um sie herum zum Bild eines schroffen Hanges, auf abfallende, wie durch Riesenhand gegeneinander gefaltete von Grasflächen bedeckte Erdschichten, durch welche dunkel und roh die Knochen und Grate der Felsen unter dem gewaltigen Druck hervorgebrochen waren.  
    Ringsumher zu ihren Füßen lag Dunkelheit wie dichter, rauchiger Odem über den Tiefen. Bogenfall des Lichts war hinter ihnen. Darachel spürte die Präsenz seiner Aufmerksamkeit. Er wandte sich nicht zu ihm hin, denn er wusste, es war sinnlos. Auch wenn seine Aufmerksamkeit mit ihnen war, der sichtbare, wahrnehmbare Wesenskern des Silaé war in diesem Moment an andere Orte gebunden.
    Vor ihnen jedoch lag der Ort des Ausblicks, und eine Wesenheit, schwer wie der Fall von Gestirnen, lag über dem sich öffnenden Plan, unsichtbar, sich ballend, verdichtet, ihre Wurzeln an einem anderen Ort, ihre Fühler jedoch in diese Welt hinein gestreckt, von der sie hier nur ein Abbild sahen. Wie die Last eines kahlen Felsenmonds ruhte sie über der weit aufgespannten Decke von Düsternis. Sie war ihnen nur spürbar; selbst an diesem Ort der Vision blieb sie dem geistigen Auge unsichtbar. Doch auch so erfüllte sie Darachel mit einem Grausen, dass ihn tief in seinem innersten Wesenskern berührte. Da war Kälte und uralte empfindungslose Gleichgültigkeit von so unermesslichen Dimensionen, das sie sich allen begreifbaren Maßstäben entzogen.
    Ein Beben ging durch die sphärische Luft dieses Ortes. Der Abdruck eines Flügelschlags erschütterte sie. Der kahle Felsenmond hatte geflüstert. Die Dunkelheit bog sich unter seiner Druckwelle weg und zu den Rändern hoch. Wie durch rauchiges Quarzglas sah man nun Bilder aus den Tiefen durchschimmern. Ein Glosen von Flammen, winzig klein in der gewaltigen Entfernung, über die Ebene der Welt verstreute Lichter, Funkenkörner wahllos aus dem Schwung einer Hand hingestreut.
    Heere von Menschen und Nichtmenschen kämpften dort, wie die die Halme eines wogenden Grasmeeres unter dem Wind. Kalter Stahl schnitt, und Leben wurde zu Schmerz und Dunkelheit zermetzelt. Leichen türmten sich zu Wogen, und Hoffnung wurde zu Asche

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