Ninragon - Homunkulus
da hatte er sie.
Für einen Moment hielten sie sich gegenseitig an beiden Händen, die Arme im Ringen überkreuz. Er war stark, das wusste sie. Sie spürte jetzt seine Stärke. Sie wusste aber auch, dass sie es mit Gegnern, die stärker als sie waren, aufnehmen konnte. Wenn sie es wollte.
Das hier war der Mann, zu dem sie nach Hause gekommen war, um seinen Rat zu hören.
Ihre Blicke hingen ineinander, während sich für einen Moment die Stärke ihrer Arme maß.
Dann spürte sie mit einem Mal den Druck seiner Muskeln nachlassen. Seine Hände umfassten ihre Arme immer noch, doch die Kraft des Griffs war fort. Er hielt sie nur noch. Und ließ sie einen Moment später ganz los.
Sie löste sich von ihm, blitzschnell, packte das über dem Stuhl hängende Halfter, setzte zur Tür. Er ließ sie vorbeitreten. Im Hindurchhechten riss sie die Armbrust heraus und ließ das leere Halfter achtlos fallen.
Die Spannarme schnellten heraus in dem Moment in dem sie das Innere der Schmiedehalle mit einem Blick wahrnahm.
Die beiden Flügel der Bodenluke über dem Verschlag standen sperrangelweit offen. Die mächtige Grube darunter gähnte dunkel. Die Kettenzüge darüber schlenkerten noch sanft in der Luft hin und her. Die große Grube, in der man auch bequem einen kleinen Karren hätte unterbringen können, sie war jetzt leer.
Hinten, an der Rückseite der Halle, mühten sich eine Reihe von Gestalten mit Klanns großem einachsigen Karren ab. Sie schoben und zogen ihn mit vereinten Kräften durch das weit geöffnete Schmiedetor. Fast nur als Umrisse zeichneten sie sich vor dem einströmenden Dämmerlicht ab.
Klann trat vor sie hin, der schwere Schatten seiner Gestalt, genau in dem Moment, wo Danak die Armbrust heben wollte. Trat dann rückwärts gehend ein paar Schritte von ihr weg, blockierte dadurch stärker den Ausblick auf das Geschehen dahinter.
Aber sie hatte schon genug gesehen. Sie hatte die schwere, wuchtige Gestalt bemerkt, die leblos auf dem Karren lag. Anders als die, die sie bisher kennengelernt hatte, aber von ihrem Charakter und ihrer Art dennoch unverkennbar.
Homunkulus.
»Er war die ganze Zeit hier in der Grube?«, stürzten die Worte aus ihr heraus.
»Nicht die ganze Zeit. Nur seit …«
»Ich weiß – Ich war dabei«, schnitt sie ihm das Wort ab. Wie ein Peitschenschlag hallten ihre Worte durch die Halle, durchschnitten scharf den gedämpften Lärm der sich am Karren Mühenden, die jetzt, wo sie entdeckt worden waren, mit einem Ruck verstärkter Anstrengung zu Werke gingen.
Die ganze Zeit. In der sie nicht zu Hause war.
Der Karren rollte jetzt mit hartem Schwung über den Boden durch das Tor aus der Halle hinaus. Die Köpfe der daran sich mühenden Gestalten gingen zu ihr hin. Gestalten, die sie nur zu gut erkannte. Die am Karren und die dort draußen, vor dem Gebäude. Bei dem Kahn, auf den sie den Homunkulus verfrachten wollten.
Ein Hüne im grauen Mantel stand am Rand der Böschung zu dem Flussarm hin, der direkt hinter der Schmiede verlief, eine Stange zum Staken des Bootes in seiner Hand. Auf dem Boot selber sah sie eine lange schlanke Gestalt herüberwanken, noch hochgewachsener als der Hüne, auch er mit einer Stange bewaffnet – der Vastachi. Eine weitere Gestalt war dort auf dem Kahn sichtbar – sie glaubte, es war eine Frau –, sie brachte eine Armbrust in Anschlag.
Sie sah ein weißes Aufblitzen im angestrengt ackernden Knäuel um den Karren. Weiße Haut, knochenbleich. Ein Kinphaure unter ihnen? Dennoch blieb da kein Zweifel: Das war die Truppe aus dem Hafenlabyrinth, die Truppe, die von den Firnwölfen den Moloch-2-Homunkulus übernommen hatte und damit entkommen war. Die Truppe aus den Katakomben unter der Haikirion-Kirche.
Sie wollte vorbei an Klann, ihnen nach, sie aufhalten, doch seine Hand fasste sie hart auf die Brust. Schob sie zurück. Mit kräftigem Druck.
Ihr Busen schmerzte leicht an der Stelle, wo er sie fortgeschoben hatte.
So standen sie sich gegenüber.
»Klann, was hast du getan?«, war das einzige, was sie sagen konnte.
»Das da?« Sein Kopf ruckte leicht zur Seite hin, zu dem, was da in seinem Rücken vorging. Sie waren aus der Schmiede heraus, mit dem Karren am Rand der Uferböschung und schickten sich jetzt an, den Homunkulus zu verladen.
»Das da«, wiederholte Klann die Worte, langsam, schwerfällig, »das ist etwas, wofür es sich zu kämpfen lohnt.«
Sie starrte ihn fassungslos an. Das konnte nicht Wirklichkeit sein. Klann konnte dies nicht zu ihr sagen,
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