Ninragon - Homunkulus
verlief, doch spürte man trotz der Vegetation den kühlen Hauch vom Wasser her. Dahinter, jenseits des Flusslaufs, dehnte sich das verhaltene Schattenrauschen des weiten Waldlandes, das vom Aderwerk der Vlichten durchzogen wurde. Licht kam einzig noch von der farblosen Tiefe des Himmels und von dem Lichtschein, der aus den Fenstern des Wohnhauses nach draußen fiel.
Sie ließ das Pferd für das letzte Wegstück wieder antraben. Sie hatte es schon öfter für den Nachhauseweg genommen, es kannte ihr Ziel, und die Erwartung von Wasser und Hafer ließ es in freudiger Erregung aufschnauben.
Sie band das Pferd am Gatter an, versorgte es rasch, selber ungeduldig. Sie würde sich später sorgfältiger darum kümmern. Jetzt erst einmal hinein ins Haus. Durch die Fenster war nichts zu sehen. Keine Gestalt, kein Huschen. Sie hörte Geräusche von hinten her, durch Mauern gedämpftes Klirren. Klann war wohl noch mit den Kindern in der Schmiede.
Sie trat ein in die Küche. Warmes Öllampenlicht leuchtete die Flächen aus, warf tiefe Schatten in die Ecken und Nischen. Niemand da.
Sie rief seinen Namen.
Das Klirren von der Schmiede her verstummte. Ein kurzes Rumpeln. Er hielt wohl inne bei dem, was immer er dort mit den Kindern gemacht hatte. Einen Moment später stand er in der Tür. Hoch und breit duckte er sich unter dem Rahmen durch und stand vor ihr. Er trug keine Mütze heute, um sein Haar zu bändigen. Es fiel in einer dichten Matte um seine Schultern herab.
Ihr Blick fand sein bärtiges Gesicht, glitt an seiner Gestalt abwärts. Da war nichts; niemand drängte sich an ihm vorbei oder zwischen seinen Beinen durch.
»Wo sind die Kinder?«
»Bei Kestarn. Wollten dort auch übernachten.«
Sie wollte auffahren, vom Stachel der Sorge hochgeschreckt, doch da fiel ihr ein, dass die unmittelbare Gefahr ja vorbei war.
»Na, das geht ja jetzt wieder.« Sie atmete ruhig durch, senkte die Schultern und spürte das Feuer in ihren Augen erlöschen. Er musste es bemerkt haben, doch er ließ sich nichts anmerken. »Die Firnwölfe gibt es nicht mehr. Von denen geht keine Gefahr mehr für uns, für die Kinder aus.«
»Bernim und Liova haben die Gans nie gesehen.« Er sagte es ruhig, die Worte wie ein sachtes Kerzenflackern. Ja, Klann, die Umsicht selber. Natürlich hatte er dafür gesorgt, dass die Kinder erst gar nicht das tote Tier zu Gesicht bekamen, das man ihm und ihr zur Warnung an das Schmiedentor genagelt hatte. Eine Warnung an den Mann der Gänsehüterin.
Die Distanz war mit ein paar eiligen Schritten überwunden, und sie umarmten sich. Ihre Arme um Klann fühlte sie sich mit ihm wie ein einziger Menschenturm, fest im Raum verwurzelt. Ihr Kopf lag an seiner Schulter, an seiner speckigen Lederjoppe. Sie fühlte, wie ihr kurzes, struppiges Haar sich mit seinem Bart verwucherte, genoss die vertraute Berührung des wolligen Busches. Der Bart strich ihre Schläfe, ihre Wange hinunter, als sie den Kopf hob, seinem Gesicht entgegen. Ihre Lippen trafen sich zu einem festen Kuss. Seine Nase streifte wie ein starrer Keil die ihre.
Als ihre Lippen sich fürs erste einmal nichts mehr zu sagen hatten, lehnte er den Kopf zurück und sagte, »Komm, setzen wir uns an den Tisch. Und reden. Es ist Elstermühle da.«
Während er zur Klappe der Kühlgrube ging, ließ sie sich auf einem der Stühle nieder, zog den Gurt des Armbrusthalfters über den Kopf und hängte es über die Stuhllehne. Sie hatte die Waffe sicherheitshalber während des ganzen Ritts so getragen. Das Ding war ihr in der letzten Zeit so vertraut geworden, dass sie es kaum noch spürte. Dann lehnte sie sich zurück, den Kopf in den Nacken und schloss für einen Moment die Augen.
Sie hörte Klann in der Kühlgrube umherkramen, das Klirren von Krügen aneinander.
Sie wurde sich ihrer müden Füße und der Stiefel daran bewusst. Schnaufend zog sie sich den einen mit einem Ruck vom Fuß. Der zweite folgte rasch und polterte in die Ecke. Ja, so war es besser. Sie legte erst das eine, dann das andere Bein auf einen zweiten Stuhl hoch.
Klann kam zu ihr, eine Flasche in jeder Hand einladend gehoben.
Schweigend brachen sie zusammen die Siegel und stießen miteinander an. Das Bier lief herrlich kühl ihre Kehle herab, mit dem perfekten herben Biss und einer reichen Hopfennote. Wieder zuhause.
Sie setzte den Krug hart auf den Tisch ab, sie sahen sich an. Danak grinste. Klanns Stirn und Bart kräuselten sich: Er grinste also zurück.
Sie nickten und seufzten beide, genügte
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