Noah & Echo - Liebe kennt keine Grenzen
hoch. »Nie im Leben. Die riecht garantiert nach Drogen. Was, wenn sie die Schule mit Drogenhunden absuchen?«
»Oh Gott, du bist echt hoffnungslos.«
Grace schob mir die Locken nach hinten und zog mir das T-Shirt glatt. »Na los, geh schon raus, bevor er dich noch verpasst und in den Unterricht verschwindet.«
Lila und Natalie schoben mich zur Tür hinaus, wobei ich immer noch Noahs Jacke an mich drückte. »Ihr überinterpretiert das Ganze maßlos«, sagte ich, während Lila in Lichtgeschwindigkeit die Zahlenkombination meines Vorhängeschlosses eingab.
»Er kommt«, trällerte Natalie.
Lila nahm mir die Jacke aus der Hand, warf sie in mein Schließfach, schob mich aus dem Weg und schlug den Spind zu. Dann lehnten sie und Natalie sich dagegen, als müssten sie verhindern, dass die Jacke von selbst wieder rauskam.
»Hi, Echo.«
Ich drehte mich um und stand Luke gegenüber. »Hallo.« In den vergangenen drei Minuten war so viel passiert, dass mir der Kopf schwirrte.
Lukes Blick wanderte über meine Schulter hinweg zu Lila und Natalie, und seine Brauen zogen sich leicht zusammen. Ich kannte diesen Blick: Luke wollte mir etwas sagen, und zwar ohne Publikum. Selbst wenn er sich an sonst nichts mehr erinnerte, was mich betraf, so wusste er zumindest noch, dass ich immer im Doppelpack unterwegs war.
»Ich habe auf dich gewartet«, sagte er.
»Es ist meine Schuld«, platzte Lila heraus. »Sie konnte nicht mit dir tanzen, weil ich nach Hause wollte. Ich hatte zu viel getrunken.«
Luke und ich schauten zuerst sie entgeistert an, dann einander. Eine peinliche Stille trat ein. Und dauerte und dauerte.
»Kann ich dich zu deinem Klassenzimmer begleiten?«, fragte er schließlich.
»Klar.« Ich warf Lila und Natalie über die Schulter einen Blick zu – beide hielten mir einen hochgestreckten Daumen hin – und ging mit Luke den Flur hinunter. Ich holte tief Luft und lächelte, als ich bemerkte, dass Luke mich angrinste. Wow – vielleicht war »normal« ja doch möglich!
Sofern man es als normal bezeichnen konnte, Noah Hutchins’ Jacke in meinem Schließfach zu verstecken … und so zu tun, als würde ich nicht ständig daran denken, dass er mich beinahe geküsst hätte.
[zurück]
Noah
»Halt mal.« Mrs Collins drückte mir einen dampfenden Pappbecher mit Kaffee in die Hand und versuchte sich erneut an der verschlossenen Tür zum Schulgebäude. Es fing gerade erst an, hell zu werden, weshalb sie Schwierigkeiten hatte, den richtigen Schlüssel an dem überfüllten Bund ausfindig zu machen. Mir lag schon eine Bemerkung über ihre mangelnden organisatorischen Fähigkeiten auf der Zunge, doch ich verkniff sie mir. Es gehörte immerhin Mumm dazu, sich so ganz allein mit einem abgewrackten Typen wie mir zu treffen.
Der warme Kaffee erinnerte mich daran, wie kalt es im Freien war. Eine Gänsehaut überzog meine nackten Arme. Ich besaß nur ein einziges langärmliges Hemd, und das hob ich mir für den Besuch bei meinen Brüdern auf. Ohne Jacke herumzulaufen war nicht gerade der Hit.
Ihr Blick fiel auf das Tattoo an meinem Oberarm, und ihr Dauerlächeln trübte sich ein wenig. »Wo ist deine Jacke, Noah? Es ist eiskalt.«
»Hab ich jemandem geliehen.«
Sie seufzte erleichtert, als der dritte Schlüssel endlich passte und die Tür aufging. Sie bedeutete mir, einzutreten, doch stattdessen hielt ich ihr die Tür auf und ließ sie vorgehen. Bei meinem Pech würde mich womöglich der Typ vom Sicherheitsdienst sehen, erst mal schießen und danach Fragen stellen.
Unsere Schritte hallten in dem leeren Gang. Dank der neuen Energiesparpolitik unserer Schule gingen die Lichter per Bewegungsmelder an. Es machte mich nervös. Nicht nur, dass der Staat mich auf Schritt und Tritt überwachte, jetzt tat das auch noch das Schulgebäude.
»Wem hast du die Jacke geliehen?« Mrs Collins betrat das Sekretariat und fand für ihre Bürotür auf Anhieb den richtigen Schlüssel.
»Einem Mädchen.« Das mich den ganzen Montag wie Luft behandelt und mir die Jacke noch immer nicht zurückgegeben hatte.
»Einer Freundin oder
deiner
Freundin?«
»Weder noch.«
Mrs Collins blickte mich mitleidig an und griff nach ihrer Geldbörse. »Brauchst du eine Jacke?«
Ich hasste diesen Mitleidsblick. Nach dem Tod meiner Eltern hatte ich ihn von allen Seiten bekommen. Große, runde Augen, die Mundwinkel einen Hauch nach oben gezogen, obwohl die Lippen nach unten sackten. Die Leute bemühten sich, um jeden Preis normal zu wirken, aber ich sah
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