Noah & Echo - Liebe kennt keine Grenzen
ihnen an, wie unbehaglich sie sich fühlten.
»Nein, ich bekomme sie heute zurück.«
»Gut.« Sie schlug meine Akte auf. »Wie laufen die Nachhilfestunden mit Echo?«
»Wir fangen heute an.« Das wusste Echo nur noch nicht.
»Hervorragend.« Sie setzte gerade zu ihrer nächsten dämlichen Frage an, doch ich kam ihr zuvor.
»Was wissen Sie über meine Brüder?«
Sie nahm einen Kuli und tippte damit im Sekundentakt der Uhr auf den Tisch. »Ich habe mich mit Keesha über deinen Besuch vom letzten Wochenende unterhalten. Tyler hatte wirklich einen Fahrradunfall.«
Wie bitte? »Sie sind die Schulpsychologin, wie kommen Sie dazu, mit dem Jugendamt über mich zu reden? Und über Tyler?«
»Das habe ich dir schon gesagt. Ich bin Psychotherapeutin und obendrein Versuchskaninchen in diesem Pilotprojekt. Meine Aufgabe besteht nicht darin, einen Aspekt deiner Situation zu behandeln, sondern deine ganze Situation. Das heißt auch, dass ich Zugang zu deinen Brüdern habe. Ich werde mit ihren Pflegeeltern sprechen und manchmal auch mit Jacob und Tyler selbst. Und was meine Rolle hier an der Schule betrifft, so ist Mrs Branch für die typischen Schulberatungsthemen zuständig, während ich mich um die …«, sie wackelte mit dem Kopf, »… sagen wir mal, spannenderen Fälle kümmere. Die Schule vermittelt einem Wissen, aber leider vernachlässigt sie dabei die emotionale Seite ein wenig. Ich bin da, um zu sehen, was passiert, wenn beides Beachtung findet.«
Grandios. Mir reichte schon Keesha, und jetzt hatte ich auch noch diese dauerlächelnde Weltverbesserin im Nacken. Ich fuhr mir übers Gesicht und rutschte auf meinem Stuhl herum.
Mrs Collins fuhr fort: »Keesha hat mir unter anderem erzählt, dass du angedroht hast, nach deinem Schulabschluss das Sorgerecht für deine Brüder zu beantragen. Wenn das stimmt, Noah, dann musst du ein paar sehr grundsätzliche Dinge in deinem Leben ändern. Bist du dazu bereit?«
»Wie bitte?« Hatte sie gerade gesagt, ich müsste mich gefälligst zusammenreißen, wenn ich meine Familie zurückbekommen wollte?
Sie legte den Kuli weg und beugte sich vor. »Bist du bereit, die Änderungen in deinem Leben vorzunehmen, die notwendig sind, wenn du das Sorgerecht für deine Brüder willst?«
Zum Teufel, ja. Und ob ich dazu bereit war. »Ja, Ma’am.«
Mrs Collins griff wieder zu ihrem Kuli und schrieb etwas in meine Akte. »Dann musst du mir das beweisen. Ich weiß, du hast keinen Grund, mir zu trauen, aber das Ganze wird schneller und geschmeidiger vorankommen, wenn du dich dazu durchringen kannst. Du musst dich jetzt um dich selbst kümmern und es Keesha und mir überlassen, uns um das Wohlergehen deiner Brüder zu kümmern. Um es klipp und klar zu sagen: Wenn du Keesha ständig wegen des Besuchsrechts nervst und Jacob über seine Pflegeeltern auszuhorchen versuchst, vor allem über ihren Nachnamen, dann sieht das so aus, als ob du dich nicht an die Regeln hältst. Dein jetziges Besuchsrecht ist schon ein Privileg, Noah. Ich möchte gerne, dass du das behältst. Haben wir uns verstanden?«
Der Stuhl rutschte unter mir, als ich auf sie zeigte: »Das sind meine Brüder.«
Ich wusste nicht mal, wie die Leute, bei denen meine Brüder lebten, mit Nachnamen hießen, noch kannte ich ihre Adresse oder Telefonnummer. Ich konnte Jacob und Tyler nicht besuchen, wenn ich es wollte. Diese »Privilegien« hatte ich an dem Tag verloren, als ich meinen ersten Pflegevater schlug. Ich bekam einen Kloß im Hals, und meine Augen fingen an zu brennen. Und dass ich jetzt auch noch dem Heulen nahe war, kotzte mich an. Ich stand auf, ohne zu wissen, was ich tun wollte … oder wem ich einen Vorwurf machen sollte. »Sie haben kein Recht dazu. Ich bin für meine Brüder verantwortlich.«
Mrs Collins schaute mich ungerührt an. »Es geht ihnen gut. Das musst du mir glauben. Du projizierst deine eigenen Erfahrungen auf deine Brüder. Ich verstehe ja, dass du sie beschützen willst, aber im Augenblick ist das nicht notwendig. Wenn du sie auf regelmäßiger Basis sehen willst, musst du lernen, mit mir zusammenzuarbeiten, und ich habe dir erklärt, wie das aussieht.«
»Sie können mich mal.« Ich packte meine Bücher und verließ ihr Büro.
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Echo
Mrs Collins’ Spruchtafeln waren um ein paar Millimeter verrutscht, sodass schwarze Ränder an der Wand zu sehen waren. Ausnahmsweise wünschte ich mir, Ashley wäre hier. Dieser Mangel an Perfektion hätte sie wahnsinnig gemacht.
Wieder war die
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