Noah & Echo - Liebe kennt keine Grenzen
sie gleich brauchen.«
»Wie bitte?«
Sie schloss ihr Büro ab. »Wir machen einen Ausflug.«
Mrs Collins rauschte an mir vorbei. Ich hatte keinen Schimmer, was los war, und sah ihr nach, wie sie den Flur hinunterging. Zum ersten Mal wünschte ich mir die Hirnzellen zurück, die ich beim Kiffen verschmort hatte.
»Nun komm schon, Noah.«
Ich holte sie ein, als sie zum Lehrerparkplatz hinausging. »Wo fahren wir hin?«
»Du bist gestern nicht zu deiner Stunde gekommen und hast dich auf meine Aufforderung hin nicht gemeldet.« Sie hielt ihren Schlüssel hoch und drückte auf den Türöffner. An einem schwarzen Mercedes leuchteten die Scheinwerfer auf. Typisch. »Einfach verantwortungslos. Steig ein.«
Ich machte die Autotür auf. Ledergeruch schlug mir entgegen. Mir wurde plötzlich übel. Das hatte ich schon zu oft erlebt. »Ich habe nur noch vier Monate bis zum Abschluss. Die können mich nicht noch mal woandershin schicken.« Das Risiko, mich mit Beth und Isaiah anzufreunden, rächte sich jetzt. Ich war so wütend, dass ich fast keine Luft mehr kriegte.
Und Echo …
Mrs Collins schlug ihre Tür zu und beugte sich über die Mittelkonsole zu mir herüber. »Sofern in deiner gegenwärtigen Pflegefamilie nicht ein akutes Problem auftritt, wirst du nirgendwo anders hingeschickt. Jetzt steig ein, oder willst du dir den Spaß entgehen lassen?«
Spaß? Ich ließ mich in den Sitz sinken. Der Motor sprang mit einem tiefen Brummen an. Mrs Collins trat aufs Gaspedal, und der Wagen machte einen Satz vorwärts. Sie riss das Lenkrad scharf nach rechts und fuhr mit quietschenden Reifen auf die Hauptstraße. Ich griff instinktiv nach der Armlehne. »Heilige Scheiße, wer hat Ihnen denn den Führerschein gegeben?«
»Gib auf deine Ausdrucksweise acht, Noah, und auf die staatlichen Behörden von Kentucky. Warum bist du gestern nicht zu deinem Termin erschienen?«
Ich trat gern aufs Gas. Isaiah und ich hatten uns letzten Sommer ständig Rennen auf der Straße geliefert. Aber ich hatte definitiv keine Lust auf eine durchgeknallte Mittvierzigerin, die nicht mal geradeaus fahren konnte. »Wollen Sie nicht lieber rechts ranfahren und mich ans Steuer lassen?«
Mrs Collins lachte und schnitt beim Einscheren auf die Autobahn einen Sattelschlepper. »Du bist ein richtiger Scherzkeks. Bleib bei der Sache, Noah. Der Termin.«
Ach ja. Echo hatte Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt, um ihren Termin zu verschieben. Da konnte ich wenigstens versuchen, meinen auch zu verlegen, bevor ich als Feuerball endete, wenn wir den Tanklastzug da vorn rammten. »Ich arbeite fast jeden Abend und muss den Laden dichtmachen. Da ist es schwer, morgens aus dem Bett zu kommen. Ich wollte Sie fragen, ob wir meine Stunde auf nach der Schule verlegen können.«
Sie kreuzte über drei Fahrspuren hinweg, um die nächste Ausfahrt anzusteuern. »Das scheint heute dein Glückstag zu sein. Ich habe am Dienstag um halb drei zufällig eine Lücke. Aber dafür erwarte ich, dass du morgens pünktlich zur ersten Unterrichtsstunde erscheinst. Dieselbe Ausrede zieht jetzt nicht noch einmal.«
»Hey, gelbe Ampel!« Und schon sauste sie bei Rot über die Kreuzung. »Heilige Scheiße, Sie können echt nicht fahren!«
»Wir sind leider spät dran.« Sie bog auf einen überfüllten Parkplatz und fand prompt eine Lücke. »Los, beeil dich.«
Sie sprang aus dem Wagen und lief auf die städtische Mehrzweckhalle zu. Da ich mir nicht vorstellen konnte, dass Mrs Collins mir auch nur eine einzige Sache anbieten könnte, für die es sich zu rennen lohnte, schlenderte ich träge hinter ihr her. Ein paar Augenblicke nach ihr betrat ich das Gebäude und sah, wie sie hinter einer Saaltür verschwand.
Ich bekam die Tür noch zu fassen, bevor sie zufiel, und sah mich überrascht um, als die Leute zu klatschen anfingen. Vor einer großen Tribüne waren Stuhlreihen aufgebaut. Der Saal war voll besetzt. Mrs Collins stand an der Seite und winkte mich zu sich rüber. Wir lehnten uns nebeneinander an die Wand. »Sehr gut, wir sind noch rechtzeitig«, raunte sie mir zu.
Ein untersetzter Mann in Hemd und Krawatte stützte die Arme auf ein Rednerpult. »Es ist mir eine Freude, Ihnen den Gewinner des ersten Preises im Wettbewerb der jungen Autoren vorzustellen: Jacob Hutchins.«
Mein Herz hämmerte auf einmal in meinem Brustkorb, während ich gebannt nach meinem Bruder Ausschau hielt. Da war er, marschierte im Eilschritt den Mittelgang von ganz hinten bis zur Bühne vor. Ich wollte
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