Noah & Echo - Liebe kennt keine Grenzen
mir das jetzt ausgerechnet von diesen beiden Meistern der Selbsttäuschung reinreiben lassen musste! Isaiah und Beth lebten in einer eigenartigen Welt, in der man über Gefühle nicht sprach, und doch zog es die beiden mit Macht zueinander hin. Mein Gefühl sagte mir, dass ich sie ziemlich bald mal nackt zusammen im Bett vorfinden würde. »Echo konnte heimlich einen Blick in meine Akte werfen und hat den Nachnamen der Pflegeeltern von Jacob und Tyler rausgefunden. Ich kann ihr vielleicht keine Beziehung anbieten, aber ihre Freundschaft ablehnen kann ich auch nicht. Was sie da gemacht hat, riskiert nur ein echter Freund für einen.«
»Oder ein Mädchen, das auf dich steht«, murmelte Beth.
Ich zog mir die Schuhe an und schnürte sie. Hatte ich mehr als eine einzige Chance? Meiner Erfahrung nach nein, aber seit ich Echo kennengelernt hatte, passierten Wunder. »Was würdet ihr denn machen, wenn ich Echo hierher mitbringe?«
Beth brummte angewidert. »Kleber kaufen, damit wir dich wieder zusammenleimen können, wenn du hinterher in Trümmern auf’m Boden liegst. Schau doch, was du alles für sie getan hast, und was macht sie heute Abend? Geht mit King Luke zum Ball anstatt mit dir.«
Die Vorstellung, wie dieser Affe den Arm um sie legte, brachte mein Blut in Wallung. Ich schluckte meine Wut hinunter. Mir ging es um meine Brüder, um niemanden sonst, und wenn ich meinen Arsch nicht bald in Bewegung setzte, kam ich zu spät. »Bis heute Abend.«
Beth schrie mir noch nach: »Sag ihnen, ihre Tante Beth liebt sie!«
Ich ging an Dale und Shirley vorbei, die beim Mittagessen saßen und mich überhaupt nicht zur Kenntnis nahmen. Wenn Tyler und Jacob zu mir zogen, würde es niemals so sein. Wir würden die ganze verdammte Zeit miteinander reden. Ich würde über alles Bescheid wissen, was in ihrem Leben los war. Draußen brannte die kalte Februarluft auf meiner frisch rasierten Haut.
»He«, rief Isaiah von der Haustür aus und lief mir hinterher. Er zog an seinem Ohrring, bevor er sprach. »Echt, Mann, ich versteh das schon. Unsereins, wir stehen nicht auf so Beziehungskram. Da verlässt man sich auf irgendwas oder irgendwen, und dann wird’s einem von diesem Scheißsystem weggenommen. Aber Echo ist ja nicht das System, oder? Sie ist bloß ein Mädchen, das gestern richtig scheiße ausgesehen hat und dir den ganzen Gang hinterherrennen musste, nur weil wir beschlossen hatten, dass du sie auflaufen lassen sollst.«
Ich fuhr mir durchs Haar und schüttelte es, um mir die Fransen über die Augen fallen zu lassen. »Beth hat recht.«
»Beth hat einen verzerrten Blick. Wenn du ihr jemals verrätst, dass ich dir das jetzt erzähle, dann trete ich dir in die Eier. Sie hat mit Luke gevögelt, in dem Sommer nach der Neunten. Und sie hat tatsächlich geglaubt, der Arsch wäre in sie verliebt. Es war ihr erstes Mal. Er hat hinterher kein einziges Mal angerufen oder ihr eine SMS oder irgendwas geschickt, keinen Ton. Du und ich, wir sind auch keine Engel, aber zumindest spielen wir keinem was vor. Von uns erwartet kein Mädchen Streicheleinheiten oder einen Anruf.«
Falls ich bisher noch keinen Grund gehabt hatte, Luke in den Arsch zu treten, dann hatte ich jedenfalls jetzt einen. Beth war meine Schwester, dazu brauchte es keine Blutsbande. »Was hat das mit Echo zu tun?«
»Diese schleimigen Typen, das ist für Beth so was wie das System für uns. Uns macht das Jugendamt und das Gericht das Leben zur Hölle. Aber für Beth sind es Typen wie Luke und Grace. Echo und Luke, das war schon Geschichte, als Beth und ich in der Neunten waren. Aber Beth glaubt, dass Echo genauso ist wie Luke.«
»Ist sie aber nicht«, sagte ich und stieg in mein Auto. Der Wunsch, Echo gegen alle Angriffe zu verteidigen, brachte mich richtig in Rage.
Isaiahs geschlagene Miene sagte mir, dass er das mit Beth alles schon mal durchgekaut hatte. Er ging zum Haus zurück. »Weißt du, du siehst aus, als ob du zu einem Ball gehst, Mann!«
Ich zeigte ihm den Finger und fuhr rückwärts aus der Einfahrt.
Zu meiner Überraschung saß Mrs Collins am Tisch des Besuchszimmers – in einem knielangen schwarzen Kleid mit Pailletten. Ich hasste es, mit dieser Frau auf demselben Kontinent zu sein, aber heute? War mir das total egal. In fünf Minuten würde ich meine Brüder sehen. »Was geht, Mrs Collins?«
Sie lachte schallend. »Ich fühle mich geehrt. Hätte nicht gedacht, dass ich mal das Privileg einer so coolen Anrede genießen darf.«
»Vielleicht
Weitere Kostenlose Bücher