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Noble House 02 - Gai-Jin

Noble House 02 - Gai-Jin

Titel: Noble House 02 - Gai-Jin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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ihm hinausfuhren oder schon wieder zurückkehrten. Jamie war der erste an Land, eine Frage des Prinzips, weil die Preise wichtiger, stets knapper Waren je nach der eintreffenden Post heftig schwanken konnten. Von Hongkong nach Yokohama dauerte es mit dem direkten Postdampfer ungefähr neun Tage, via Shanghai etwa elf. Die Post von zu Hause, aus England, brauchte, je nach Wetter und Piraterie, acht bis zwölf Wochen, und der Posttag war jedesmal ein unruhiger Tag, aber immer ungeduldig erwartet und erfleht.
    Norbert Greyforth von Brock and Sons, Struans Hauptkonkurrent, war noch einhundert Meter von der Küste entfernt; entspannt und bequem saß er mittschiffs und beobachtete Jamie durch sein Teleskop, während seine Ruderer sich in die Riemen legten. McFay wußte, daß er beobachtet wurde, aber das störte ihn heute nicht. Der Kerl wird es schon bald erfahren, wenn er es nicht schon weiß, dachte er und empfand eine ungewöhnliche Angst. Angst um Malcolm Struan, die Compagnie, sich selbst, um die Zukunft und um seine ai-jin – geliebte Person –, die geduldig in ihrem winzigen Häuschen in der Yoshiwara außerhalb des Zaunes gleich hinter dem Kanal wartete.
    Er beschleunigte seine Schritte. Drei oder vier Betrunkene lagen in der Gosse der High Street, andere hier und dort am Hafenkai verteilt. Er trat über einen Mann hinweg, ging einer lärmenden Gruppe angesäuselter Handelsmatrosen aus dem Weg, die zu ihren Booten schwankten, lief die Stufen ins weite Foyer und die Treppe in den ersten Stock hinauf und dann durch den Korridor zu den Stufen, die sich an der gesamten Länge des Warenlagers entlangzogen.
    Leise öffnete er die Tür und spähte hinein.
    »Hallo, Jamie«, sagte Malcolm Struan vom Bett her.
    »Oh, hallo, Malcolm. Morgen. Ich war nicht sicher, ob Sie schon wach sind.« Er drückte die Tür hinter sich ins Schloß, stellte fest, daß die Tür zur angrenzenden Suite angelehnt war, und trat an das riesige Teakholz-Himmelbett, das, wie alle Möbel, aus Hongkong oder England kam. Malcolm Struans Gesicht wirkte teigig und hohlwangig; erschöpft lehnte er in den Kissen: Die gestrige Schiffsreise von Kanagawa nach Yokohama hatte ihn viel seiner kostbaren Kraft gekostet, obwohl Dr. Babcott ihm Schmerzmittel gegeben hatte und alle bemüht gewesen waren, die Fahrt so ruhig wie möglich zu gestalten. »Wie geht’s ihnen heute?«
    Struan blickte zu ihm auf; seine von dunklen Schatten umgebenen blauen Augen wirkten blaß und schienen tiefer in den Höhlen zu liegen. »Die Post aus Hongkong ist nicht gut, wie?« Seine Worte klangen tonlos und ließen McFay keine Möglichkeit, es ihm behutsam beizubringen.
    »Ja, tut mir leid. Sie haben die Signalkanone gehört?« Jedesmal, wenn der Postdampfer in Sicht kam, feuerte der Hafenmeister eine Kanone ab, um die Niederlassung zu benachrichtigen.
    »Hab ich«, gab Struan zurück. »Aber bevor Sie mir die schlechte Nachricht mitteilen, schließen Sie bitte die Tür, und geben Sie mir den Nachttopf.«
    McFay gehorchte. Hinter der Tür lag ein Salon und dahinter ein Schlafzimmer, das beste Apartment des ganzen Hauses und normalerweise ausschließlich Malcolms Vater, dem Tai-Pan, vorbehalten. Gestern hatte man auf Malcolms Wunsch hin Angélique dort untergebracht. Sofort hatte die Nachricht die Runde in der Niederlassung gemacht und die Wetteinsätze darauf, daß sie für Struan nicht nur eine Lady mit der Lampe war, in die Höhe getrieben. Jeder von den Männern wünschte sich, in Malcolms Bett liegen zu können.
    »Ihr seid verrückt«, hatte McFay einigen von ihnen am Abend zuvor im Club gesagt. »Der arme Kerl ist in einer fürchterlichen Verfassung.«
    »Aber ehe ihr euch’s verseht, wird er wieder auf den Beinen sein«, war Dr. Babcott ihm ins Wort gefallen.
    »Ich höre schon die Hochzeitsglocken läuten!« behauptete jemand.
    »Drinks auf Kosten des Hauses«, hatte ein anderer großzügig gerufen. »Oh, wunderbar, endlich werden wir eine Hochzeit feiern, unsere erste!«
    »Aber wir haben doch schon viele gehabt, Charlie. Was ist mit unseren musumes?«
    »Verdammt noch mal, die zählen doch nicht! Ich meine eine richtige Hochzeit, mit Kirche… und eine richtige anständige Taufe, und…«
    »Heiliger Jehova, willst du etwa behaupten, sie hat was im Ofen?«
    »Es heißt, daß sie auf der Reise hierher wie die Schmusekatzen waren, nicht daß ich’s ihm verübeln könnte…«
    »Aber verdammt, da war Angel Tits noch nicht mal mit ihm verlobt! Sag das noch einmal und

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