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Noble House 02 - Gai-Jin

Noble House 02 - Gai-Jin

Titel: Noble House 02 - Gai-Jin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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antwortete Malcolm.
    Eine halbe Meile vom Struan-Gebäude entfernt, in der Nähe von Drunk Town, lag Hiraga in einem unauffälligen Haus des japanischen Dorfes splitternackt auf dem Bauch und ließ sich massieren. Das Haus war nichts Besonderes, die Fassade ungepflegt, aber drinnen war alles, wie bei vielen Häusern der wohlhabenderen Kaufleute, blitzsauber, blankpoliert, gepflegt und weitläufig. Es war das Haus des shoya, des Dorfältesten.
    Die Masseuse war blind. Sie war Anfang Zwanzig, kräftig gebaut, mit sanftem Gesicht und liebem Lächeln. Nach uraltem Brauch hatten die Blinden in Japan wie auch im größten Teil Asiens ein Monopol auf diese Kunst, obwohl es auch solche gab, die sehen konnten. Und ebenfalls nach uraltem Brauch waren die Blinden ausnahmslos sicher und durften nicht berührt werden.
    »Sie sind sehr stark, Samurai-sama«, sagte sie, das Schweigen brechend. »Alle, mit denen Sie gekämpft haben, müssen tot sein oder leidend.«
    Sekundenlang vermochte Hiraga nicht zu antworten; zu intensiv genoß er das tiefe Sondieren der erfahrenen Finger, die seine verknoteten Muskeln suchten und sie entspannten. »Mag sein.«
    »Bitte, dürfte ich Ihnen ein ganz spezielles Öl aus China empfehlen? Es wird Ihre Platzwunden und Prellungen schnell heilen lassen.«
    Er lächelte. So etwas wurde häufig benutzt, um ein bißchen zusätzliches Geld zu verdienen. »Nun gut. Nehmen Sie es.«
    »Oh, Sie lächeln, Ehrenwerter Samurai! Dies ist kein Trick, um mehr Geld zu verdienen«, versicherte sie sofort, während sie seinen Rücken knetete. »Ich hab das Geheimnis von meiner Großmutter, die ebenfalls blind war.«
    »Woher wissen Sie, daß ich lächle?«
    Sie lachte, und der Klang erinnerte ihn an eine Lerche, die in der Morgenluft segelt. »Ein Lächeln entsteht in zahlreichen Teilen des Körpers. Meine Finger hören Ihnen zu – Ihren Muskeln und sogar Ihren Gedanken.«
    »Und woran denke ich jetzt?«
    »An sonno-joi. Aha, ich hatte recht!« Wieder verwirrte ihn ihr Lachen. »Aber nur keine Angst, Sie haben nichts gesagt, die Gastgeber haben nichts gesagt, ich werde nichts sagen, aber meine Finger sagen mir, daß Sie ein ganz besonderer Schwertkämpfer sind, der beste, dem ich jemals dienen durfte. Und da Sie eindeutig kein Bakufu sind, müssen Sie ein Ronin sein, ein freiwilliger Ronin, weil Sie Gast in diesem Hause sind, also ein Shishi, der erste, den wir hier jemals gehabt haben.« Sie verneigte sich. »Es ist uns eine Ehre. Wenn ich ein Mann wäre, würde ich sonno-joi unterstützen.«
    Nachdrücklich preßten sich ihre stahlharten Finger auf ein Nervenzentrum, bis sie spürte, wie der Schmerz ein Zittern durch seinen Körper schickte; es freute sie, ihm besser helfen zu können, als ihm bewußt war. »Tut mir leid, aber dieser Punkt ist sehr wichtig, um Sie zu beleben und Ihre Körpersäfte fließen zu lassen.«
    Er stöhnte; dennoch war der Schmerz, der ihn in die Futons drückte, sonderbar angenehm. »Ihre Großmutter war auch Masseuse?«
    »Ja. In meiner Familie wird in jeder zweiten Generation mindestens ein Mädchen blind geboren. In diesem Leben war ich an der Reihe.«
    »Karma.«
    »Ja. Wie es heißt, blenden in China Väter oder Mütter heutzutage eine ihrer Töchter, damit sie später eine lebenslange Anstellung findet.«
    Hiraga hatte zwar nichts davon gehört, glaubte es aber und war empört. »Wir sind nicht in China und werden es niemals sein. Aber eines Tages werden wir China erobern und zivilisieren.«
    »Eeee, tut mir leid, wenn ich Ihre Harmonie gestört habe, Herr, bitte entschuldigen Sie, es tut mir so leid! Ah, so ist es besser, bitte entschuldigen Sie, es tut mir leid. Sie sagten, Herr… China zivilisieren? Wie Diktator Nakamura es wollte? Ist das möglich?«
    »Ja, eines Tages. Es ist unser Schicksal, den Drachenthron zu erobern, wie es Ihr Schicksal ist, zu massieren und zu schweigen.«
    Wieder dieses sanfte Lachen. »Ja, Herr.«
    Hiraga seufzte, als ihr Finger den Druckpunkt verließ und statt des Schmerzes ein heilsames Glühen hinterließ. Also wissen alle, daß ich ein Shishi bin, dachte er. Wie lange noch, bis ich verraten werde? Warum auch nicht? Zwei Koku sind ein Vermögen.
    Diese sichere Zuflucht zu erreichen war nicht einfach gewesen. Als er in das Viertel kam, herrschte dort entsetztes Schweigen, denn er war ein Samurai, ein Samurai ohne Schwerter, der aussah wie ein wilder Mann. Die Straße leerte sich bis auf die Menschen in seiner Nähe, die niederknieten und ergeben ihr

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