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Noble House 02 - Gai-Jin

Noble House 02 - Gai-Jin

Titel: Noble House 02 - Gai-Jin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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noch ein Knabe ist, knapp sechzehn, und eine Marionette der Bakufu, daß die wirkliche Macht dem Kaiser gehört – er hat mehrmals den Titel Mikado benutzt –, der in Kyōto lebt.«
    »Allmächtiger!« Sir William war fassungslos. »Ist das wahr?«
    Es lag Tyrer auf der Zunge, ihm von den Englischkenntnissen zu erzählen, doch es gelang ihm, sich zu zügeln. »Ich weiß es noch nicht, Sir, ich hatte noch keine Zeit, ihn richtig auszufragen, es ist schwierig, er ist schweigsam, aber doch, ja, ich glaube, daß er mir die Wahrheit gesagt hat.«
    Sir William starrte ihn an; sein Kopf schwirrte von den Möglichkeiten, die ihm diese Informationen boten. »Was hat er Ihnen noch erzählt?«
    »Ich habe gerade erst angefangen, und wie Sie sich vorstellen können, brauche ich viel Zeit dazu.« Tyrers Erregung stieg merklich. »Aber er hat mir von den ronin erzählt. Das Wort bedeutet ›Wellen‹, Sir, und sie werden Ronin genannt, weil sie so frei sind wie die Wellen. Es sind alles Samurai, die aus den verschiedensten Gründen Gesetzlose wurden. Die meisten, wie Nakama, sind Gegner der Bakufu und der Überzeugung, daß diese dem Mikado die Macht entrissen haben.«
    »Moment mal, langsam, Tyrer. Langsam. Wir haben viel Zeit. Also, was genau ist ein Ronin?«
    Tyrer erklärte es ihm.
    »Großer Gott!« Sir William überlegte einen Moment. »Die Ronin sind also Samurai, die entweder zu Gesetzlosen wurden, weil ihr König in Ungnade gefallen ist oder weil sie von ihren Königen wegen wirklicher oder eingebildeter Verbrechen zu Gesetzlosen erklärt wurden, oder sie sind freiwillig Gesetzlose, die sich zusammenrotten, um die zentrale Regierung der Shōgun-Marionette zu stürzen?«
    »Ja, Sir. Er behauptet, daß es eine ungesetzmäßige Regierung ist.«
    Sir William trank den letzten Schluck Gin aus seinem Glas und nickte vor sich hin, während er all diese Informationen verwundert und beglückt zu verarbeiten suchte. »Dann ist Nakama ein Ronin, also das, was Sie als Dissidenten und ich als Revolutionär bezeichnen?«
    »Genau, Sir. Entschuldigen Sie, Sir, darf ich mich setzen?« fragte Tyrer nervös, der so gern die Wahrheit über Nakama hinausgesprudelt hätte, es aber nicht wagte.
    »Gewiß, gewiß, Tyrer. Tut mir leid, aber holen Sie sich erst mal noch einen Sherry und bringen Sie mir einen Schluck Gin.« Sir William beobachtete ihn nachdenklich. Er freute sich über den jungen Mann, war aber auch irgendwie beunruhigt. Die vielen Jahre mit Diplomaten, Spionen, Halbwahrheiten, Lügen und krasser Desinformation lösten Warnsignale aus, die ihm anzeigten, daß ihm etwas verheimlicht wurde. Von Tyrer ließ er sich das Glas geben. »Danke. Nehmen Sie den Sessel dort, das ist der bequemste. Cheers! Sie müssen sehr gut Japanisch sprechen, um all das in so kurzer Zeit von ihm erfahren zu haben«, sagte er nebenbei.
    »Nein, Sir. Tut mir leid, aber das kann ich noch nicht, obwohl ich ständig lerne. Mit Nakama, na ja, da geht es meistens mit Geduld, Gesten, ein paar englischen Wörtern sowie japanischen Wörtern und Sätzen, die André Poncin mir gegeben hat. Er ist mir wirklich eine wertvolle Hilfe, Sir.«
    »Weiß er, was Ihnen dieser Mann mitgeteilt hat?«
    »Nein, Sir.«
    »Dann sagen Sie ihm auch nichts. Sonst noch was?«
    »Nein, Sir. Nur Jamie McFay.« Tyrer kippte seinen Sherry hinunter. »Er wußte schon etwas, und… Na ja, er kann sehr gut reden und hat’s einfach aus mir herausgeholt, das über den Shōgun.«
    Sir William seufzte. »O ja, Jamie kann wirklich gut reden. Und weiß weit mehr, als er erkennen läßt.«
    Er lehnte sich in dem bequemen Ledersessel zurück, trank einen Schluck, ließ all diese unbezahlbaren neuen Informationen Revue passieren und versuchte, während er überlegte, wie weit er Vabanque spielen und wie weit er Tyrers Informationen trauen durfte, schon die Antwort auf die unhöfliche Depesche von heute abend zu formulieren.
    »Dieser Nakama«, sagte er. »Ich bin mit Ihrem Plan einverstanden, Phillip – darf ich Sie Phillip nennen?«
    Tyrer errötete vor Freude über dieses unerwartete Kompliment. »Selbstverständlich, Sir. Vielen Dank, Sir.«
    »Gut. Danke. Vorerst einmal stimme ich Ihrem Plan zu, aber nehmen Sie sich um Gottes willen vor ihm in acht. Vergessen Sie nie, daß alle Morde, bis auf den armen Canterbury, von Ronin begangen wurden.«
    »Ich werde aufpassen, Sir William. Keine Sorge.«
    »Holen Sie aus ihm heraus, was Sie können, aber erzählen Sie’s niemandem und geben Sie mir die

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