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Noble House 02 - Gai-Jin

Noble House 02 - Gai-Jin

Titel: Noble House 02 - Gai-Jin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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und fiel zu Boden, wo er sich hilflos krümmte. Noch immer von Wut getrieben, sprang Yoshi den Liegenden an, hob das abgesplitterte Heft seines Schwertes hoch empor, um es dem Mann zum Todesstoß in die Kehle zu treiben. Um Haaresbreite nur über dem Hals des Mannes hielt er inne: mit jagendem Herzen, berauscht von seiner Selbstbeherrschung und von der Tatsache, daß er diesmal nicht versagt hatte, denn der Sieg war ihm nicht wichtig. Seine aufgestaute Wut war verraucht.
    Zufrieden warf er den abgebrochenen Schwertrest beiseite und begann sich zu entspannen. Der Übungsraum war leer und so spartanisch eingerichtet wie die ganze übrige Burg. Alle drei keuchten vor Anstrengung, der liegende Mann wand und krümmte sich noch immer vor Schmerzen. Dann vernahm Yoshi zu seinem Erstaunen leisen Applaus. Zornig wandte er sich um – auf seinen Befehl hin wurde niemals jemand zu diesen Übungsstunden eingeladen, wo das Ausmaß seiner Kraft eingeschätzt, seine Schwächen beurteilt und seine Brutalität taxiert werden konnte –, aber sein Zorn war sofort verflogen.
    »Hisako! Wann bist du eingetroffen?« fragte er, noch atemlos. »Warum hast du mir nicht einen Boten geschickt, um mir mitzuteilen, daß du kommst?« Sein Lächeln erstarb. »Ärger?«
    »Nein, Sire«, antwortete seine Ehefrau, die an der Tür kniete, fröhlich. »Kein Ärger, nur ein Übermaß an Freude, dich wiederzusehen.« Sie verneigte sich tief; ihr Reitrock und ihre Reitjacke aus haltbarer, schwerer grüner Seide waren von der Reise ebenso gezeichnet wie der gesteppte, passende Übermantel, der breite, unter dem Kinn gebundene Hut und das Kurzschwert in ihrem Obi. »Bitte, entschuldige, daß ich mich unaufgefordert hereingeschlichen und mich nicht erst umgezogen habe, aber, nun ja, ich konnte es nicht abwarten, dich wiederzusehen – und nun freue ich mich noch mehr, denn nun weiß ich, daß du ein besserer Schwertkämpfer bist als jemals zuvor.«
    Er tat, als sei er nicht hocherfreut; dann ging er zu ihr und betrachtete sie eingehend. »Wirklich kein Ärger?«
    »Nein, Sire.« Sie strahlte und verbarg ihre innige Liebe nicht. Weiße Zähne und ebenholzschwarze, schräggestellte Augen in einem klassischen Gesicht; in ihrer Gesamterscheinung strahlte Hisako große Würde aus. »Yoshi«, hatte sein Vater vor neun Jahren gesagt, als er siebzehn war, »ich habe eine Ehefrau für dich. Ihre Blutlinie ist Toranaga, der deinen gleich, wenn auch aus dem geringeren Zweig Mitowara. Ihr Name ist Hisako, das bedeutet in der alten Sprache ›Weizenähre‹, Vorbote von Fülle und Fruchtbarkeit, aber auch ›Vorkämpfer‹, und ich glaube, daß sie in beiden Eigenschaften bestimmt nicht versagen wird…«
    Und sie hat nicht versagt, dachte Yoshi stolz. Inzwischen hat sie zwei prächtige Söhne und eine Tochter geboren und ist noch immer stark, stets klug, eine energische Verwalterin unserer Finanzen – und, selten bei einer Frau, angenehm genug, um gelegentlich mit ihr aufs Kopfkissen zu gehen, wenn auch ohne das Feuer meiner Konsortin oder anderer Freudenpartnerinnen, vor allem Koikos.
    Er nahm ein Handtuch von dem unverletzten Mann entgegen und entließ ihn mit einer Handbewegung. Der Mann verneigte sich stumm und half dem anderen hinauszuhinken.
    Neben ihr kniend, trocknete er sich den Schweiß. »Nun?«
    »Es ist hier nicht sicher, neh?« fragte sie leise.
    »Sicher ist es nirgends.«
    »Zunächst«, erklärte sie mit normaler Stimme, »zunächst, Yoshi-chan, werden wir uns um deinen Körper kümmern: ein Bad und eine Massage, dann können wir reden.«
    »Gut. Es gibt eine Menge zu besprechen.«
    »Ja.« Lächelnd erhob sie sich, um ihn auf seinen forschenden Blick hin abermals zu beruhigen: »Wirklich, in unserer Burg ist alles in Ordnung; deine Söhne sind gesund, deine Konsortin und ihr Sohn sind glücklich, deine Offiziere und Vasallen sind wachsam und gut bewaffnet – alles ist so, wie du es dir wünschen würdest. Ich habe mich nur zu einem kurzen Besuch entschlossen – aus einer Laune heraus«, ergänzte sie für lauschende Ohren. »Ich mußte dich wiedersehen und mit dir einiges über die Burgverwaltung besprechen.«
    Und auch, um mit dir ins Bett zu gehen, mein Schöner, dachte sie im innersten Herzen, während sie, seinen maskulinen Duft in der Nase, zu ihm aufblickte, sich überdeutlich seiner Nähe bewußt war und sich, wie eigentlich immer, nach seiner männlichen Kraft sehnte.
    Während du fort bist, Yoshi-chan, vermag ich meistens ruhig zu bleiben

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