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Noble House 02 - Gai-Jin

Noble House 02 - Gai-Jin

Titel: Noble House 02 - Gai-Jin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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weiter darauf, weil er froh war, endlich offen reden zu können – jedenfalls offener, als es ihm jemals sonst möglich wäre, weil er ihr mehr vertrauen konnte als sonst einem Menschen.
    »Diese Barbaren – waren sie so, wie du sie dir vorgestellt hast, Sire?« erkundigte sie sich. Sie fand alles an ihnen faszinierend: ›Kenne deinen Feind wie dich selbst…‹ Sun-tzu war für sie, ihre vier Schwestern und ihre drei Brüder, zusammen mit Kriegskünsten, Kalligraphie und der Teezeremonie, immer das Hauptlehrbuch gewesen. Außerdem hatten sie und ihre Schwestern sich auf die Lehren ihrer Mutter und ihrer Tanten zum Thema Land- und Finanzverwaltung konzentriert, vereint mit praktischen Methoden des Umgangs mit Männern aller Klassen und auf die überaus wichtige Zukunft. In den Kriegskünsten war sie niemals hervorragend gewesen, doch mit dem Messer und einem Kriegsfächer vermochte sie durchaus umzugehen.
    Yoshi erzählte ihr alles, woran er sich erinnern konnte, und dazu das, was Misamoto von den Gai-Jin in dem Teil Amerikas erzählt hatte, der Kalifornien und zuweilen das ›Land des Goldenen Berges‹ genannt wurde. Dabei verengten sich ihre Augen, aber das fiel ihm nicht weiter auf.
    Als er fertig war, hatte sie noch immer tausend Fragen, die sie aber für später zurückhielt, um ihn nicht zu ermüden. »Du hilfst mir sehr, mir alles richtig vorzustellen, Yoshi-chan. Du bist ein wundervoller Beobachter. Was hast du beschlossen?«
    »Bisher noch nichts. Ich wünschte, mein Vater wäre am Leben, ich vermisse seinen Rat – und den meiner Mutter.«
    »Ja«, sagte sie, obwohl sie froh war, daß beide gestorben waren, der Vater vor zwei Jahren an Altersschwäche, die, als er fünfundfünfzig war, durch den von Ii verordneten Hausarrest verschlimmert wurde, die Mutter bei der Pockenepidemie vom letzten Jahr. Beide hatten ihr das Leben schwergemacht und gleichzeitig Yoshi in ihrem Bann gehalten, und ihrer Meinung nach hatte der Vater seine Pflichten der Familie gegenüber vernachlässigt, indem er immer wieder falsche Entscheidungen traf, während die Mutter die reizbarste, schwierigste Schwiegermutter war, die sie kannte, ihr gegenüber noch schlimmer als die Ehefrauen seiner drei Brüder.
    Die einzige kluge Entscheidung in meinem ganzen Leben, dachte sie, war mein Einverständnis zu der von meinem Vater vorgeschlagenen Heirat mit Toranaga Yoshi. Dafür danke ich ihm. Nun herrsche ich über unsere Ländereien, um sie später an meine Söhne weiterzugeben, die stark, unantastbar und des Herrn Shōgun Toranaga würdig sind.
    »Ja«, sagte sie. »Es tut mir leid, daß sie nicht mehr da sind. Ich verneige mich täglich vor ihrem Schrein und bete, daß ich mich ihres Vertrauens würdig erweisen werde.«
    Er seufzte. Seit dem Tod seiner Mutter hatte er eine sehr starke Leere empfunden, viel mehr als beim Tod des Vaters, den er zwar bewunderte, aber auch fürchtete. Er wußte genau, daß er jedesmal, wenn er ein Problem hatte, zu ihr gehen, sich von ihr trösten, beraten und neue Kraft geben lassen konnte. Traurig sagte er: »Karma, daß Mutter so jung sterben mußte.«
    »Ja, Sire«, gab sie zurück, weil sie Verständnis für seine Trauer und nicht das geringste dagegen hatte, denn so ging es natürlich allen Söhnen, deren oberste Pflicht es war, ihrer Mutter zu gehorchen und sie zu lieben – ihr Leben lang. Diese Leere kann ich ebensowenig füllen, wie die Frauen meiner Söhne die Leere füllen können, die ich einst hinterlassen werde.
    »Was würdest du mir raten, Hisako?«
    »Mir kommen zu viele Gedanken bei diesen viel zu zahlreichen Problemen«, antwortete sie beunruhigt. »Ich fühle mich nutzlos. Laß mich gründlich nachdenken, heute nacht und morgen. Vielleicht kann ich dann einen Vorschlag machen, der dir einen Anhaltspunkt für das gibt, was du tun mußt. Dann werde ich, mit deiner Erlaubnis, am Tag darauf nach Hause zurückkehren, denn eines ist sicher: Wir müssen unsere Verteidigung verstärken. Du mußt mir sagen, was zu tun ist. Vorerst ein paar Bemerkungen, über die du möglicherweise nachdenken könntest: Du solltest die Wachsamkeit deiner Posten intensivieren und heimlich all deine Truppen mobilisieren.«
    »Dazu habe ich mich bereits entschlossen.«
    »Dieser Gai-Jin, der dich nach den Verhandlungen angesprochen hat, ein Franzose, wie du sagst – ich schlage vor, daß du sein Angebot annimmst, eins ihrer Kriegsschiffe mit eigenen Augen von innen zu sehen; es ist äußerst wichtig, daß du es

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