Noble House 02 - Gai-Jin
erklärt, mich zu unterstützen. Ich höre, daß sie noch immer Räume in unserem Haus bewohnt, die mein Sohn ihr gewährt hat. Sie werden später über neue Arrangements unterrichtet werden.
»Wo dinieren Sie? In der französischen Gesandtschaft?« fragte er.
»Ich habe eingewilligt, nebenan mit Mr. Gornt zu speisen.« Sie sah, wie sein Gesicht sich verhärtete. »Es war eine Einladung in letzter Minute, zusammen mit gemeinsamen Freunden, Dimitri und Marlowe. Er bat mich, Sie einzuladen, sich uns anzuschließen und mich zu begleiten, wenn es Ihnen recht ist – sind Sie frei?«
»Tut mir leid, ich kann nicht; ich begleite Sie gern bis dorthin, aber das ist Brock and Sons, er ist der Chef, und wir sind das Noble House.«
»Sie sollten Freunde sein; Sie könnten ja trotzdem Konkurrenten bleiben. Er war tatsächlich mit meinem Mann, mit mir und mit Jamie befreundet.«
»Tut mir leid, aber das ist mein Problem, nicht Ihres.« Er lächelte wieder. »Kommen Sie.« Er nahm ihren Arm, ohne sich die Mühe zu machen, einen Mantel anzuziehen, und sie traten in die Kälte hinaus.
»Guten Abend, Ma’am.« Der Wachmann vor Brock’s verbeugte sich.
»Guten Abend. Danke, Albert. Sie brauchen mich nicht abzuholen, einer von den anderen wird mich nach Hause begleiten. Und nun gehen Sie. Sie werden sich sonst erkälten.« Er lachte und ging. Im selben Moment erschien Gornt, um sie zu begrüßen.
»Abend, Ma’am. Meine Güte, Sie sehen hinreißend aus.«
Während er ihr den Umhang abnahm, wallten ihre Ängste wieder auf. Welche Trümpfe? Aus einem der inneren Räume ertönte Gelächter. Sie erkannte Marlowe, sah, daß der Wachmann gegangen und keine Dienstboten in der Nähe waren; sie waren für einen Augenblick allein: »Edward«, flüsterte sie, und ihre Besorgnis siegte über ihre Vorsicht, »wieso sind Sie so sicher, daß alles gut werden wird?«
»Tess hat mich eingeladen zurückzukommen. Keine Sorge, alles ist unter Kontrolle. Wir unterhalten uns besser morgen bei Ihrem Spaziergang – der heutige Abend eignet sich nur für eine nette Unterhaltung unter Freunden, zum Vergnügen. Ich fühle mich wirklich geehrt, daß Sie meine Einladung angenommen haben – Ihnen habe ich es zu verdanken, daß ich hier der Chef bin.« Gornt nahm ihren Arm und sagte mit normaler Stimme: »Willkommen bei Brock and Sons, Angélique. Wollen wir hineingehen?«
Der Speisesaal war ebenso groß wie der von Struan’s, das Silber genauso gut; der Wein war besser und die Tafeltücher kostbarer. Livrierte chinesische Diener. Marlowe, Pallidar und Dimitri standen vor einem lodernden Feuer und warteten darauf, sie zu begrüßen. Sie küßten ihr die Hand und bewunderten ihren Hut, den sie aufbehalten hatte, wie es üblich war; Marlowe und Pallidar trugen ihre inoffiziellen Uniformen. Während sie die Anwesenden begrüßte und ihnen ruhig zuhörte, dachte sie über Gornt nach, über das, was er gesagt hatte, und über das, was fehlte.
»Wollen wir jetzt Platz nehmen, nachdem unser geehrter Gast uns die Freude seines Erscheinens gemacht hat?« Gornt führte sie zu einem Ende des Tisches und setzte sich selbst an das andere. »Ein Toast!« sagte er und hob sein Champagnerglas. »Auf die Dame!« Sie tranken, und er ließ sie nicht aus den Augen. Es war eine diskrete Einladung. Sie lächelte zurück und ließ weder Ja noch Nein erkennen.
Reichlich Zeit, dachte er, entzückt, der Gastgeber zu sein, und noch mehr von sich selbst entzückt. So vieles war noch zu erzählen. Vielleicht das Beste. Aber nicht für sie.
Am letzten Tag in Hongkong hatte Tess Struan noch einmal nach ihm geschickt, heimlich. »Ich habe alle Papiere durchgesehen, Mr. Gornt. Es ist nicht absolut sicher, daß die Unterstützung, die die Papiere für Ihren Plan bedeuten, den Zusammenbruch von Brock’s herbeiführen wird.«
»Doch, ich glaube, das wird sie tun, Ma’am«, widersprach er beeindruckt von ihrem Gespür für Geschäfte. »Ich glaube wirklich, daß Sie alles haben, was nötig ist, um die Büchse der Pandora zu öffnen.« Das war der Codename, auf den sie sich geeinigt hatten. »Es gibt ein letztes Stückchen des Puzzles, das das Bild vervollständigen und den Erfolg garantieren würde.«
»Und was ist das?«
»Norberts offizieller Chop. Er liegt in seinem Tresor in Yokohama.«
Sie hatte geseufzt und sich in dem geschnitzten Lehnstuhl zurückgelehnt. Keiner von beiden brauchte zu erwähnen, daß dieser Chop, korrekt angebracht und zur Bestätigung datiert,
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