Noch einmal leben
kennen. In einer Stunde können Sie dann nach Hause gehen.“
„Sie waren sehr nett, Leonards.“
„Vielen Dank.“
„Vielleicht können wir beide einmal etwas Nettes zusammen unternehmen.“
Er wirkte völlig hilflos und verwirrt. „Ich fürchte – das ist – ich will sagen …“
„Ist schon gut. Bringen Sie mich bitte in die Ruhekammer.“
Dort angekommen ließ sie sich auf ein Webschaumbett nieder, schloß die Augen und sandte ihren Geist aus, um den Schatz von Tandy Cushings Erfahrungen zu erkunden. Es war Risa etwas peinlich, das ältere Mädchen so ungeschützt vor sich präsentiert zu sehen. Aber sie beruhigte sich damit, daß sie das Recht besaß, das, was sie gekauft hatte, zu studieren. Und überhaupt, tat Tandy in diesem Augenblick nicht das gleiche mit Risas Seele? Per definitionem waren sie jetzt eine Person; sie mußten sich alles teilen.
Risa spürte kein Bedauern. Ihre Ängste hatten sich in nichts aufgelöst. Sie fühlte nur eine ungeheure Befriedigung darüber, daß sie ein Transplantat angenommen und dabei die richtige Wahl getroffen hatte.
Risa lächelte. Sanft sagte sie zu Tandy: „Ich lasse uns beide in ein bis zwei Wochen aufzeichnen – nur für alle Fälle.“
- Gut. Und dann möchte ich, daß du mir hilfst herauszufinden, auf welche Weise ich wirklich gestorben bin.
7
„Besucht Jubilisle!“, brüllte der Ausrufer. „Spiele, Vergnügungen, Abenteuer! Nur lumpige drei Dollar für die Fahrt! Jubilisle! Jubilisle! Jubilisle!“ Kugeln glühenden Lichtes trieben frei über dem Battery Park: sanfte indigofarbene Bälle berührten gelbe und verstärkten so die Botschaft des Ausrufes mit subtileren Bitten, vielfarbigem Geflüster: Jubilisle, Jubilisle, Jubilisle …
Es war Nacht. Die Luftkissenfähre wartete am Pier, Menschenmassen schoben sich vorbei, drängten auf die Fähre zu. Menschen in einfachen Kleidern; Menschen, die wie die unteren Schichten angezogen waren. Manche von ihnen schwenkten sogar Bargeld in Händen. Aufmerksame Wächter standen dabei, bereit, sofort einzuschreiten, wenn die Menge außer Kontrolle geriet. Charles Noyes spürte urplötzlich Widerwillen in sich. Alles an diesem Ausflug stieß ihn auf einmal ab: das Geschrei des Ausrufers, die Gesichter der Leute, die an ihm vorbeidrängten, die allzu kitschige Aufmachung der wartenden Fähre, die Wächter. Er wandte sich der attraktiven Frau an seiner Seite zu.
„Laß uns nicht dorthin gehen, Elena“, bat er.
„Aber du hast es mir doch versprochen!“
„Kann ich denn meine Meinung nicht ändern?“
„Schon seit Monaten wollte ich ins Jubilisle. Mark geht ja nie mit mir dorthin. Und jetzt willst du auch …“
Schweiß strömte von seinem Gesicht. „Ich habe erst vor ein paar Tagen die Klinik verlassen. Dieser Lärm hier, der Tumult – das macht mich ganz fertig.“
Sie sah ihn beleidigt an. „Erst sagst du ja, dann sagst du nein. Genau so heißt du doch auch, nicht wahr? No-yes. Enttäusche mich nicht so, Charles.“
- Nun reiß dich mal zusammen, Kerl! tönte Kravchenko. Es wird ihr nicht gefallen, wenn du jetzt einen Rückzieher machst.
„Die Fähre legt ab“, schrie der Ausrufer. „Beeilung, meine Herrschaften, rasch, rasch! Spiele! Vergnügungen! Drei lumpige Dollar, mehr kostet’s nicht dorthin!“
Elena bat ihn stumm mit den Augen. Sie sah überwältigend schön aus. Ihr üppiger Körper war in glitzernde Tücher aus einem unbestimmbaren, dunkelgrünen Gewebe gehüllt, das jede Kontur ihrer majestätischen Hüften, ihrer Brüste und ihres Hinterteils betonte. Elenas schwarzes, schimmerndes Haar fiel bis auf die Schultern hinab. Sie fiel so auf, daß selbst die dichtgedrängte Menge voller Achtung einen Schritt von ihr zurückwich. Noyes blickte in die großen, dunklen, samtenen Augen. Er betrachtete die makellose Nase und die vollen glänzenden Lippen.
Kravchenko sandte gefällig eine Erinnerung eigener Wahl aus der Welt seiner Eindrücke hoch: die nackte Elena in Kravchenkos Junggesellenbude in Rom wie eine Venus von Tizian auf einem Diwan ausgebreitet. Eine Hand ruhte scheu auf der Wölbung ihres Venushügels, die Augen zwinkerten, ihre Brüste hoben und senkten sich, die dunklen Brustwarzen waren aufgerichtet, ihr Körper straffte sich erwartungsvoll.
- Wenn du sie jetzt enttäuschst, kannst du nie mehr bei ihr landen, Jungchen. Nun heißt’s jetzt oder nie; sie wird es dir nie verzeihen.
„Also gut“, sagte Noyes. „Ich will zu meinem Wort stehen. Auf Elena,
Weitere Kostenlose Bücher