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Noch einmal leben

Noch einmal leben

Titel: Noch einmal leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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von Jubilisle befanden. Noyes blieb stehen, um sie zu studieren, aber Elena zog ihn weiter. „Laß uns einfach bummeln“, sagte sie. „Eine Ebene ist so gut wie die andere.“
    „Das stimmt nicht ganz. Sie sind auf bestimmte Bevölkerungsschichten zugeschnitten.“
    „Na und? Heute abend schlendern wir einfach mal herum.“
    Achselzuckend willigte er ein. Die beiden gingen die Fußgängerrampe zu Ebene D hoch. Noyes war aufgrund seiner seltenen früheren Besuche schwach mit der Struktur von Jubilisle vertraut. Er erinnerte sich, daß die Vergnügungsinsel auf raffinierte, verwirrende Weise als eine Reihe von Labyrinthen und Sackgassen angelegt war. Der Besucher bekam nie einen klaren Überblick. Man konnte stundenlang durch Jubilisle laufen, ohne überhaupt festzustellen, wieviel man bereits hinter sich gebracht hatte und wieviel noch vor einem lag. Dahinter steckte natürlich die Absicht, die Besucher zu der Einsicht zu bringen, daß es unmöglich war, bei einem Besuch mehr als nur einen kleinen Teil der Vergnügungsparks zu sehen, und man daher immer wieder aufs neue nach Jubilisle kommen mußte.
    Die Insel war so eingeteilt, daß sie jeder Gehaltsklasse etwas zu bieten hatte: von den Wohlfahrtsempfängern bis zu denen, die sich ein Dutzend Transplantationen leisten konnten. Im allgemeinen fühlten sich die unteren Mittelschichten am stärksten von Jubilisle angezogen – diejenigen, für die der Scheffing-Prozeß unerschwinglich war, die aber dennoch über das nötige Kleingeld verfügten, um sich einen flotten Abend zu machen. In Jubilisle wurde kein Eintritt verlangt. Roditis machte seinen Profit teilweise mit den Fährgebühren, größtenteils aber mit eigenen Buden, Automaten und Konzessionen an andere. Noyes hatte die Finanzaufstellung gesehen: jeder Besucher ließ im Durchschnitt fünfzehn Dollar auf der Vergnügungsinsel zurück; davon bezog Roditis einen Reingewinn von fünfunddreißig Prozent. Mit einer halben Million Besuchern an normalen Tagen und etwa drei bis vier Millionen an Samstagen, wo von Sonnenuntergang bis zum Morgengrauen Betrieb herrschte, konnte man leicht die Quelle von Roditis’ Vermögen erkennen. Mittlerweile waren Jubilisle natürlich auch Konkurrenten erwachsen, aber diese Vergnügungsinsel war die erste ihrer Art gewesen und immer noch die erfolgreichste. Der mächtige Kaufmann-Clan, der seine Chance verpaßt hatte, in Jubilisle Teilhaber zu werden, hatte nicht gewagt, selbst etwas Ähnliches zu eröffnen. Das freute Roditis natürlich. Offiziell behaupteten sie, kein Interesse daran zu haben, den niederen Begierden der Ignoranten Vorschub zu leisten. Aber Noyes wußte, es entsprach wohl eher der Wahrheit, daß die Kaufmanns dem Vergnügungsinsel-Geschäft aus Furcht davor fernblieben, sie könnten an Roditis Erfolg gar nicht erst herankommen.
    Im Herzstück von Jubilisle fand man die teuersten Vergnügungen. Diejenigen, die um hohe Summen spielen, teure sexuelle Perversionen genießen oder sich den verbotenen sensorischen Stimulationen schwarzgehandelter Drogen ergeben wollten, suchten meist direkt diesen Teil von Jubilisle auf. Noyes war wie Elena jedoch nur als Gelegenheitsbesucher gekommen, die beiden zogen planlos durch die schimmernden Hallen, Galerien und Räume.
    Ziemlich am Rand der Insel befand sich ein Spielpavillon, wo der Rhythmus explodierender Atome Gewinn oder Niete regelte. Ein Ausrufer behauptete, dieses Spiel werde ausschließlich vom Zufall gelenkt und müsse daher als durch und durch ehrlich angesehen werden. „Jeder hat hier die gleichen Chancen, Leute. Ich kann Ihnen ja mal im Vertrauen erzählen, daß manche Spiele vor allem den Besitzer begünstigen, aber hier nicht, Leute, nicht hier! Kommen sie doch näher …“
    „Meinst du, das stimmt?“ fragte Elena. „Ein Spiel, das nur vom Zufall gelenkt wird?“
    „Schon möglich“, erklärte Noyes. „Du mußt bedenken, daß diese Bude sich am Rand der Insel befindet. Wenn die Leute hier echt was gewinnen können, werden sie ermutigt, ihr Glück bei den anderen Spielen zu versuchen, die dann sicher nicht so ›unparteiisch’ sind.“
    „Aber Roditis muß dann doch bei diesem Spiel hier Geld verlieren.“
    Noyes schüttelte den Kopf. „Wenn es wirklich ehrlich, also vom Zufall bestimmt ist, nicht. Er wird statistisch gesehen genauso viel verlieren, wie er gewinnt Roditis macht hier also keinen Profit, aber das fällt kaum ins Gewicht. Es ist sozusagen ein werbewirksamer Verlust. Sollen wir es mal

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