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Noch einmal leben

Noch einmal leben

Titel: Noch einmal leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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Ausrüstung nach dem Unfall zu untersuchen?“
    „Alles war zerbrochen oder irreparabel beschädigt, Mark. Aus diesen Trümmern ließ sich nichts mehr erkennen.“
    „Und warum hat es dann an Ort und Stelle keine Autopsie gegeben?“
    Risa zuckte die Achseln. „Wenn ein Mädchen aus hundert Metern Höhe abstürzt, hat es doch wenig Sinn, ihren zerschmetterten Körper einer Autopsie zu unterziehen, oder? Wer denkt in einem solchen Moment schon daran, daß sie schwanger sein könnte?“
    „Und was geschieht jetzt mit diesem Dybbuk?“
    „Claude? Nun, der ist des Doppelmords angeklagt. Die Geistesuntersuchung hat bewiesen, daß er Tandy Cushing umgebracht hat. Und an dem, was er seinem Wirt angetan hat, bestehen auch nur geringe Zweifel. Also hat die Staatsanwaltschaft die völlige Löschung beantragt. Claude Villefranche soll komplett ausgemerzt werden. Morgen früh wird er nach New York gebracht, wo man im Scheffing-Institut die Löschung durchführen will. Sie merzen ihn völlig aus dem Gehirn seines Wirts aus und wollen auch alle Aufzeichnungen von ihm löschen.“
    „Du mußt ja sehr stolz auf dich sein, dieses Verbrechen aufgeklärt zu haben, Risa.“
    „Eigentlich hätte ich das ohne die Hilfe von Tandy nie geschafft. Sie war diejenige, die ihn des Mordes verdächtigt hat, und sie hat Claude als Dybbuk erkannt. Danach brauchte man eigentlich nur noch sein Bewußtsein zu untersuchen.“
    „Und auch die Gebärmutter von Tandy Cushing“, bemerkte Kaufmann.
    „Ja, die auch. Nun, jetzt haben wir das ja alles hinter uns.“
    „Da bin ich aber froh, Risa. Bist du jetzt mit deinem Detektivspiel fertig?“
    „Ich denke doch. Warum?“
    „Es wäre nett, wenn du in der nächsten Zeit mal wieder öfters zu Hause wärst, jetzt, wo diese Geschichte vorüber ist.“
    „In einer Woche bin ich wieder daheim“, sagte sie. „Ist das in Ordnung?“
    „Sehr schön“, sagte Mark. „Hast du noch genug Geld?“
    „Ich belaste einfach das Familienkonto. Das ist doch in Ordnung, oder?“
    „Sei gnädig“, erklärte er ihr.
    „Aber sicher. Bis bald.“
    Aus ihren müden Augen zwinkerten Wärme, Liebe und verwandtschaftliche Gefühle. Mark lächelte sie an. Risa war ein feines Mädchen, sagte er sich. Ein positiver Familienzuwachs. In ihr schien wahre Größe zu stecken. Er warf ihr eine Kußhand zu, bevor der Bildschirm dunkel wurde.
    Wie schade, daß sie ein Mädchen ist, dachte Mark.
    Natürlich konnte man so etwas vor der Geburt ändern lassen, aber Kaufmanns Frau war sehr zierlich, daher hatte er auch keinen Wert daraufgelegt, in ihrer Gebärmutter irgendwelche Veränderungen vornehmen zu lassen. So hatten die beiden es darauf ankommen lassen und ein Mädchen bekommen, danach hatten sie keine Kinder mehr in die Welt gesetzt. Trotzdem dachte und entschied Risa wie ein Mann. Die Zeit würde kommen, wo sie in die Familienunternehmen als vollberechtigter Partner eintreten würde. Mark wußte, sie würde sich dort behaupten. Sein einziger Einwand gegen ihr Geschlecht war ästhetischer Natur: eine Frau an der Spitze einer Firma kam ihm irgendwie äußerst unattraktiv vor, ganz gleich wie schön sie auch sein mochte. Dieser Gedanke stammte natürlich aus dem finstersten Mittelalter, und das wußte Kaufmann auch. Aber er konnte sich nicht von der Vorstellung lösen, daß es eigentlich etwas Häßliches war, eine Frau vor sich zu sehen, die an einer Datenkonsole arbeitete und Entscheidungen traf, bei denen es um Millionen Dollar ging. Frauen sollten sanftere Wesen sein. Aber an Risa ließ sich trotz ihrer Weiblichkeit nichts Sanftes ausmachen. Es würde sicher interessant sein, ihre Entwicklung im Verlauf der Zeiten zu beobachten, wenn sie beide von einer Wiedererweckung zur nächsten gelangten.
    Er wandte sich dem Börsenbericht zu. Drei schnelle Verkäufe brachten ihm einen hübschen Profit ein. Ein gutes Omen.
    Bis zum Ende der Woche würde er die ganze Gerissenheit von Paul Kaufmann seiner eigenen hinzugefügt haben. Endlich. Endlich war es soweit. Natürlich mußte er sich danach vorsichtiger bewegen, damit niemand dahinterkam, daß er ein illegales Transplantat in sich trug. Und Roditis würde erst verblüfft sein, wenn er feststellen mußte, daß jeder seiner Strategien trotz der Inspirationen von Onkel Pauls Bewußtsein mit ebensoviel Cleverness begegnet wurde. Ob er darauf kommen würde, daß ein zweiter Paul Kaufmann gegen ihn agierte? Ob der Grieche sich eine solche Möglichkeit überhaupt vorstellen konnte –

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