Noch einmal - mit viel Liebe
Andererseits – hatte er im Ernst erwartet, Darby Lloyd würde sich mit weniger zufriedengeben?
„Kann ich Ihnen helfen?“ Eine Pflegerin mittleren Alters im Krankenschwesterkittel beugte sich über den Empfangstresen und schenkte Nick ein strahlendes Lächeln.
„Ich möchte Darby Lloyd besuchen“, erwiderte er und stellte anerkennend fest, dass sie ihr Lächeln beibehielt, wenn sie ihre Überraschung auch nicht völlig verbergen konnte.
„Sehr gern. Darby bekommt nicht oft Besuch und wird sich bestimmt freuen.“
Wohl kaum, dachte Nick und verbiss sich ein ironisches Lächeln.
Während er der Krankenschwester durch mehrere Gänge folgte, betrachtete er die geschmackvoll angeordneten Antiquitäten, die zahlreichen Gemälde an den Wänden und den auf Hochglanz polierten Boden aus tasmanischer Eiche, der im Licht des späten Nachmittags glänzte.
Vor einer Tür aus Mahagoni blieb die Frau stehen. „Bitte halten Sie Ihren Besuch kurz“, bat sie Nick. „Darby hat erhöhten Blutdruck und neigt dazu, sich zu überfordern.“
„Ich verspreche es.“
Nick zwinkerte ihr zu und wurde mit einem verlegenen Lächeln belohnt, bevor die Pflegerin sich errötend umwandte und davoneilte.
Er atmete tief durch, klopfte und trat ein.
„Hallo, Mr. Lloyd, ich bin es, Nick Mancini.“
Er hatte sich innerlich auf das Treffen mit dem Mann vorbereitet, den er so viele Jahre gehasst hatte. Doch auf das starke Mitleid, das ihn beim Anblick des blassen, gebrechlich wirkenden alten Mannes erfasste, war er nicht vorbereitet.
Aus dem dominanten, rücksichtslosen Darby Lloyd, der stets mit seinem Geld geprahlt hatte, war ein von schwerer Krankheit gezeichneter Mann geworden, der von mehreren Kissen gestützt wurde und durch dessen Gesicht sich tiefe Falten zogen.
Nick, der die Angelegenheit möglichst schnell hinter sich bringen wollte, räusperte sich.
„Was, verdammt noch mal, willst du denn hier?“, fuhr Darby ihn an.
„Wir müssen uns unterhalten.“
„Ich habe dir nichts zu sagen, also verschwinde!“
Er ist also noch immer ein übellauniger Griesgram, stellte Nick fest, ließ sich jedoch nicht beirren. „Ich werde verschwinden, aber zuerst müssen Sie mir zuhören“, sagte er, so ruhig er konnte. Denn er wollte den alten Mann, dessen Gesicht nun eine unschöne scharlachrote Farbe angenommen hatte, nicht noch mehr aufregen.
„Und worüber willst du reden? Über die Heirat mit meiner Tochter? Darüber, dass du Schande über unsere Familie gebracht und unseren Namen in den Schmutz gezogen hast?“ Abrupt setzte Darby sich auf und ballte eine Hand zur Faust. „Ich will nichts davon hören. Genügt es dir denn nicht, dass du gewonnen hast?“
Auch Nick ballte nun die Hände zu Fäusten – in den Taschen seiner Jacke, denn er wollte um jeden Preis gelassen und ungerührt wirken. Bevor er etwas erwidern konnte, setzte Darby sich auf. Sein Nacken war deutlich angespannt, seine Miene wütend, und der Glanz seiner Augen wirkte fast ein wenig besessen.
„Dass ich in diesem gottverlassenen Ort gefangen bin, bedeutet nicht, dass ich dumm bin. Ich weiß genau, warum du Brittany geheiratet hast. Weil du dich an mir rächen willst! Das hat das dumme Mädchen jetzt davon, dass sie sich mit deinesgleichen abgibt. Keinen einzigen Cent wird sie mehr von mir bekommen! Ich habe ihr schon mehr als genug für ihr neues Leben in London überlassen. Wenn du also auf ein hübsches kleines Finanzpolster für eure Ehe gehofft hast, Mancini – dann hast du Pech gehabt.“
Nick fluchte in Gedanken. Er wollte einfach nicht glauben, was er da gerade gehört hatte. Die Heftigkeit von Darby Lloyds Hass erschütterte ihn bei Weitem nicht so sehr wie die absolute Gleichgültigkeit des alten Mannes gegenüber seinem einzigen Kind. Er zwang sich zu einer äußerlichen Gelassenheit, die Darby mit Sicherheit zur Weißglut treiben würde.
„Da irren Sie sich. Meine Heirat mit Brittany hat weder mit Ihnen noch mit irgendetwas zu tun, was in der Vergangenheit passiert ist. Ist Ihnen Ihre Tochter denn so unwichtig, dass Sie mir gegenüber nicht einmal die Grundregeln der Höflichkeit einhalten wollen?“
Als Darbys Gesicht noch stärker rot anlief und der alte Mann sich wieder zurücksinken ließ, wusste Nick, dass sein Besuch ein Fehler gewesen war. Darby Lloyd hatte offenbar nichts dazugelernt. Er war noch immer so voreingenommen wie früher.
„Verschwinde, Mancini! Und lass dich hier nicht mehr blicken!“
Kopfschüttelnd öffnete Nick
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