Noch Einmal Sollst Du Buessen
transportierten Gäste zu den Balkons, die die Halle umliefen. Mitten im Foyer prangte ein Springbrunnen aus Marmor, dessen Fontäne zwei Meter hoch sprudelte.
O ja, dieses Hotel war so atemberaubend, wie Victor Montgomery es sich vorgestellt hatte, und die rauschende Eröffnungsparty kündete bereits von seinem Erfolg. Adam spülte seine Bitterkeit mit einem Schluck Champagner hinunter und mischte sich unter die Gäste. Man musste einen kühlen Kopf haben, um den Festtrubel unbeeindruckt hinzunehmen.
In einer Ecke der Halle, nahe bei einem der drei Restaurants, erhob sich aus einem türkisfarbenen Pool ein drei Meter hoher Neptun aus Eis, zu seinen Füßen Nixen und fantastische Seewesen, die ihm huldigten.
Wie der gute alte Victor und seine Gefolgschaft, dachte Adam, und im selben Moment erblickte er Kate Delany, Victors Assistentin und den Gerüchten nach seine Geliebte. In schimmerndes Weiß gekleidet, das dunkle Haar zu einer Hochfrisur getürmt, agierte Kate als Gastgeberin. Ihr Lächeln war einstudiert, aber freundlich. Geübt in charmant-unverbindlicher Konversation, schwebte sie von einer Gästegruppe zur nächsten und gab mit ihrem strahlenden Blick jedem das Gefühl, die Hauptperson zu sein.
Die eigentliche Hauptperson hatte noch nicht ihren großen Auftritt gehabt. Auch nicht Victors Tochter. Wieder sah Adam sich suchend um, in der Hoffnung, Marnie zu entdecken. Die schöne, reiche Marnie Montgomery, der einzige Besitz, den Victor höher schätzte als alle seine Hotels zusammen. Sein einziges Kind, verwöhnt und verhätschelt, auf die besten Schulen geschickt, auf dem exklusivsten College eingekauft und nach dem glorreichen Abschluss mit einem gewichtigen Titel belohnt: Leiterin der PR-Abteilung.
Trotz Adams Wut auf alles, was auch nur entfernt mit Montgomery-Hotels zu tun hatte, fand er an Marnie nichts auszusetzen. Ungeachtet ihrer Reicher-Leute-Kind-Erziehung war an ihr etwas Besonderes. Das versteckte Lachen in ihren Augen, die Spur von Wehmut in ihrem Lächeln, ihr feiner Humor und ihr unkompliziertes Wesen.
All das hatte Adams Vorurteil über das reiche, von einem allzu nachsichtigen Vater verzogene und von gut bezahlten Kindermädchen verpäppelte Kind ins Wanken gebracht. Marnie war mehr als die verwöhnte Tochter aus reichem Haus. Groß und schlank, mit ihrem fein geschnittenen Gesicht, dem hellblonden Haar und diesen strahlend blauen Augen, die ihn von Anfang an fasziniert hatten, war sie eine Schönheit. Ihr Verlobter Kent Simms, einer von Victors aalglatten Jasagern, konnte sich beglückwünschen.
Keine gute Wahl, Marnie, dachte Adam, während er abwesend das Collier einer üppigen Rothaarigen betrachtete. Na ja, wahrscheinlich war Marnie Montgomery doch aus demselben Holz geschnitzt wie ihr Vater.
Kent Simms. Er passte perfekt ins Bild. Maßlos ehrgeizig und erfolgsbesessen, interessierte Kent sich mehr für das große Geld als für die große Liebe. Eine Ehefrau passte zu ihm genauso wenig wie ein Frack zu einem Cowboy. Auch wenn die Auserwählte die Tochter des Chefs war, die Ehe würde nicht lange halten.
Aber Kent Simms war Marnies Problem. Adam hatte sein eigenes.
Er hörte hinter sich einen überraschten Laut. Er drehte sich halb um und sah aus dem Augenwinkel, wie eine große, auffallend dünne Frau im schwarzen Samtkleid schnell den Blick abwandte.
Sie hat mich erkannt, dachte er triumphierend, hob sein Glas und trank ihr schweigend zu. Rosa Trullinger, die Innenarchitektin.
Rosas Wangen röteten sich leicht. Sie entfernte sich eilig und steuerte auf eine größere Gruppe an der Bar zu, nachdem sie Adam einen scharfen Blick über die Schulter zugeworfen hatte.
Adam sah, wie sie einer mit Brillanten behängten, in blauer Seide gekleidete Frau etwas zuflüsterte. Die Frau drehte sich um, zog die Augenbrauen hoch und musterte Adam neugierig. In ihren Augen erschien ein Glitzern, das weit mehr als milde Belustigung ausdrückte. Es war eine unmissverständliche Aufforderung. Die Dame in Blau gehörte offenbar zu jenen Frauen, die sich zu gefährlichen Männern, zu gesellschaftlichen Outsidern hingezogen fühlten.
Sie flüsterte mit Rosa.
Perfekt, dachte Adam, und es zuckte um seine Mundwinkel. Es würde nicht mehr lange dauern, bis Victor wusste, dass er hier war.
2. KAPITEL
Marnie steckte ihr Haar mit einem strassbesetzten Kamm zurück, betrachtete ihr Spiegelbild und schüttelte den Kopf. Sie zog den Kamm wieder heraus und warf ihn auf den Frisiertisch. Bloß nicht
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