Noch immer schwelt die Glut
Paris für ihre Sache zu werben, mit Erfolg.«
»Wer sind die Werber?« fragte ich, indem ich Miroul einen Wink gab, die Namen zu notieren.
»Oh, derer sind viele!« sagte Mosca, dem mein Zeichen |245| nicht entgangen war. »Jeder wirbt in seiner Körperschaft oder bei seinen Untergebenen oder seinen Nachbarn.«
»Meister Mosca«, sagte ich, »zwanzigtausend Ecus sind eine Menge Geld, dafür müßt Ihr schon etwas genauer werden.«
»Monsieur«, sagte Mosca seufzend und seine füchsische Nase reckend, »ich tue, was Ihr verlangt, sofern ich nur sicher sein kann, daß Euer Sekretär durchweg Leo schreibt und nicht Mosca.«
»Res effecta, leo«,
1 sagte Miroul. Seit er mein Sekretär war, schmückte er sich mit seinem Latein.
»Promissio boni viri fit obligatio.«
2
»Alsdann«, sagte Mosca, neuerlich seufzend. »Aber es fällt mir schwer, diese Namen preiszugeben, schließlich schätze ich ihre Träger, und ich würde sie nicht verraten, wenn meine Königstreue es mir nicht zur Pflicht machte.«
»Wenigstens einmal eine ehrenwerte Regung!« sagte Giacomi.
»Die Namen, Mosca«, sagte ich, keine Ausflüchte duldend.
Endlich nannte er sie. All diese Namen und diese vielen Informationen entsetzten mich, und sosehr ich mich auch bemühte, mir nichts anmerken zu lassen, zernagte mich doch im stillen die Sorge, daß Paris bei so vielen gewaltbereiten Ligisten und hetzerischen Pfaffen für den König bereits verloren war. Worauf die Waffenanhäufungen, die Werbemaßnahmen und geheimen Beratungen denn abzielten, fragte ich Mosca.
»Nun«, sagte er, »das Ziel ist die Einnahme von Paris durch die Heilige Liga! Der König soll im Louvre ergriffen werden, dann folgt die Niedermetzelung seiner Räte, Offiziere und Favoriten, der Parlamentsvorsteher, der ›Politiker‹ und all der Adligen, die dem König Hilfe leisten. Die Pläne sind fertig! Das Pulver bereit! Fehlt nur noch der Funke, der einerseits von der Armee kommen soll, die Guise sammelt, und andererseits von der spanischen Armee.«
»Die muß ja erst einmal die Pyrenäen überschreiten«, sagte ich spöttisch.
|246| »Nein, nein, Monsieur!« ereiferte sich Mosca, »gar nicht nötig. Die Liga beabsichtigt, in Kürze Boulogne samt seinem Hafen in ihre Hand zu bringen, damit die Armee Philipps II. dort landen kann.«
Ich sah, wie Mosca sich auf die Lippen biß, daß er zu weit vorgeprescht war, aber ich setzte ihm durch Schmeicheleien und Drohungen zu, bis er mit dem Ganzen herausrückte.
»Der Plan«, sagte er, »wurde in den letzten zwei Tagen im Haus der Jesuiten geschmiedet. Sie haben den Vogt Vétus angeworben, der alle Vierteljahre nach Boulogne zu gehen pflegt. Wenn man ihm fünfzig gute Soldaten als Eskorte mitgibt, kann er sich eines Stadttores bemächtigen und es dann dem Herzog von Aumale, einem Vetter Guises, und seinen im Umland liegenden Truppen übergeben.«
Ich war über das Gehörte so erschrocken, daß ich kaum schlafen konnte, nachdem Mosca uns verlassen hatte, indem er wiederzukommen versprach, sobald ich ihn dazu auffordern ließe. Die geplante Einnahme von Boulogne, der sich die spanische Invasion anschließen sollte, bedrohte nicht allein den König und das französische Reich, sondern, wie mir plötzlich klar wurde, auch Königin Elisabeth, unsere natürliche Verbündete gegen die papistischen und guisardischen Machenschaften. Denn wurde dies alles nicht von Jesuiten betrieben, deren leidenschaftlichen Eifer für die Rückeroberung Englands ich kannte?
Ich sah den König beim Lever. Unter dem Vorwand, ihm den Puls zu fühlen, betrat ich seine Bettgasse und übergab ihm meine Denkschrift, indem ich ihm zuraunte, daß sie höchst Wichtiges enthalte. Er werde sie lesen, sagte er, sobald er seine Andacht verrichtet und dem englischen Gesandten die erbetene Audienz gegeben habe, ich möge solange im Vorzimmer warten.
Kaum dort, wurde ich am Arm gepackt, diesmal aber ganz freundschaftlich, und Laugnac de Montpezat bat mich vielmals um Entschuldigung, daß er mich am Vorabend mit fünf seiner »Fünfundvierzig« festgenommen und durchsucht hatte. Er habe eben nicht die Ehre gehabt, mein Gesicht zu kennen, denn er sei an den Hof gekommen, als ich mit dem Herzog von Epernon nach der Guyenne reiste, und nach meiner Rückkehr hätte ich mich plötzlich auf meine Güter zurückgezogen. |247| »Zurückgezogen«, nichts von Verbannung, und an seinem schlauen Lächeln sah ich, daß er mir auf den Zahn fühlen wollte. Und weil ich mir sagte, daß es
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