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Noch immer schwelt die Glut

Noch immer schwelt die Glut

Titel: Noch immer schwelt die Glut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merle Robert
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in solchem Fall gescheiter ist, zu reden als zu schweigen, verschanzte ich mich hinter meiner périgurdinischen Liebenswürdigkeit, die seiner gascognischen Beredsamkeit in nichts nachstand, so daß wir beide ganz Honig und ganz Lächeln waren, während wir einander belauerten und ich wenig Gefallen an meinem Gegenüber fand, obwohl Laugnac ein sehr schöner und stattlicher Mann war, nach Haut, Haar und Augen zu urteilen ein halber Sarazene, aber mit einer zudringlichen Neugier im Gesicht, die mir wenig behagte.
    Während wir plauderten, erschien Lord Stafford, der sich zum König begab. Alle Anwesenden verneigten sich tief und erhielten zur Antwort ein sprödes Kopfnicken.
    »Es heißt«, sagte Laugnac, indem er mir liebevoll den Arm umlegte, »Lord Stafford sei hier, um Seiner Majestät den Hosenbandorden anzutragen, den König Elisabeth ihm verleihen wolle, falls er einwillige. Meint Ihr, das ist wahr?«
    »Ach, Laugnac!« sagte ich, »was soll ich dazu meinen? Ihr wißt es doch besser als ich!«
    »Man hat Euch aber«, sagte Laugnac lächelnd, »bei der Marschallin von Joyeuse in angelegentlichem Gespräch mit Lady Stafford gesehen.«
    »Laugnac«, sagte ich, sein Lächeln erwidernd, »wer unterhielte sich gelegentlich nicht gerne mit einer so hohen und schönen Dame, deren Tugend übrigens eine zusätzliche Schönheit ist!«
    Hierauf verließ er mich, wiederum lächelnd, und ich war froh, den lästigen Frager loszusein, sehr bezweifelnd, daß seine neue Gunst allzugut gegründet sei. Ich diente meinem geliebten Gebieter nun über zehn Jahre und traute, ehrlich gesagt, jenen Höflingen nicht über den Weg, die sich Heinrichs Freundschaft in zehn Monaten gewannen. Sie stiegen auf wie Schaum, und wer wußte denn, ob sie selbst anderes waren und ob ihre Ergebenheit nicht beim ersten Gegenwind wie eine Blase zerplatzte?
    Der König empfing den englischen Gesandten in seinen Privatgemächern – worüber unter den Guisarden viel gemunkelt und orakelt wurde, aus Ärger, daß sie nichts hatten erlauschen |248| können wie bei den öffentlichen Audienzen. Gegen zehn Uhr ließ er mich rufen.
    »Siorac«, sagte er, kaum daß ich eintrat, »wenn wahr ist, was dein Bericht enthält, stehen ernste Dinge bevor. Nur, ist er wahr? Wer ist denn schon dieser Leo oder Mosca oder Poulain?«
    »Sire, er ist der käuflichste Halunke der Schöpfung. Für Geld würde er seine Großmutter verkaufen.«
    »Also könnte er auch gelogen haben.«
    »Er könnte. Trotzdem, Sire, glaube ich das Gegenteil. Aus zwei Gründen: Zum einen hat er sich selbst der Waffenkäufe bezichtigt, zum anderen hat er den Plan zur Einnahme von Boulogne enthüllt. Und daß der keine Erfindung ist, wird sich eines nahen Tages zeigen.«
    »Auf jeden Fall«, sagte der König, »muß man dem zuvorkommen und Monsieur de Bernay, der in Boulogne befehligt, unterrichten. Aber wie, ohne daß es ruchbar wird und die Ratten die Flucht ergreifen? Es kann nicht auf gewöhnlichem Wege geschehen.«
    »Sire«, sagte ich, »befehlt, und ich mache mich auf! Dann wißt nur Ihr davon und ich.«
    »Ha, Siorac!« sagte Heinrich, »dein Diensteifer gefällt mir, und ich liebe dich dafür! Aber ich will dich nicht abermals in tödliche Gefahren bringen.«
    »Sire, deshalb gehe ich auch nicht mit offenem Visier, sondern verkleide mich als Händler.«
    »Als Händler!« rief der König begeistert, »und was willst du in Boulogne verkaufen?«
    »Hauben, Sire. Wie ich höre, ist Madame de Bernay jung und hübsch, und ich wette, es wird sie sehr interessieren, was in Paris die Mode ist.«
     
    Ich hatte mich mit den Hauben ein bißchen weit aus dem Fenster gelehnt, denn Alizon zu überreden, daß sie mich begleite, war keine so leichte Sache. Sie wollte ihr Geschäft auf so lange Zeit nicht verlassen, obwohl sie ihrem ersten Gesellen voll vertraute, welcher kein anderer war als jener Baragran, mit dem gemeinsam sie zehn Jahre für den Geizhals Recroche gefront hatte und den sie nach dessen Tod selber einstellte, als sie sich mit einem Putzmachermeister verheiratete, der vor zwei Jahren |249| starb. Früher hatte sie mit Baragran in ständigem Streit gelegen, weil er, wie sie fand, besagtem Recroche zu gefügig diente. Meisterin geworden, schätzte sie die Fügsamkeit des armen Baragran jedoch als Gehorsam, Treue und Redlichkeit, und sicherlich hätte sie ihn jetzt zum Mann genommen, hätte sie sich ihm nicht zu überlegen gefühlt. Schließlich war sie ein feines Wesen, das Manieren hatte und

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