Noch immer schwelt die Glut
abgesehen von den Greueln einer so großen Metzelei, bedeutete dies auch den Ruin und die Auflösung des Staates. Und was nützen mir die Reichtümer, die mir jene versprachen, die das planen, wenn ich bei dem Geschäft meine Seele verliere und im Tod zur Hölle fahre.«
»Was für ein ausgekochter Lump«, sagte Giacomi auf italienisch. »Schmatzt Heilige und scheißt Teufel!«
»Mosca«, sagte ich schneidend, »wieviel hat man dir versprochen?«
»Zwanzigtausend Ecus.«
»Die gibt dir der König.«
»Ha, Monsieur le Chevalier«, sagte Mosca, »es ist nicht das Gold, was mich umtreibt, sondern meine Pflicht als Franzose und Bürger dieser Stadt, wo mein königlicher Gebieter die Krone empfangen hat und wo ich ihm den Treueid geleistet habe als Leutnant der Vogtei Île-de-France. Dergestalt daß ich, wenn ein Attentat gegen den Staat sich zusammenbraut, Seiner |241| Majestät davon Meldung zu machen habe. Diese Betrachtungen samt den bereits erwähnten bedrückten mir derart das Herz …«
»Bitte, wiederhole das, Mosca!«
»Was, Monsieur le Chevalier?« fragte Mosca, die Augen zusammenkneifend.
»Das letzte.«
»Bedrückten mir derart das Herz …«
»Ha! Das ist gut«, sagte ich. »Fahr fort.«
»… daß ich beschloß, den König zu unterrichten. Aber wie? Ich war ratlos angesichts der Schwierigkeiten, auch hatte ich solche Angst, von den Verschwörern ertappt zu werden, daß ich sozusagen mit dem Hintern zwischen zwei Sätteln am Boden saß.«
»Wieso das?« fragte ich.
»Monsieur«, sagte er, indem er plötzlich aufsah und mir in die Augen blickte, »an Euch konnte ich mich nicht wenden, Ihr wart in Eurer vorgeblichen Verbannung.«
Ich war baff, Giacomi, Miroul und ich wechselten erstaunte Blicke.
»Mosca«, sagte ich, »was heißt, meine ›vorgebliche‹ Verbannung? Wer redet davon?«
»Ich, Monsieur le Chevalier, und die Liga. Ihr geltet bei den Ligisten als treuer und unwandelbarer Diener des Königs, und Euer Haus steht mit denen auf der Liste, die als erste gestürmt und geplündert werden sollen.«
»Hoho!« sagte ich, tiefer erschrocken, als ich es zeigen wollte. »Das wollen wir doch sehen! Aber, zur Sache, Meister Mosca. Konntest du, da ich fort war, dich nicht an den Kanzler von Villequier wenden, du kennst ihn doch?«
»Ja, eben, ich kenne ihn«, sagte Mosca. »Villequier hätte zuerst die Königinmutter unterrichtet, die hätte es dem König gemeldet, und dann hätten die Königinmutter und Villequier den König überzeugt, daß ich von den Hugenotten bezahlt und daß mein ganzer Bericht pure Erfindung sei. Mir hätte von seiten des Königs der Galgen gedroht oder die Ermordung durch die Ligisten, wenn Villequier mich unterderhand an sie verraten hätte.«
»Mein armer Mosca«, sagte ich lächelnd, »wie ich sehe, ist Verrat weder einerseits noch andererseits leicht! Zum Glück |242| bin ich nun da, sitze vor dir, mit weit offenen Ohren! Du kannst dein Gewissen also erleichtern und dein Herz aufrichten. Rede, mein guter Meister Mosca!«
»Nun ja, Monsieur le Chevalier«, sagte Mosca, »aber wozu wartet Euer Diener dort mit dem Schreibzeug?«
»Ihr irrt, Herr Leutnant«, sagte Miroul würdevoll, »der, welchen Ihr an diesem Tische seht, ist der Sekretär von Monsieur de Siorac.«
»Monsieur le Chevalier«, sagte Mosca entrüstet, »wenn es hier um eine schriftliche Niederlegung geht – denkt nicht, daß ich die unterschreibe! Da könnt Ihr lange warten, bis ein Vogteileutnant sich selbst hereinreitet und beschuldigt!«
»Beruhigt Euch, Herr Mosca«, sagte ich freundlich, »es geht nur um ein paar Notizen, Euer richtiger Name wird keinesfalls erwähnt.«
»Wenn es so ist«, sagte Mosca und hob den Kopf, »dann nennt mich in Euren Notizen der Abwechslung halber nicht Mosca, sondern Leo.«
»Alsdann, Löwe Leo«, sagte ich, »brülle mir deinen Bericht, und ich bin es zufrieden.«
»Monsieur le Chevalier«, sagte Mosca, »da gibt es nichts zu brüllen, eher zu winseln, denn die Zeiten sind schlimm und vieler Menschen Blut ist bedroht, auch meines womöglich. Aber, um es kurz zu machen: Am 2. Januar suchten mich Monsieur Leclerc, Prokurator am Hohen Gericht, und Georges Michelet, Sergeant am Châtelet, gute Leute, mit denen ich seit zwanzig Jahren Umgang habe, in meinem Hause auf und gaben mir zu verstehen, daß sich mir, wenn ich wollte, eine gute Gelegenheit böte, eine hübsche Summe zu verdienen.«
»Wie weise«, sagte Giacomi auf italienisch, »einen Lumpen auf seine
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