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Noch immer schwelt die Glut

Noch immer schwelt die Glut

Titel: Noch immer schwelt die Glut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merle Robert
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erzählte. Dann zog ich diesen aus meinem Wams und überreichte ihn kniefällig.
    Seine Majestät nahm ihn, las, sprang auf und lief, weiter lesend, auf und nieder durchs Gemach.
    »Siorac«, sagte er endlich mit einem Lächeln, »auch wenn Stehlen eine Sünde ist, erteile ich dir von ganzem Herzen Absolution in Anbetracht der Wohltat, welche du dem Staat damit erwiesen hast. Ich wußte um Philipps Goldregen, der Guise so kolossal erfrischte, aber dank dir besitze ich dafür nun den unwiderleglichen Beweis! Von seiner eigenen Hand geschrieben! Sehr holprig im Ausdruck übrigens. Der Lothringer ist des Französischen nicht allzu mächtig!«
    Und nun erging sich der König darin, die ungeschickten Wendungen des Briefes nach Strich und Faden zu zerrupfen.
    »Heinrich, wie kannst du!« rief Chicot lachend, »redet man so über seinen Schwager?«
    »Ach!« sagte der König, »mit wem bin ich nicht verschwägert? Mit Philipp bin ich’s! Mit Maria Stuart. Meine Mutter war auf Bündnisse versessen. Aber, Gott schütze mich vor solchen Verwandten! Philipp will nach mir meine Nichte auf den französischen Thron setzen, Maria Stuart beschwört mich aus ihrem Kerker, ihr gegen Königin Elisabeth beizustehen!«
    »Sire«, sagte Du Halde, »Navarra ist auch Euer Schwager.«
    »Ja, aber den liebe ich«, sagte der König. »Und ich bin überaus verärgert, daß der Papst ihn als Ketzer exkommuniziert und sein Anrecht auf die französische Krone für null und nichtig erklärt hat. Welch eine unerhörte Anmaßung von Sixtus V.! Soll dieser ehemalige Schweinehirt doch seine Schweine hüten! Aber wer gibt ihm das Recht, in meinem Stall die Grundfesten der politischen Ordnung zu erschüttern? Siorac, mein Kind«, setzte der König unvermittelt hinzu, »geh jetzt und gib gut auf dich acht. Mein Streiter wird dir morgen ein bescheidenes Zeichen meiner Dankbarkeit überbringen.«
    Miroul erschien erst bei Dunkelwerden wieder im Champ Fleuri, sehr müde, oder er spielte es, wer weiß.
    »Ah, Moussu!« sagte er, als er mein Kabinett betrat und bat, |295| sich setzen zu dürfen. »War das eine Mühe, den Mann zu finden! Er wohnt am Ende der Welt, fast in der Vorstadt. Und um ihm die Nadlerei abzumieten, was für ein Palaver! Gottlob aber habe ich eine flinke, geschmeidige und gut gespeichelte Zunge!«
    »Kurz, Miroul!« sagte ich.
    »Kurz, Moussu«, sagte Miroul, über meine Unterbrechung verdattert, »ich habe die Nadlerei für fünf Ecus im Monat!«
    »Das ist viel!«
    »Viel?« schrie Miroul auf, »Moussu, ist das Euer Dank dafür, daß ich mir den ganzen Tag Blasen für Euch gelaufen habe? Die Schuhsohlen hab ich mir durchgewetzt, die Füße sind mir geschwollen! Moussu, bin ich Euer Sekretär oder Euer Laufbursche? Viel, Moussu! Habt Ihr ›viel‹ gesagt? Der Kerl hat zuerst fünfzehn verlangt, und ich brauchte eine reichliche Stunde, ihn auf fünf herunterzuhandeln! Sagtet Ihr gestern nicht wie ein Papist, Ihr zahltet jeden geforderten Preis? Aber nicht zufrieden, den Handel mit dem Kerl zu schließen, habe ich Euch für die Nadlerei auch noch einen Mieter und Wächter beschafft, wie Ihr ihn braucht! Ha, Moussu! Ich bin wütend. Ist das Euer Dank? Ihr empfangt mich mit saurer Miene, Argwohn im Auge, als hätte ich den ganzen Tag in Paris herumgebummelt, anstatt mir in Eurem Dienst die Hacken wundzulaufen! Ihr schneidet mir das Wort ab, wenn ich Euch berichten will, und dann haut Ihr mir Euer: ›Das ist viel!‹ hin, hart und dürr wie ein Brotkanten!«
    »Verzeih mir, Miroul«, sagte ich einlenkend, obwohl ich durchaus überzeugt war, daß er nach Herzenslust gebummelt hatte, »ich bin wohl zu zerstreut, ich schwimme in einem Meer von Sorgen.«
    »Von denen Ihr mir kaum ein Viertel mitteilt«, sagte Miroul gekränkt, »so wenig traut Ihr mir!«
    »Du machst dich wohl lustig, Miroul!« rief ich, »du weißt genau, daß ich volles Vertrauen zu dir habe! Aber dies sind Geheimnisse, die dich in große Gefahr brächten, wenn du sie wüßtest.«
    »Gerade, um die Gefahr mit Euch zu teilen, müßte ich sie wissen, so wie es immer war. All die zwanzig Jahre habe ich Euch geraten und beigestanden, und Ihr standet Euch gut dabei!«
    »Aber diese Geheimnisse gehören mir nicht«, sagte ich.
    |296| »Moussu«, sagte Miroul, indem er sich erhob, sehr bekümmert, »jetzt macht Ihr Euch über mich lustig! Diese Geheimnisse sind Eure, weil Ihr sie kennt! Ihr kommt mir mit Ausreden, weil Ihr mir nicht mehr wie früher vertraut, als Ihr noch kein hohes

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