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Noch immer schwelt die Glut

Noch immer schwelt die Glut

Titel: Noch immer schwelt die Glut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merle Robert
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danken, welche Sie gegen mich einging. Kraft dieser Verpflichtungen fühle ich mich heute enger denn jemals gebunden, die Befehle Eurer Majestät mit meiner gewöhnlichen Ergebenheit auszuführen.
    Ich unterrichtete Eure Majestät bereits durch Ihre Gesandten und Minister von dem glücklichen Beginn, welchen Gott unseren Unternehmungen zu gewähren die Gnade hatte. Wir sind fest entschlossen, sie mit all der Glut voranzutreiben, die unser Ziel erfordert, und ich kann in aller Wahrheit versichern, daß von unserer Seite nichts vernachlässigt werden wird, um den König in einen unversöhnlichen Krieg mit den Ketzern zu treiben …
     
    Hier brach der Entwurf ab, doch was er gestand, war verdammenswert genug und schwärzte die Ehre eines lothringischen Prinzen, der Franzose sein wollte, sich aber nicht im mindesten schämte, von einem ausländischen Herrscher Geld zu nehmen und sich seinen Befehlen unterzuordnen.
    Trotz meiner Erregung war ich so gescheit, den folgenden Morgen und meine Stunde abzuwarten, um den König zu sprechen. Wie immer unter dem Vorwand, ihm den Puls zu fühlen, raunte ich ihm zu, daß ich ihm höchst Wichtiges mitzuteilen hätte, er möge mich in seinem Privatgemach empfangen. Er stimmte zu, und während er in seiner Kapelle seine Gebete verrichtete, erwartete ich ihn eine Viertelstunde in Gesellschaft von Du Halde und Chicot.
    »Aderlaß«, sagte letzterer, den ewigen Tropfen an der Nase (er nannte mich Aderlaß, gerade weil er wußte, daß ich diese Medikation verabscheute), »du wirst Heinrich in seiner charmantesten Laune finden. Er hat nämlich in seiner üblichen Subtilität beschlossen, den Krieg gegen die Hugenotten so lasch zu führen, daß er sie gar nicht besiegen kann – fragt sich bloß, was Guise dazu sagt? Für den Süden hat er sogar einen einjährigen Waffenstillstand mit Navarra ausgemacht, damit der alles vermeidet, um dem König das Messer an die Kehle zu setzen.«
    Als ich Heinrich den Puls fühlte, hatte ich ihn im Dämmer der geschlossenen Bettgardinen nur undeutlich gesehen. Im Tageslicht seines Gemachs nun, da er aus seiner Kapelle trat, war seine Miene heiter, der Blick munter, das Gesicht weder fahl |293| noch faltig, und frisch die Hand, die er mir reichte: ein Beweis, daß er in dem langen, verborgenen Kampf gegen Guise das Gefühl hatte, den Faden wieder ein wenig aufzunehmen, der ihm durch den unheilvollen Vertrag von Nemours entfallen war.
    »Siorac, mein Kind«, sagte er fast vergnügt, indem er mir einen Schemel zur Rechten seines Lehnstuhls wies, »bitte, setz dich her und berichte. Ich lausche dir immer gern.«
    Ich erzählte ihm also meinen Morgen bei der Montpensier, indem ich nur die schmutzigen und boshaften Worte der Furie über den Scheiterhaufen ausließ, der den Sodomiten gebühre; Guises Briefentwurf aber hob ich mir auf bis zum Schluß.
    Meine Geschichte erbaute Seine Majestät zusehends, nur erzürnte es ihn, daß die Montpensier offenbar Lauscher bei seinem Schatzmeister hatte, denn wie hätte sie sonst erfahren, daß mir bei meiner Rückkehr nach Paris kein Geld ausgezahlt worden war?
    »Sire«, sagte der gestrenge Du Halde, »warum weist Ihr Euren Schatzmeister nicht an, alle Gehilfen zu entlassen und neue einzustellen?«
    »Nein, nein«, sagte der König. »Man darf so viele Unschuldige nicht wegen eines Schuldigen bestrafen. Das mache ich anders. Fahr fort, Siorac.«
    Ich fuhr fort, und als ich zu dem Kapitel kam, wie ich der Montpensier den Bauch abtastete und welche grotesken Folgen das hatte, schlug sich der König die Hand vor den Mund, um voll herauszulachen, und Du Halde und Chicot lachten ebenfalls, sowohl über meine unsägliche Lage wie auch vor Freude, den König so vergnügt zu sehen.
    »Ach, Siorac«, rief der König, Lachtränen in den Augen, »wie unterhaltsam du bist!«
    »Unterhaltsam?« sagte Chicot, »wenn er uns damit unterhält, daß er im Becken der Hinkefuß zum Guisarden getauft wurde?«
    »Die Anklage ist ohne jeden Grund«, rief ich.
    »Ha!« rief der König, noch heller lachend, »lassen wir den Grund, der hinkt ohnehin, da er auf zwei ungleichen Säulen ruht.«
    Nun, der Witzeleien war kein Ende, und ich wartete, bis alle sich beruhigt hatten, um ganz ernsthaft, aber bescheiden fortzufahren.
    |294| »Sire«, sagte ich, »die Farce hat einen Epilog, der mich folgenreich dünkt.«
    Worauf der König mich aus seinen schönen schwarzen Augen aufmerksam ansah und ich ihm bis in jede Einzelheit den Raub des Briefentwurfs

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