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Noch immer schwelt die Glut

Noch immer schwelt die Glut

Titel: Noch immer schwelt die Glut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merle Robert
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daß die Übeltäter je gefaßt werden. Moussu, Ihr müßt Euer Anwesen befestigen und zu einer Art |301| Mespech verstärken, um solchen nächtlichen Überraschungen zuvorzukommen.«
    »Aber Mérigot schützt mich doch vom Fenster der Nadlerei«, sagte ich.
    »Mérigot«, sagte Miroul kopfschüttelnd, »gibt nur Alarm und kann einen Angriff für kurze Zeit aufhalten. Mehr vermag ein einzelner mit einer Arkebuse nicht. Nein, Moussu, Eure Hofmauer muß so erhöht werden, daß man sie mit keiner Leiter ersteigen kann. Laßt obenauf eine Auskragung mit Schießscharten setzen, damit Ihr die Kerle erledigen könnt, die Euch einen Sprengsatz ans Kutschentor legen wollen. Verstärkt sämtliche Fensterläden zur Gasse hin. Sichert Eure Fußgängerpforte durch ein Fallgatter und bedenkt, daß Eure Familie und Euer Gesinde einen Fluchtweg benötigen.«
    »Einen Fluchtweg!« sagte ich erschrocken.
    »Ha, Moussu! Wißt Ihr nicht mehr, wie wir in den Schreckenstagen von Sankt Bartholomäus auf der Flucht waren? Was nützt das bestgesicherte Haus, wenn es keinen zweiten Ausgang, keine geheime Tür hat?«
    »Miroul!« sagte ich lachend, »deine Phantasie geht mit dir durch! Wo willst du hier eine geheime Tür anbringen? Wir haben nur den einen Ausgang zur Rue du Champ Fleuri!«
    »Moussu«, sagte Miroul, sehr überlegen, »ich war ja immer der Meinung, daß das, was Ihr für meinen größten Fehler haltet, nämlich herumzustromern, mein größter Vorzug ist.«
    »Sieh einer an!«
    »Als ich beobachtete, daß unsere rechten Nachbarn kein Tor zum Champ Fleuri haben, sagte ich mir, daß sie eines nach hinten haben müßten, also nach der Rue du Chantre hin, die parallel zu unserer Gasse verläuft. Und als Ihr mich eines Tages auf Botengang schicktet, was ja eigentlich unter meinem Stand ist, was ich aber aus Schwäche nicht ablehne, machte ich einen Umweg durch die Rue du Chantre und stellte fest, daß Hof und Stall besagten Nachbars in der Tat nach jener Gasse hin liegen.«
    »Trotzdem«, sagte ich, »wird dieser Nachbar als geschworener Ligist uns schwerlich erlauben, im Notfall über sein Grundstück zu fliehen.«
    »Jedoch«, sagte Miroul, »ist dieser Nachbar alt und gebrechlich, will sich aufs Land zurückziehen und sein Stadthaus verkaufen.«
    |302| »Miroul, du bist mein Auge und mein Ohr!« sagte ich. »Wie hast du das erfahren?«
    »Beim Herumstromern, Moussu.«
    Nachdem er mir diesen Hieb versetzt hatte, saß Miroul stumm, mit gesenkten Lidern, ein kleines Lächeln um die Lippen – ganz der Mann, dessen Verdienst endlich Anerkennung findet.
    »Fahr fort, Miroul«, sagte ich ernst, im stillen aber von seiner Gewieftheit sehr erbaut.
    »Dies böte Euch«, sagte Miroul, »eine vorzügliche Verwendung Eurer zehntausend Ecus. Kauft unterderhand das Nachbarhaus. Setzt Giacomi hinein und laßt durch einen Maurer, nicht aus Paris, sondern von Euren Dörfern, zwischen beiden Grundstücken eine geheime Tür einbauen.«
    »Ha, Miroul!« sagte ich, »das ist ein Gedanke! Du bist nicht nur mein Sekretär, du bist mir ein Mentor! Und ich weiß dir unendlichen Dank dafür, daß du die Augen ebenso offen hältst, wie du deine Zunge zu gebrauchen weißt. Künftig, das schwöre ich dir, magst du bummeln und trödeln, wie du willst: Wenn deine Florine dich nicht schilt – von mir hast du keinen Tadel mehr zu gewärtigen.«
    »Das erstere reicht auch!« sagte Miroul.
    An diesem Abend hatten wir Quéribus und Catherine zu Gast, und weil ich wußte, daß meine Schwester auch zu einem Familienbesuch in vollem Putz erscheinen würde, sagte ich Angelina, sie solle sich schön machen und ihr neues Diamantgehänge anlegen. Es wurde von Quéribus wie von Catherine sehr bewundert, und ihr beredter Blick auf den Baron machte deutlich, daß sie sich recht bald ein kleines Gegenstück zu diesem glanzvollen Geschmeide erwartete.
    »Der König«, sagte Quéribus, nachdem wir gespeist hatten, »ist freigebiger als alle Könige, derer die Geschichte gedenkt. Es ist bei ihm ein sozusagen unwiderstehlicher Trieb zu schenken, was so manche ihm übel anrechnen, was ich, für mein Teil, aber wunderbar und kostbar finde. Ich erinnere mich, wie ich mit ihm in Polen war …«
    »So fern von mir«, sagte Catherine.
    »Ja, leider! So fern von Euch, meine Liebe!« sagte Quéribus, »und so verzweifelt, wußte ich doch nicht, ob der Baron von Mespech mir Eure schöne Hand geben würde.«
    |303| »Monsieur«, sagte Catherine, »Ihr wißt wahrhaftig, was ich gern höre.

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