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Noch immer schwelt die Glut

Noch immer schwelt die Glut

Titel: Noch immer schwelt die Glut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merle Robert
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bin Euer ergebener Diener und erbitte meinen Urlaub.«
    »Aber, mein Herr Bruder«, sagte ich, indem ich den Schlüssel in mein Wams steckte, »brecht doch nicht gleich auf! Bleibt zum Mittagessen, Ihr würdet uns große Freude machen!«
    »Monsieur le Chevalier«, sagte der Baron, streng dem Protokoll gemäß, »ich danke Euch tausendmal und werde um Punkt elf Uhr wieder hiersein.«
    Worauf er mir, anstatt mich zu umarmen, eine tiefe Verbeugung machte und ich, als er sich verneigte, sah, daß er zu dieser Gelegenheit den Orden vom Heiligen Geist an einer Kette trug, den ihm der König im Januar 1584 verliehen hatte, den ich aber vorher noch nie an seiner Brust sah.
    Nachdem ich ihn verabschiedet hatte, kreuzte Miroul meinen Weg und sagte, daß er vom Hausbesitzer nun den Schlüssel der Nadlerei erhalten und diesen schon Mérigot übergeben habe, damit der noch am selben Tag einziehe.
    »Mein Miroul«, raunte ich ihm zu, weil Mägde in unserer Nähe bei Hausarbeiten waren, »folge mir, und du wirst nicht mehr klagen, ich hätte Geheimnisse vor dir. Du sollst zu gleicher Zeit wie ich das Geschenk des Königs sehen.«
    »Ha, Moussu!« rief Miroul, als er mein Zimmer betrat, »was für ein schöner Schrein! Und«, setzte er augenzwinkernd hinzu, während er mit einem Finger über den skulptierten Griff fuhr, »mehr zur Anlage des Empfängers als des Gebers passend.«
    Ich zog den Schlüssel hervor – auch er aus Goldbronze und schön geformt und ziseliert –, sperrte das Schloß auf und schlug den Deckel zurück. Ach, Leser! Der Berberkönig von Fes, der, wie es heißt, fünfundzwanzig Millionen besitzt, kann nicht glücklicher sein, als ich es beim Anblick dieser dicht auf dicht liegenden Goldstücke war, die auf dem schwarzen Samtgrund glänzten! Die Hände zitterten mir, tief holte ich Luft, dann begann ich zu zählen, mit Hilfe Mirouls, dessen sonst so geläufige Zunge verstummt war, hatten wir doch nie so viele Geldstücke beisammen gesehen, seit wir seine Beute am Tag nach der Bartholomäusnacht gezählt hatten. Sie schienen überhaupt kein Ende zu nehmen, und als es auf meinem Sekretär an Platz gebrach, legten wir die Stapel doppelt und dreifach, und auch wenn Geldzählen, sofern es das eigene ist, die Geduld nie |300| erschöpft, ermüdete ich schließlich von dieser köstlichen Arbeit, und meine Augen waren vom Goldglanz geblendet.
    Trotzdem hatte mein Geblendetsein den Gipfel noch nicht erreicht. Am Grund des Schreins fand ich einen kleinen schwarzen Lederbeutel, zugeknüpft mit goldenen Schnüren, und entdeckte darin drei Diamanten reinsten Wassers. Der eine war noch größer als jener, den der Herzog von Epernon mir für meine gute Behandlung einst schenkte, die beiden anderen schienen die Größe des besagten zu haben, und mein Juwelier von der Wechslerbrücke schätzte ersteren auf fünfzehnhundert Ecus, die kleineren auf je tausend. Und obwohl mein königlicher Schatz zehntausend Ecus betrug, so viel, wie ich nie im Leben besessen hatte, beglückte mich das Geschenk der Edelsteine noch mehr, sah ich doch hieran, daß der König, dem ich erzählt hatte, wie Epernons Gabe, in einen Ring gefaßt, meine Angelina entzückt hatte, in seiner gewohnten Güte und Zartsinnigkeit sich dessen erinnert hatte und mir die Freude bereiten wollte, die schönen Hände oder den schönen Hals meiner Frau aufs neue zu schmücken.
     
    Am selben Abend, als ich Angelina dieses Geschenk machte, das durch Herkunft und Wert doppelt königlich war, unterrichtete ich in meinem Kabinett auch Miroul über meine bislang verschwiegenen Abenteuer, indem ich ihm nur zweierlei verheimlichte: Welche Rolle ich auf der Boulogne-Reise zufriedenen Herzens, aber mit schlechtem Gewissen bei Alizon gespielt hatte, und welche freudlose Rolle, doch ruhigen Gewissens, bei der Montpensier.
    Miroul hörte meinen Bericht voll großer Sorge, welche sich in seinen verschiedenfarbigen Augen spiegelte, und zum Schluß dankte er mir als erstes für mein Vertrauen.
    »Ha, Moussu«, sagte er dann, »in welch große Gefahr Ihr Euch begeben habt! Und seid sie auch nicht los, denn gewiß verdächtigen Euch die Guises und trachten Euch weiterhin nach dem Leben, versuchen sie doch alles, dem König seine treuesten Diener durch Schrecken abspenstig zu machen. Ihr müßt Euch bei Tag und Nacht schützen. Bei Tag vor Arkebusenläufen, Handgemenge oder einem Dolchstoß im Gedränge, bei Nacht vor einem Überfall auf Euer Haus, wie sie in Paris alltäglich sind, ohne

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