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Noch immer schwelt die Glut

Noch immer schwelt die Glut

Titel: Noch immer schwelt die Glut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merle Robert
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Herzogin durch einen kleinen Dienst gewonnen zu haben, wie sie ihn nie zweimal |290| von derselben Person fordert, sei diese adlig oder niederer Geburt. Ihr seid am Leben. Laßt Euch das genügen. Und brüstet Euch mit dieser Affäre nicht am Hof, wenn Ihr es bleiben wollt.«
    »Madame«, sagte ich und machte ihr eine tiefe Verbeugung, »ich werde Euren klugen Rat beherzigen.«
    Worauf sie mich Franz übergab, dessen Gang, als er vor mir die Treppen hinunterging, verriet, daß er die Strafe für ein Räuspern in Gegenwart seiner Herrin schon hinter sich hatte. Und weil ich dachte, daß ich kaum besser behandelt worden war als er und daß wir, wenngleich niedrig geboren der eine, der andere adlig, doch sozusagen Schicksalsgenossen waren, hielt ich ihn an und drückte ihm einen Ecu in die Hand.
    »Hier, Franz, zum Trost dafür, daß du meinetwegen gestraft wurdest.«
    »Monsieur le Chevalier!« sagte der große Mann, indem er mich erstaunt anblickte, »habt vielen Dank! Ja, in diesem Haus gibt es mehr Schläge als Taler, auf meinen Lohn warte ich auch schon ein halbes Jahr. Nicht daß es hier an Geld mangelte, aber das geht alles für die Pfarrer, für Soldaten und Waffen drauf. Nochmals, besten Dank, Monsieur le Chevalier!« setzte er mit einem ebenso gutmütigen wie einfältigen Blick auf mich hinzu. »Ihr habt ein gutes Gesicht, es hätte mir wirklich leid getan, wenn ich Euch hätte töten müssen.«
    »Was?« sagte ich leise, »kommt das vor?«
    »Ha, Monsieur! Öfter, als meinem Gewissen lieb ist! Obwohl unser guter Kaplan mir jedesmal die Absolution erteilt, zwickt es mich trotzdem von Zeit zu Zeit.«
     
    Im Sturmschritt kehrte ich zurück nach Hause, stumm für Mirouls Fragen, erst als wir in meinem Kabinett saßen, berichtete ich ihm, wobei ich die Bettgeschichte mit der Herzogin und den Diebstahl des Briefes verschwieg, hätte ich doch das eine nicht ohne das andere erzählen können, denn ich wollte meinen Miroul nicht in die Gefahr der Mitwisserschaft bringen. Und weil mir, während ich sprach, klar wurde, daß man mich von den Fenstern der Nadlerei, die immer noch leer stand, nicht nur vor meiner Haustür, sondern sogar in diesem Kabinett erschießen konnte, wenn mein Fenster offenstand, schickte ich Miroul, sich umgehend zu erkundigen, wem der |291| Laden und die Wohnung darüber gehörten, und sie dem Besitzer abzumieten, zu jedem geforderten Preis.
    »Ha, Moussu!« schrie Miroul auf, »zu jedem geforderten Preis, das ist nicht Euer Ernst! Seid Ihr denn durch und durch Papist geworden, daß Ihr Euer Geld zum Fenster hinauswerft? Aber, seid beruhigt, ich werde feilschen, und ich hole Euch den besten Preis heraus, wie sich das schickt für einen Hugenotten, und sollte es einen Tag lang dauern!«
    Schöner Vorwand, dachte ich, sich nach geschlossenem Handel in Paris herumzutreiben.
    »Und was wollt Ihr mit der Nadlerei anfangen, Moussu, wenn Ihr sie gemietet habt? Denn zu solcher Nadel gehört ein Faden, sonst kann sie Eure Sicherheit auch nicht füttern. Die Nadlerei muß eine Art Torhaus oder Wachturm für Euer Haus werden.«
    »Das weiß ich noch nicht«, sagte ich, ungeduldig wartend, daß er verschwände, damit ich den Brief lesen könnte, der mir auf der Brust brannte.
    »Aber ich weiß es«, sagte Miroul mit entschlossener Miene. »Ich habe da eine Idee, die werde ich Euch verraten, oder besser nicht, denn Ihr scheint mir auch einiges verschwiegen zu haben, was im Hôtel de Montpensier geschehen ist. Hättet Ihr sonst so glitzernde Augen?«
    »Ach, nichts, Miroul«, sagte ich und schlug die Augen nieder, »gar nichts. Ich habe dir nichts verschwiegen. Geh jetzt, geh! Und hör auf, mich auch noch auszufragen!«
    Damit faßte ich ihn bei den Schultern und schob ihn zur Tür hinaus, die ich hinter ihm verriegelte, und ich schloß auch das Fenster, ehe ich es wagte, den Brief Heinrichs von Guise an den spanischen König Philipp II. aus meinem Wams zu ziehen. Hier folgt er, Wort für Wort:
     
    Die Schwierigkeiten und Anstrengungen, vor denen Eure Majestät niemals zurückwich im Dienste des Herrn, unseres Gottes, und dies in allen Landen, die Ihr zu Gehorsam sind, bezeugen zur Genüge jene Frömmigkeit und jenen Glaubenseifer, welche den königlichen Unternehmungen so glückliche Fortschritte bescherten. Die Hilfe, welche wir aus den freigebigen Händen Eurer Majestät empfingen, ist dafür nur ein neuerlicher Beweis. Ich beeile mich, Eurer Majestät ehrerbietigst für alle die Verpflichtungen |292| zu

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